Barrett-Ösophagus: Untersuchung auf Speiseröhrenkrebs mittels Schwammkapsel statt Endoskopie30. Juni 2025 Rebecca Fitzgerald demonstriert die Schwammkapsel, die eine Alternative zur endoskopischen Verlaufskontrolle bei Patienten mit Barrett-Ösophagus dienen soll. (Foto: © StillVision) Endoskopien bei Patienten mit Barrett-Ösophagus könnten sich in Zukunft durch weniger invasive Untersuchungen mit einer Schwammkapsel ersetzen lassen – zumindest bei der Hälfte der Betroffenen. Das berichtet eine britische Forschergruppe. Laut den Wissenschaftlern der University of Cambridge, vom Addenbrooke Hospital und der Queen Mary University of London (alle Großbritannien) ist der Schwammkapsel-Test leichter durchzuführen als eine Endoskopie und würde sich auch für eine Anwendung durch Pflegepersonal und in Hausarztpraxen eignen – mit positiven Folgen auch hinsichtlich der Inanspruchnahme von Ressourcen im Gesundheitswesen. Speiseröhrenkrebs – dessen Vorläufer ein Barrett-Ösophagus ist – ist bekanntermaßen schwer zu behandeln: Laut Angaben der University of Cambridge überlebt weniger als ein Patient von fünf einen Zeitraum von fünf Jahren oder länger, nachdem die Diagnose gestellt worden ist. Diese Zahl habe sich in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht verändert. Gleichzeitig aber habe sich die Zahl der diagnostizierten Ösophaguskarzinome seit den 1970er-Jahren vervierfacht. Bei Symptomen, die auf einen Barrett-Ösophagus hindeuten, sei die Endoskopie das Untersuchungsverfahren der Wahl, so die University of Cambridge, wobei aber die betroffenen Personen innerhalb des britischen National Health Service häufig lange Wartezeiten bis zu einer ersten solchen Untersuchung in Kauf nehmen müssten – für das Monitoring der Erkrankung erfolgten dann später über die Lebenszeit verteilt häufig zehn oder mehr Endoskopien. Prof. Rebecca Fitzgerald, Leiterin des Early Cancer Institute an der University of Cambridge sowie Belegärztin am Addenbrooke Hospital, sagt: „Das Monitoring dieser Patienten ist extrem wichtig, damit wir eine Dysplasie erkennen und verhindern, dass sie sich zu einer Krebserkrankung entwickelt. Und wenn jemand das Pech hat, dass es zu einer Krebserkrankung kommt, können wir diese frühzeitig identifizieren und behandeln.“ Die auf Barrett-Ösophagus spezialisierte Gastroenterologin fährt fort: „Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich aus einem Barrett-Ösophagus Krebs entwickelt, gering, und eine Endoskopie ist keine sehr angenehme Untersuchung. Außerdem sind Endoskopien nicht immer ein verlässlicher Weg, um Frühstadien der Krebserkrankung zu erkennen, und ihr Ergebnis kann von den Fähigkeiten des Untersuchers und den verwendeten Geräten abhängig sein. Was wir brauchen, ist ein alternatives Verfahren für die Überwachung [dieser Patienten], das weniger invasiv, leichter anzuwenden und verlässlicher ist.“ Ein Ersatz für die Endoskopie? In der jüngeren Vergangenheit haben Fitzgerald und Kollegen deshalb die mit einem Rückholfaden verbundene Schwammkapsel entwickelt, die eine Alternative zur Endoskopie darstellen soll. Diese vom Patienten geschluckte Kapsel löst sich im Magen auf und gibt einen winzigen Schwamm frei. Wird dieser an dem Rückholfaden durch die Speiseröhre zurückgezogen, nimmt er sanft Zellen aus dem Ösophagus mit. Diese Proben können dann nach Anfärbung mikroskopisch untersucht werden. Dabei fahnden die Pathologen nach zwei Hauptmarkern für gefährliche Veränderungen in der Speiseröhre: Anomalien beim Protein p53 sowie atypische Zellen. Bislang beschäftigte sich die Arbeitsgruppe um Fitzgerald vor allem mit der Diagnose eines Barrett-Ösophagus mithilfe der Schwammkapsel. Inzwischen haben sie sich mehr auf die Beantwortung der Frage verlegt, ob sich das Verfahren zum Monitoring der Patienten mit diagnostizierter Veränderung eignet. Stratifizierung der Patienten nach Risiko In einer kürzlich prominent in „The Lancet“ veröffentlichten Arbeit untersuchte das Team, ob sich unter Verwendung des Schwammkapsel-Verfahrens eine Risikostratifizierung von Patienten mit Barrett-Ösophagus bewerkstelligen lässt beziehungsweise ob man anhand einer solchen Stratifizierung bestimmen kann, wie die Betroffenen nachbeobachtet werden sollten. Patienten mit dem höchsten Risiko sollten demnach dringend weiter untersucht werden, um zu ermitteln, ob sie einer Therapie bedürfen. Personen mit einem Risiko im mittleren Bereich hingegen würden einer Endoskopie zugeführt, während diejenigen mit einem nur geringen Risiko zunächst ohne endoskopische Untersuchung weiter beobachtet würden. Kapsel vor dem Öffnen und dem Entlassen des Schwamms zur Probenentnahme. (Foto: © StillVision) Das Team rekrutierte 910 Patienten aus 13 Krankenhäusern in ganz Großbritannien, bei denen zuvor Barrett-Ösophagus diagnostiziert worden war und die deshalb regelmäßig untersucht wurden. Man unterzog die Probanden zunächst einem Test mit der Schwammkapsel und ordnete sie anhand des Ergebnisses einer der drei Risikogruppen zu. Zudem wurden alle Patienten endoskopisch untersucht. Danach verglichen die Studienautoren die Resultate beider Tests miteinander. Etwa 15 Prozent der Teilnehmer waren als Hochrisikopatienten eingestuft worden: Sie wiesen abnormale p53-Werte und/oder Atypien auf. Bei 38 Prozent diagnostizierte man ein präkanzeröses Stadium. Patienten mit beiden Markern besaßen das höchste Risiko – bei 85 Prozent wurde ein präkanzeröses Stadium festgestellt. Schwamm nach dem Öffnen der Kapsel. (Foto: © StillVision) Patienten, die keinen der beiden Marker aufwiesen, deren Barrett-Ösophagus sich aber über eine bestimmte Länge erstreckte und die weitere alters- und geschlechtsbezogene Risikofaktoren aufwiesen, wurden der Gruppe mit mittlerem Risiko zugeordnet. Mehr als die Hälfte der Patienten (54%) wurden als solche mit geringem Risiko erkannt: Sie wiesen keinen der beiden oben genannten Marker auf und auch keine weiteren alters- und geschlechtsbezogenen Risikofaktoren. Die Endoskopie ergab, dass nur zwei dieser 495 Patienten (0,4%) eine hochgradige Dysplasie aufwiesen, die einer Nachuntersuchung bedurfte (und es lagen keine Krebserkrankungen vor). Leicht durchzuführende und kostengünstige Untersuchung Prof. Peter Sasieni von der Cancer Prevention Trials Unit von Cancer Research UK an der Queen Mary University of London (Großbritannien) erklärte: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Schwammkapsel dazu beitragen könnte, Patienten mit Barrett-Ösophagus nach ihrem Risiko zu stratifizieren, und dass die Hälfte von ihnen in die Niedrigrisikogruppe fällt. Da das Risiko, dass diese Personen eine Dysplasie und anschließend Speiseröhrenkrebs entwickeln, so gering ist, sollte es sicher sein, die übliche Endoskopie durch die Schwammkapsel zu ersetzen.“ Erstautor Dr. W. Keith Tan vom Addenbrooke’s Hospital (ebenfalls Großbritannien) ergänzt: „Unsere Fähigkeit, Patienten mit niedrigem von hohem Risiko mithilfe der Schwammkapsel-Untersuchung – die möglicherweise ebenso genau ist wie der aktuelle Goldstandard, die Endoskopie – voneinander zu unterscheiden, ist ein großer Fortschritt. Die Schwammkapsel kann von Pflegekräften mit einem geringen Schulungsaufwand einfach und schnell durchgeführt werden und verbraucht keine wertvollen Endoskopie-Ressourcen. Dies könnte sowohl für die Patienten von Vorteil als auch kostengünstiger für den National Health Service sein.“
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