Bauchspeicheldrüsenkrebs: Neue Erkenntnisse zu Entstehung und Klassifizierung in Subtypen

Schematische Übersicht des TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg und Hämatoxylin-Eosin Färbungen von histologischen Gewebeschnitten der Bauchspeicheldrüse von genetisch-veränderten Mauslinien, Maßstabsbalken 100 µm. (Abbildung: © Ivonne Regel)

Forschende um Dr. Ivonne Regel vom LMU Klinikum in München haben wichtige neue Erkenntnisse zu den Ursachen der Entstehung von Pankreastumoren gewonnen. Zudem gelang es ihnen, basierend auf Unterschieden in den Stoffwechselprogrammen verschiedene Tumorsubtypen zu definieren. 

Das duktale Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse ist eine relativ seltene, jedoch besonders bösartige Erkrankung. Sie stellt die vierthäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle in der Europäischen Union dar und nur circa zehn Prozent der Patienten überleben die ersten fünf Jahre nach ihrer Diagnose. Das liegt an dem aggressiven Wachstum und einer späten Diagnose des Tumors. Ein Pankreaskarzinom äußert sich oft erst dann, wenn bereits andere Organe betroffen sind und Metastasen vorliegen. Um die Heilungschance von Bauchspeicheldrüsenkrebspatienten zu verbessern, ist es von großer Dringlichkeit neue Biomarker für die Früherkennung zu finden. Ein weiterer wesentlicher Schritt besteht darin, Tumor-spezifische Signalwege zu identifizieren, die den aggressiven Krankheitsverlauf verursachen um damit neue Angriffspunkte für Therapieansätze zu ermitteln.

TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg entscheidend für die Pankreaskarzinomentwicklung

Die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms ist ein dynamischer Prozess, der mit einer Gewebeschädigung und Entzündungsreaktion in der Bauchspeicheldrüse einhergeht. Bei einer Pankreatitis besitzt das Organ einen Selbstheilungsmechanismus. Normale Pankreaszellen können sich teilen um geschädigtes Gewebe zu ersetzen. Die Moleküle, die bei entzündlichen und gewebeschädigenden Prozessen freigesetzt werden, werden von Zellrezeptoren erkannt und leiten so Signale weiter, die das Zellüberleben und die Zellteilung fördern. Dies kann jedoch bei Pankreaszellen zur Entartung der Zellen beitragen und die Entstehung eines Pankreaskarzinoms begünstigen. Forschende unter der Leitung von Dr. Ivonne Regel konnten erstmalig aufzeigen, dass der TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg bei Entzündungsreaktionen nicht nur in Immunzellen eine wichtige Rolle spielt, sondern auch in Pankreaszellen von Vorläuferläsionen und Tumorzellen aktiv ist. Diese Aktivierung des TLR3/IRF3/IRF7-Signalwegs hat eine wichtige Funktion bei der Pankreaskarzinomentwicklung.

Genetisch veränderte Mäuse, die keinen funktionsfähigen TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg besitzen, können keine Pankreaskarzinome entwickeln (siehe Abbildung). Ebenso wurde der TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg in Pankreastumorzellen mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9 genetisch ausgeschaltet. Diese genetisch modifizierten Tumorzellen wiesen ein deutlich geringeres aggressives Verhalten in Zellkulturexperimenten auf und zeigten auch im Tiermodell eine stark verringerte Metastasenbildung. Dazu erklärt Regel: „Erstmalig konnten wir belegen, dass ein aktiver TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg in den Pankreaszellen zur Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs beiträgt und auch die Bildung von Metastasen unterstützt.“ Eine Tumorzell-spezifische Hemmung des TLR3/IRF3/IRF7-Signalwegs könnte ein möglicher neuer Therapieansatz sein.

Regels Team hat eine weitere spannende Entdeckung gemacht: In den Pankreastumorzellen reguliert der TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg überraschenderweise nicht die bekannten Zielgene, stattdessen wurde ein Hinweis auf epigenetische Veränderungen gefunden. Dies sind regulierende Modifikationen an der DNA und den Packungsproteinen (Histone), welche die Aktivität von Genen beeinflussen. So deuten die aktuellen Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Aktivierung des TLR3/IRF3/IRF7-Signalwegs in den Tumorzellen dazu führt, dass spezifische tumorfördernde Gene in hohem Maße abgelesen werden. Diese Gene regulieren vorrangig den Stoffwechsel der Tumorzellen. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da Stoffwechselprodukte von Tumorzellen im Blut von Patienten zu finden sind und als Biomarker verwendet werden können. „Meinem Team und mir ist es gelungen, verschiedene Subtypen von Pankreaskarzinomen aus dem Blut von Krebspatienten zu identifizieren, die auf Unterschieden in ihren Stoffwechselprogrammen basieren“ sagt Regel. „In weiteren Untersuchungen wollen wir jetzt herausfinden, inwieweit die Entstehung von Pankreaskarzinom-Subtypen über den TLR3/IRF3/IRF7-Signalweg reguliert wird.“