Arbeiten auf Augenhöhe: „Die Stärke von ‚One Health‘ liegt im Miteinander.“21. Oktober 2025 (Symbolbild) Foto: © Happy monkey – stock.adobe.com Ratten erfreuen sich großer Beliebtheit bei Kindern und Erwachsenen. Auch Tierärzte haben die cleveren Nager gerne auf dem Behandlungstisch sitzen. Nun berichten Ärzte und Wissenschaftler über den Fall einer Frau, die sich mit dem Seoul-Virus infiziert hatte. Das zu den Hantaviren gehörende Seoul-Virus kann von Ratten übertragen werden. Die Forschenden der Universitätskliniken Leipzig (UKL) und Mannheim (UMM) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und Bernhard Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) empfehlen im Rahmen der Veröffentlichung des Falls in der Fachzeitschrift „Emerging Infectious Diseases“ eine bessere Überprüfung und Tierhygiene in privaten Rattenhaltungen und -zuchten. Zudem plädieren sie für eine verstärkte Aufklärung der Öffentlichkeit über Zoonosen. Infektion wurde erkannt – Patientin erholte sich vollständig Im März 2024 wurde eine 44-jährige Frau aus Mitteldeutschland mit Fieber, Erschöpfung, Durchfall und akutem Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert. Sie musste vorübergehend dialysiert werden, erholte sich aber schließlich vollständig. Laboruntersuchungen ergaben, dass sie sich mit dem Seoul-Virus infiziert hatte, höchstwahrscheinlich erworben während eines Besuchs in einer privaten Zucht für Heimtierratten einige Wochen vor Beginn ihrer Symptome.Gemeinsame Untersuchungen der örtlichen Gesundheitsbehörden, des FLI und des BNITM ergaben, dass das Virus bei mehreren Ratten aus dieser Zucht nachgewiesen werden konnte. Genetische Analysen zeigten eine hohe Übereinstimmung der Virussequenzen aus der Tierhaltung und von der Patientin.Obwohl das Seoul-Virus weltweit vorkommt, sind Infektionen beim Menschen in Deutschland bisher äußerst selten beschrieben worden. Es verbreitet sich hauptsächlich durch das Einatmen winziger Partikel, die mit infiziertem Rattenurin, -kot oder -speichel kontaminiert sind. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht beschrieben. Synergieeffekte nutzen: Rattenhalter aufklären über potenzielle Infektionsrisiken „Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass Ratten als Heimtiere Viren übertragen können, die schwere Erkrankungen verursachen“, sagt Prof. Rainer Ulrich, DZIF-Wissenschaftler am FLI und einer der Autoren der Studie. „Eine verantwortungsvolle Haltung beziehungsweise Zucht, gute Tierhygiene und Aufklärung der Bevölkerung – insbesondere der Liebhaber von Heimtierratten – sind entscheidend, um zukünftig weitere Infektionen zu verhindern.“„Die Aufmerksamkeit der behandelnden Ärzte und die enge Zusammenarbeit von Gesundheits- und Veterinärbehörden haben wesentlichen Anteil an der Aufklärung dieses Erkrankungsfalls“, ergänzt Dr. Mario Hönemann vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie am UKL. Kontakt zu Nagern anamnestisch gezielt abklären Die Forschenden mahnen eine verstärkte Kontrolle von Rattenhaltungen und -zuchten, eine verbesserte Hygiene in Zuchtanlagen sowie eine Aufklärung der Öffentlichkeit über die mit der Haltung der Ratten verbundenen Erkrankungsrisiken an. Immungeschwächte Personen und andere gefährdete Gruppen sollten keine Ratten als Heimtiere halten. „Wir empfehlen zudem, Patienten und Patientinnen mit ungeklärtem Fieber, Nierenbeteiligung oder Blutungserscheinungen gezielt nach Kontakt zu Nagern, auch Heimtierratten, zu fragen“, so Fabian Baalmann und Johannes Münch von der Klinik und Poliklinik für Endokrinologie, Nephrologie und Rheumatologie des UKL, welche die Patientin unmittelbar am Krankenbett betreuten. Wünschenswert: Häufigere Zusammenarbeit auf Augenhöhe Dieser Fall unterstreicht, dass Infektionskrankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden, einen vereinenden „One Health“-Ansatz erfordern, der die Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen gemeinsam in den Blick nimmt. „Die Stärke von ‚One Health‘ liegt im Miteinander: „Wir arbeiten auf Augenhöhe, respektieren die jeweilige Expertise und treffen Entscheidungen gemeinsam. So werden aus einzelnen Disziplinen verlässliche Teams, die Patient:innen und Bevölkerung schützen“, resümiert Corinna Pietsch, Leiterin der Klinischen Virologie am UKL.
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