Antikörper, der auf Nervenzellen abzielt, bietet lang anhaltende Schmerzlinderung17. Oktober 2024 Die Femtosekundenlaser-induzierte Schmerzstimulation von Neuriten des Spinalganglions induziert eine Signalleitung entlang der Nervenfaser, die zur Schmerzwahrnehmung führt. CADM1, das auf der Nervenzelle exprimiert wird, kann das Schmerzsignal nicht weiterleiten, wenn es durch den Antikörper 3E1 mit hoher Affinität gebunden wird, und unterdrückt die Schmerzwahrnehmung. (Quelle: © Akihiko Ito /Kindai University Faculty of Medicine) Zelloberflächenproteine spielen eine entscheidende Rolle bei der Zellkommunikation und bei der Wahrnehmung von Veränderungen in der extrazellulären Umgebung. Ihre Fähigkeit, auf äußere Reize zu reagieren, indem sie die interne biologische Aktivität der Wirtszelle verändern, macht sie zu idealen Zielen für therapeutische Eingriffe. Das Zelladhäsionsmolekül 1 (CADM1) ist ein solches Protein, das in verschiedenen Zelltypen exprimiert wird, darunter Neuronen, respiratorische und endometriale Epithelzellen sowie Mastzellen. In jüngster Zeit hat sich ein Antikörper namens 3E1, der spezifisch an die extrazelluläre Domäne von CADM1 bindet, als vielversprechendes Instrument für die gezielte Verabreichung von Medikamenten an CADM1-exprimierende Zellen erwiesen. Angesichts der hohen Expression von CADM1 in peripheren Nerven und der Verteilung entlang von Neuriten stellte sich die Frage, ob Anti-CADM1-Antikörper einen Einfluss auf die biologischen Aktivitäten von Nerven haben. Prof. Akihiko Ito und Dr. Fuka Takeuchi von der Abteilung für Pathologie an der Medizinischen Fakultät der Kindai-Universität in Japan untersuchten daher die Auswirkungen von Anti-CADM1-Antikörpern auf die neuronale Aktivität. Dazu injizierte das Team den Anti-CADM1-Ectodomain-Antikörper 3E1unter die Haut der Maus, um seine Lokalisierung auf den Nervenfasern zu untersuchen. Immunhistochemische und Immunfluoreszenz-Studien ergaben, dass das injizierte 3E1 ausschließlich auf peripheren Nerven in der Dermis lokalisiert war. „Da CADM1 neuronale Rezeptoren an die Plasmamembran rekrutieren kann, stellten wir die Hypothese auf, dass diese Anhäufung von 3E1 die neuronale Empfindlichkeit abstumpfen, d. h. eine analgetische Wirkung haben könnte, indem sie die Expression von CADM1 auf Nervenfasern verändert. Allerdings gibt es unseres Wissens nach keine Studien, in denen versucht wurde, Medikamente zur Hemmung von CADM1 in Nerven zu entwickeln“, erklärte Ito. Die schmerzlindernde Wirkungen von 3E1 testeten die Forschenden mit einem durch Formalin ausgelösten chemisch-entzündlichen Schmerztest und einer Videoaufzeichnung des Verhaltens sechs, zwölf und 24 Stunden nach der Injektion. Mäuse, denen 3E1 injiziert wurde, zeigten im Vergleich zu den Kontrollen weniger schmerzbezogene Verhaltensweisen, wobei die analgetische Wirkung bis zu 24 Stunden anhielt, was deutlich länger ist als die Dauer von fünf bis acht Stunden, die für das Lokalanästhetikum Levobupivacain berichtet wurde. In einem auf Formalin basierenden Schmerzauslösetest schützt die Vorbehandlung von Mäusen mit Antikörper A die Mäuse vor Schmerzen und vermindert schmerzbedingte Verhaltensänderungen. (Quelle: © Akihiko Ito /Kindai University Faculty of Medicine) In weiteren Untersuchungen arbeiteten die Forschenden mit Primärkulturen von Dorsalwurzelganglienzellen der Maus zur Untersuchung der neuronalen Stimulation. Die Bildgebung von lebenden Zellen bestätigte, dass 3E1 an den Neuriten lokalisiert ist, und die Proteinanalyse ergab, dass 3E1 einen Komplex mit CADM1 bildet und die CADM1-Expression verringert. Mit einem Femtosekunden-Laserpuls wurde eine mechanische Stimulation ausgelöst, wobei die Kalziumfluoreszenz (Fluo-8) die neuronale Stimulation sichtbar machte. Die Untersuchung ergab, dass die neuronale Übertragung in 3E1-behandelten Zellen deutlich unterdrückt wurde. Bemerkenswerterweise wurden in dieser Studie bei den behandelten Mäusen keine Lähmungen oder Verhaltensauffälligkeiten beobachtet, was den Forschenden zufolge darauf hindeutet, dass 3E1 vorzugsweise auf sensorische Nerven und nicht auf motorische Nerven wirkt. Die Wirkungen von 3E1 sind im Bereich der Schmerzbehandlung besonders bemerkenswert, da die jahrzehntelangen Bemühungen um die Entwicklung wirksamer Antikörpermedikamente gegen Osteoarthritis und chronische Schmerzen nur begrenzt erfolgreich waren. Trotz des anfänglichen Versprechens mussten Antikörper wie Tanezumab, Fasinumab und Fulranumab, die auf den Nervenwachstumsfaktor (NGF) abzielen, aufgrund von schweren Nebenwirkungen wie Ischämie und Gewebsnekrose Rückschläge hinnehmen. Im Gegensatz zu diesen NGF-Inhibitoren bietet 3E1 den Forschenden zufolge eine neue und sicherere Strategie zur Schmerzlinderung mit weniger Nachteilen und mehr therapeutischem Potenzial. Insgesamt trage die einzigartige Eigenschaft des Antikörpers 3E1, CADM1 auf der Plasmamembran zu bündeln, zu seiner biologischen Aktivität bei. Dabei führe eine einzige Injektion zu einer Schmerzlinderung für einen Tag oder länger, ohne motorische Lähmung oder Toxizität, resümieren die Autoren.
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