Atriale Hochfrequenzepisoden: Sind Blutverdünner zur Schlaganfallprävention nötig?5. Juli 2023 Foto: ©luchschenF/stock.adobe.com Ein neuer Übersichtsartikel fasst aktuelle Erkenntnisse zum Einfluss von atrialen Hochfrequenzepisoden auf Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-bedingte Todesfälle zusammen. Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass Blutverdünner möglicherweise weniger wirksam Schlaganfälle verhindern als bisher gedacht. Implantierbare Geräte und Wearables, wie beispielsweise Smartwatches, ermöglichen eine kontinuierliche oder fast kontinuierliche Überwachung des Herzrhythmus. Das führt dazu, dass bei vielen Menschen, insbesondere bei älteren Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, kurze Rhythmusstörungen festgestellt werden. Diese atrialen Hochfrequenzepisoden (AHRE) sehen aus wie Vorhofflimmern. Bei Menschen mit Vorhofflimmern bieten Antikoagulanzien erwiesenermaßen einen wirksamen Schutz vor Schlaganfällen. Deshalb werden auch Menschen mit AHRE häufig mit diesen behandelt. Dr. Tobias Tönnis vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) erklärt: „Implantierte Schrittmacher, Defibrillatoren oder Herzmonitore können Vorhofrhythmusstörungen kontinuierlich aufzeichnen und quantitativ erfassen. Patient:innen, die ein solches Gerät in sich tragen, sind eine geeignete Studienpopulation zur Untersuchung gelegentlicher Vorhofrhythmusstörungen und deren Auswirkungen bei älteren Menschen. AHRE treten bei 10 bis 30 Prozent der älteren Menschen auf, die kein Vorhofflimmern haben. Wir haben eine Reihe von bisherigen AHRE-Studien ausgewertet und den aktuellen Wissensstand zum Schlaganfallrisiko zusammengefasst.“ Es bleibt unklar, ob Antikoagulanzien bei Patientinnen und Patienten mit AHRE Schlaganfälle verhindern können. Das fehlende Wissen spiegelt sich in den aktuellen Behandlungsleitlinien weltweit wider. Orale Antikoagulanzien werden bei Menschen mit AHRE nicht routinemäßig empfohlen, sondern die Entscheidung zur Antikoagulation kann individuell auf der Basis einer klinischen Risikobewertung getroffen werden. Die von Tönnis und Kollegen ausgewerteten Studien zeigen: AHRE gehen mit einem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel einher, auch wenn dieses niedriger ist als bei klinischem Vorhofflimmern. Das Risiko für Blutgerinnsel scheint von der Dauer und Frequenz der AHRE-Episoden und von der Zahl und Schwere der Begleiterkrankungen abzuhängen. Kürzlich veröffentlichte Studien lassen vermuten, dass Blutverdünner bei Menschen mit AHRE weniger Schlaganfälle verhindern, als man bisher dachte. Die kontrollierte klinische Studie NOAH-AFNET 6, die vom Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) durchgeführt wird, untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit von Blutverdünnern bei Patienten mit AHRE. NOAH-AFNET 6 vergleicht bei Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren mit AHRE und mindestens zwei Schlaganfallrisikofaktoren eine Behandlung mit Edoxaban, einem Nicht-Vitamin K-abhängigen oralen Antikoagulanz (NOAK), mit der aktuellen Therapie, bestehend entweder aus einer Blutplättchenhemmung oder gar keiner antithrombotischen Therapie. Die Ergebnisse der Studie werden demnächst veröffentlicht. Der wissenschaftliche Leiter der NOAH-AFNET-6-Studie, Prof. Paulus Kirchhof, UKE, Hamburg, fasst zusammen: „NOAH-AFNET 6 wird dringend gebrauchte Informationen zur Wirksamkeit und Sicherheit der oralen Antikoagulation bei Menschen mit AHRE liefern. Wir hoffen, dass die neuen Daten mehr Aufschluss über das Thema geben und dass weitere Studien folgen.“
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