Auch „sanfte Medizin“ kann die Leber belasten

Auch vermeintlich “sanfte” Heilmittel können der Leber schaden. (Foto: © Adiano/Fotolia)

Als zentrales Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan erfüllt die Leber viele lebenswichtige Aufgaben: Sie speichert Zucker und Vitamine, produziert Verdauungsenzyme und entfernt Gift- und Schadstoffe aus dem Blut. Als Entgiftungsorgan ist sie jedoch auch selbst in Gefahr, denn ein Zuviel an Schadstoffen kann die Leberzellen dauerhaft schädigen und das Organ in seiner Funktion beeinträchtigen. Neben bekannten Lebergiften wie Alkohol oder manchen rezeptpflichtigen Medikamenten, können aber auch vermeintlich sanfte Naturheilmittel oder Nahrungsergänzungsmittel die Leber schädigen.

Auch für diese Produkte gilt deshalb: Sie sollten stets nach Gebrauchsanweisung und langfristig nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) anlässlich des Deutschen Lebertages am 20. November hin.

Pflanzliche Präparate und Nahrungsergänzungsmittel erfreuen sich großer Beliebtheit. „Anders als verschreibungspflichtige Medikamente werden Naturheil- und Nahrungsergänzungsmittel, die oft freiverkäuflich erhältlich sind, eher als harmlos, risikoarm und gesundheitsfördernd wahrgenommen“, sagt Prof. Christian Trautwein, Mediensprecher der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselkrankheiten und internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Aachen. Mitunter würden diese Präparate deshalb recht sorglos, ohne ärztliche Rücksprache und über einen langen Zeitraum hinweg eingenommen, so der Leberexperte.

Schwere Leberschädigungen durch Medikamente und Gesundheitspräparate sind insgesamt eher selten. Verschiedenen europäischen Untersuchungen zufolge treten sie mit einer jährlichen Inzidenz, also Häufigkeit an Neuerkrankungen, von etwa 14 bis 19 Fällen pro 100 000 Einwohnern auf. Wie viele Fälle von Leberfunktionsstörungen speziell durch Naturheilprodukte und Nahrungsergänzungsmittel hervorgerufen werden, lässt sich nicht genau quantifizieren. Wie empfindlich die Leber reagiert hängt von Art und Menge des konsumierten Wirkstoffs, aber auch von der individuellen Veranlagung ab. Fest steht: Die Folgen können von leichten, reversiblen Leberwerterhöhungen bis hin zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Leberversagen reichen. 

Mehrere Fälle von Leberschädigungen sind etwa für das Schöllkraut beschrieben, welches in Naturheilmitteln zur Behandlung von Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt wird. Gerade Menschen, die bereits eine Lebererkrankung haben, sollten bei diesen Präparaten zurückhaltend sein und vor der Einnahme mit ihrem Arzt Rücksprache halten. „Vorsicht ist auch angebracht bei Kräuterkombinationen, wie sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin angewandt werden – vor allem, wenn nicht klar ist, welche Wirk- und Inhaltsstoffe sie genau enthalten“, sagt Trautwein.

Bei den Nahrungsergänzungsmitteln sind kürzlich Präparate mit Grünteeextrakt in den Fokus geraten: Im Frühling dieses Jahres wies die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA auf mögliche Leberschädigungen durch Grünteekatechine in Dosen von 800 mg/Tag und mehr hin. Grünteeaufgüsse seien jedoch unbedenklich. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln zur Gewichtsreduktion – etwa solche mit dem natürlichen Wirkstoff Usninsäure – sind in der Vergangenheit Leberschädigungen wie Hepatitis aufgetreten.

Um die Leber gesund zu erhalten, sollten Verbraucher einige Vorsichtsmaßnahmen beachten:

– Naturheil- und Nahrungsergänzungsmittel sind nicht per se riskant, jedoch auch nicht immer risikolos. Sie sollten stets gemäß Dosierungsempfehlung eingenommen und Gegenanzeigen in der Packungsbeilage beachtet werden.

– Gesunde Menschen ohne nachgewiesene Mängel im Blutbild benötigen keine Nahrungsergänzungsmittel. Eine langfristige Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln oder Naturheilpräparaten sollte mit dem Hausarzt abgestimmt werden.

– Besondere Vorsicht gilt beim Kauf von Präparaten im Internet. Hier sollten Verbraucher unbedingt auf sichere und seriöse Bezugsquellen achten.

Der Deutsche Lebertag am 20. November macht darauf aufmerksam, dass die Gesundheit der Leber lebenswichtig ist. Am 20. November finden in ganz Deutschland Veranstaltungen zum Thema Lebergesundheit statt. Auch die DGVS setzt sich für mehr Lebergesundheit ein und fordert, dass die Bestimmung der Leberwerte bei Risikogruppen in die Check-up 35 aufgenommen wird.