Bauchspeicheldrüsenkrebs: ROBO3-Rezeptor vermittelt Therapieresistenz und Metastasierung

Abbildung: ROBO3-vermittelte Subtypenspezifität bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. (Quelle: JCI Insight; doi.org/10.1172/jci.insight.154475)

Forscher der Universitätsmedizin Göttingen haben therapeutische Ansätze zur Bekämpfung von metastasierendem Bauchspeicheldrüsenkrebs gefunden. 

Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs ist immer noch mit einer schlechten klinischen Prognose verbunden. Zum Zeitpunkt der Diagnose weisen die meisten Patienten bereits ein fortgeschrittenes Stadium auf und eine kurative Therapie durch chirurgische Entfernung des Tumors ist nicht mehr möglich. Bei metastasiertem Bauchspeicheldrüsenkrebs ist die Chemotherapie das Mittel der Wahl. Doch die Mehrheit der Betroffenen ist gegen die derzeit verfügbaren Chemotherapien resistent. Die Behandlung wirkt häufig nicht ausreichend und nicht langfristig. Weniger als neun Prozent der Patienten überleben die folgenden fünf Jahre nach der Diagnose. Neue Entwicklungen zur Therapie des metastasierenden Bauchspeicheldrüsenkrebses gehen daher weg von allgemeingültigen Chemotherapieschemata hin zu zielgerichteten und personalisierten Therapien je nach molekularem Subtyp des Krebses oder zielen auf spezifische Signalwege.

Göttinger Forschende der von der Deutschen Krebshilfe geförderten Max-Eder-Nachwuchsgruppe in der Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) unter der Leitung von Dr. Shiv K. Singh suchen gezielt nach spezifischen Markern, die für personalisierte Therapieansätze bei Subtypen des Bauchspeicheldrüsenkrebs verwendet werden können. In ihren neuesten Untersuchungen decken sie jetzt erstmals eine funktionelle Rolle des Roundabout-Axon-Guidance-Rezeptors 3 (ROBO3) bei der Metastasierung und Chemoresistenz von Bauchspeicheldrüsenkrebs auf.

Aus klinischen Studien ist bisher bekannt, dass eine hohe Expression von ROBO3 mit einer schlechten Prognose bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs verbunden ist. Die zugrundeliegenden Mechanismen der durch das Gen ROBO3-vermittelten Merkmale und der möglicherweise damit verbundenen Vulnerabilität sind jedoch noch weitgehend unklar.

Die Göttinger Forschenden untersuchten, wie die Signalgebung des Axon-Guidance-Rezeptors ROBO3 in einem Subtyp-spezifischen Kontext die schlechte Prognose innerhalb einer definierten Untergruppe von Bauchspeicheldrüsenkrebs-Patienten bestimmt. Dabei konzentrierten sie sich auf die ROBO3-vermittelte molekulare Vernetzung sowohl in Bauchspeicheldrüsenkrebszellen als auch in der entzündlichen Mikroumgebung des Tumors.

„Wir wollten wissen, ob eine hohe Expression von ROBO3 eher mit dem klassischen Subtyp von Bauchspeicheldrüsenkrebs verbunden ist, der eine bessere Prognose hat und sensitiv auf Chemotherapie ist, oder ob eine solche Expression eher mit dem basal-ähnlichen Subtyp assoziiert ist“, sagt Singh, Letztautor der Veröffentlichung. Dafür untersuchten die Wissenschaftler Sequenzierungsdaten aus Proben von Bauchspeicheldrüsenkrebs-Patienten. Sie fanden heraus, dass die Axon-Leitungssignalwege ausschließlich in den basal-ähnlichen Tumoren angereichert waren. Insbesondere die ROBO3-Expression war in den verschiedenen Datensätzen von Patient*innen beim basal-ähnlichen Subtyp signifikant höher. Der basal-ähnliche Subtyp gilt als besonders stark metastasierend, weist eine schlechte Prognose und eine hohe Therapieresistenz auf.

„Wir konnten die Verbindung zwischen der ROBO3-Signalübertragung in Tumorzellen und den entzündungsregulierenden Faktoren nachweisen, die das hochgradig metastatische Verhalten des basal-ähnlichen Subtyps fördern“, sagt Erstautor Niklas Krebs. Die genetische Hemmung von ROBO3 verringerte die Invasivität der Tumorzellen und die Metastasierung signifikant. Sie führte darüber hinaus zu einem besseren Ansprechen auf die Chemotherapie bei Bauchspeicheldrüsentumorzellen des basal-ähnlichen Subtyps. „Dies deutet auf eine funktionelle Rolle von ROBO3 bei der Aufrechterhaltung des aggressiven basal-ähnlichen metastatischen und therapieresistenten Subtyps von Bauchspeicheldrüsenkrebs hin”, erläutert Singh.

Autoren der Publikation: (v.l.) Erst-Autor Niklas Krebs, Letzt-Autor Shiv K. Singh, Leiter der Max-Eder-Nachwuchs¬gruppe, beide Klinik für Gastro¬enterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie, Universitätsmedizin Göttingen. (Foto: © umg)

Trotz hoher ROBO3-Expressionen in Bauchspeicheldrüsentumorzellen gibt es derzeit keine pharmakologischen Hemmstoffe, die gezielt auf den Axon-Guidance-Rezeptor ROBO3 abzielen. Um die Funktion von ROBO3 im Bauchspeicheldrüsenkrebs trotzdem zu verstehen, verwendeten die Forscher modernste Sequenzierungs- und Proteomik-Technologien. Sie fanden heraus, dass der inflammatorische Transkriptionsfaktor (pSTAT3) und die Rezeptor-Tyrosin-Kinase (AXL) für die ROBO3-vermittelten basal-ähnlichen Metastasierungsprogramme bei Bauchspeicheldrüsenkrebs verantwortlich sind. Darüber hinaus konnten Dr. Singh und sein Team einen klinischen Hemmstoff identifizieren, der potenziell auf das ROBO3-AXL-pSTAT3-Signalnetzwerk abzielt: Die gezielte Hemmung des ROBO3-vermittelten Signalnetzwerks unter anderem mit dem sogenannten AXL Hemmstoff (BGB324) in Kombination mit Chemotherapie führte in Tierversuchen zu einer Verminderung von Aszites, verringerte Lebermetastasen und stellte die Chemosensitivität bei basal-ähnlichem Bauchspeicheldrüsenkrebs wieder her.

„Diese neuen therapeutischen Strategien die auf das ROBO3-AXL-pSTAT3 vermittelte Signalnetzwerk abzielen, könnten das Ansprechen auf die Chemotherapie verbessern und eine bessere Prognose bei Patient*innen mit hochaggressivem basal-ähnlichen Bauchspeicheldrüsenkrebs bieten. Daher stellen unsere Erkenntnisse einen vielversprechenden Behandlungsansatz für diese Untergruppe von Bauchspeicheldrüsenkrebs-Patient*innen dar“, sagt Singh.

Die Forschung wurde durch die Deutsche Krebshilfe, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (KFO5002) sowie die Wilhelm-Sander-Stiftung gefördert.