Bakterien in Spenderorganen erschweren die Immunantwort nach der Transplantation15. Juli 2022 Staphylococcus epidermidis ist ein häufiges, auf der Haut vorkommendes Bakterium. Erhielten in der vorliegenden Studie Mäusen mit S. epi besiedelte Hauttransplantate, entwickelten die Tiere eine Immunantwort sowohl gegen die Bakterien als auch gegen das fremde Gewebe. (Abbildung: © National Institute of Allergy and Infectious Diseases) Immunreaktionen gegen kommensale Bakterien in Spenderorganen kommen zu der Reaktion gegen das Organ selbst hinzu, verringern die Wirksamkeit immunsuppressiver Medikamente und verursachen Schäden am Transplantat. Obwohl Empfänger von Transplantaten lebenslang immunsuppressive Medikamente einnehmen, um zu verhindern, dass es zu einer Immunantwort gegen das gespendete Organ kommt, wird das Organ dennoch in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen abgestoßen. Eine neue Studie von Forschern der University of Chicago (USA) zeigt, dass Transplantatempfänger auch eine Immunantwort gegen kommensale Bakterien im Organtransplantat aufbauen, was die Immunantwort gegen die genetische Ausstattung des Gewebes verstärkt und die Wirksamkeit von Immunsuppressiva verringert. Die kürzlich im „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlichte Studie zeigt auch, dass diese antimikrobielle Immunantwort durch die Erinnerung der Immunzellen an frühere Begegnungen mit Bakterien ausgelöst werden kann, was die Fähigkeit des Körpers, ein lebensrettendes neues Organ zu akzeptieren, weiter erschwert. „Früher dachten wir, der Grund, warum transplantierte Organe beim Menschen weniger leicht akzeptiert werden als bei geschützten Labortieren, ist, dass Menschen Immunantworten haben können, die auf die Zellen des Organs kreuzreagieren, und Gedächtnisantworten schwieriger mit Medikamenten zu unterdrücken sind als naive Antworten“, erklärt Dr. Maria-Luisa Alegre, Professorin für Medizin an der University of Chicago und Seniorautorin der Studie. „Jetzt sehen wir, dass nicht nur Gedächtniszellen, die das Organ selbst erkennen, das Problem sind, sondern auch Gedächtnisreaktionen, die Bakterien im Organ erkennen.“ Zwei getrennte Immunantworten Der Erfolg einer Organtransplantation hängt von der Art des Organs ab. Lunge und Dünndarm sind notorisch schwer zu transplantieren und haben kürzere Überlebenszeiten. Statistiken zeigen, dass innerhalb von fünf Jahren nach der Operation 41 Prozent der Lungen- und 54 Prozent der Darmtransplantatempfänger ihre Transplantate abgestoßen haben, verglichen mit Organen wie Nieren (nur 27% Abstoßung) und Herzen (23%). Eine Hypothese war, dass Lunge und Darm, nicht aber Nieren und Herz, Mikroben aus der Luft und dem Verdauungssystem ausgesetzt sind und dass die Organempfänger Immunantworten nicht nur gegen die Organe, sondern auch gegen die Mikroben in diesen Organen aufbauen. In einer früheren Studie hatten Alegre und ihr Team gezeigt, dass, wenn Mäuse ein Hauttransplantat erhielten, das mit Staphylococcus epidermidis (S. epi), einem häufig auf der menschlichen Haut vorkommenden Bakterium, besiedelt war, S. epi eine leichte Entzündung im Transplantat verursachte. Das Team fragte sich dann, ob der Wirt zusätzlich zu der besser verstandenen „Alloreaktion“ oder Reaktion auf die fremden Zellen im Gewebe eine separate Immunantwort gegen die Bakterien im Transplantat auslöste und ob beide das Transplantat beschädigen könnten. „Die kommensalen Bakterien im Transplantat unterscheiden sich von den kommensalen Bakterien des Empfängers, weil jedes Individuum einen einzigartigen Satz von Mikroben beherbergt, sodass der Wirt diese Bakterien auch als fremd ansehen kann“, sagte Alegre. „Wir dachten, dass diese beiden separaten Immunantworten (Wirt-gegen-Transplantat und Wirt-gegen-Bakterien) vielleicht additiv oder synergistisch wirken könnten, um eine robustere Immunantwort gegen das Transplantat aufzubauen und um zu erklären, warum die Halbwertszeit der Organe mit Mikroben kürzer ist.“ Umgang mit einem lebenslangen Immungedächtnis In der neuen Studie verwendeten die Forscher Mäuse aus der gnotobiotischen Einrichtung der University of Chicago, die sorgfältig in einer sterilen Umgebung aufgezogen und nicht von Mikroben besiedelt worden waren. Das Team transplantierte Haut von Spendermäusen, die mit den Empfängern genetisch identisch waren, um eine Alloantwort zu vermeiden. Die das Transplantat empfangenden Mäuse entwickelten eine T-Zell-Immunantwort gegen das Transplantat, als es mit S. epi besiedelt wurde, aber nicht, als es steril belassen wurde. Diese Immunantwort führte zu Schäden am Hauttransplantat, aber nicht in einem sehr starken Ausmaß. Alegre und ihr Team testeten dann, ob eine vorherige Immunexposition gegenüber kommensalen Bakterien ein von ähnlichen Bakterien besiedeltes Transplantat größeren Schaden zufügen würde, also infizierten sie einige Empfängermäuse vor der Transplantation mit S. epi und ließen sie Gedächtnisreaktionen auf die Bakterien entwickeln. Als diese Mäuse später ein Hauttransplantat erhielten, das mit ähnlichen Bakterien besiedelt war, fiel die Immunantwort viel stärker aus und beschädigte das neue Gewebe erheblich. Dies ist von Bedeutung, da Transplantationspatienten bereits ein Leben lang vielen Bakterien und anderen Mikroben durch alltägliche Schnitte, Kratzer, Infektionen und Ernährung ausgesetzt sind. Als wichtigste Erkenntnis heben die Studienautoren hervor, dass sie, als sie Mäusen Haut transplantierten, die genetisch anders und mit Bakterien besiedelt waren – das Szenario wie bei den meisten Organtransplantationen beim Menschen– sahen, dass immunsuppressive Medikamente, die das Transplantatüberleben bei naiven Mäusen verlängerten, bei Mäusen mit antibakteriellem Gedächtnis nicht wirkten. „Das erklärt, warum Patienten bei einer Lungen- oder Darmtransplantation weniger gut abschneiden und sie stärker immunsupprimiert werden müssen als bei der Transplantation steriler Organe“, erklärt Alegre. „Man muss sich nicht nur mit der Reaktion auf das Transplantat auseinandersetzen, sondern auch mit der Reaktion auf die Bakterien, die mit dem Transplantat einhergehen.“
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