Bauchspeicheldrüsenkrebs: Vielversprechendes neues Therapieziel entdeckt

Von links: Studienautoren Paul Timpson, Brooke Pereira und Thomas Cox vom Garvan Institute. (Foto: © Garvan Institute)

Das Molekül Nidogen-2 könnte beim duktalen Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) ein wichtiger Treiber für Progression und Metastasierung sein – und damit auch Ansatzpunkt für neue Behandlungsoptionen.

Die kürzlich veröffentlichte Studie von Forschenden des Garvan Institute of Medical Research in Darlinghurst (Australien) zeigt, dass die Blockade von Nidogen-2 die Wirksamkeit einer Chemotherapie steigerte und die Ausbreitung der Krebserkrankung in Mausmodellen reduzierte.

Das Team entdeckte, dass eine Nidogen-2-Depletion die fibrotische Tumormikroumgebung reduziert. Diese Struktur stellt ein großes Hindernis für die Therapie dar und trägt zur bekannten Chemotherapieresistenz dieser Krebserkrankung bei. „Unsere Ergebnisse lassen die Schlussfolgerung, dass die Senkung von Nidogen-2 die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs verbessern und zu deutlich weniger Metastasen führen könnte – eine der Haupttodesursachen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs“, sagt Dr. Brooke Pereira, eine der Erstautoren der Arbeit und Forschungsleiterin im Garvan Institute of Medical Research.

Tumore dezellularisieren, um neue Therapieziele zu finden

Um neue therapeutische Ziele zu identifizieren, setzte die Arbeitsgruppe ein innovatives Verfahren namens Gewebedezellularisierung ein: Dabei werden alle Zellen aus einer Tumorprobe entfernt, während die extrazelluläre Matrix erhalten bleibt. Durch den Vergleich der Gerüste von Maustumoren, die metastasierten, mit denen, bei denen dies nicht der Fall, entdeckten die Wissenschaftler, dass das Molekül Nidogen-2 in der Matrix aggressiverer Tumore, die progredierten, erhöht war.

Mithilfe der CRISPR-Interferenz verringerten die Forscher dann die Nidogen-2-Werte in Pankreastumoren, um die Auswirkungen des Moleküls auf das Krebswachstum und das Ansprechen auf eine Therapie in Mausmodellen in Echtzeit zu beobachten. „Die Ergebnisse waren verblüffend“, berichtet Pereira. „Als wir Nidogen-2 in Pankreastumoren reduzierten, sahen wir eine Abnahme der Matrixdichte, kleinere Tumoren und eine Verbesserung der Blutgefäßstruktur. Tumoren mit weniger Nidogen-2 besaßen durchgängigere Blutgefäße – sie waren weiter und gleichmäßiger verteilt als die kollabierten und chaotischen Gefäße, die man normalerweise bei Bauchspeicheldrüsenkrebs sieht. Das hat unsere Aufmerksamkeit erregt, denn man braucht funktionsfähige Blutgefäße, um Chemotherapeutika effektiv in den Tumor zu bringen – das ist eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Indem wir Nidogen-2 gezielt angingen, konnten wir die Blutgefäße des Tumors normalisieren.“

Mikroskopische Ansicht des Mausmodells eines Pankreastumors mittels intravitaler Bildgebung im ACRF Incite Centre von Garvan. Die Farben zeigen unterschiedliche Komponenten an: Rot für Blutgefäße, Grün für Tumorzellen und Violett für Kollagen, das das Eindringen der Therapie erschwert. (Abbildung: © Garvan Institute)

Chemotherapie verbessern und Metastasen reduzieren

Als Forscher in ihren Modellen mit reduziertem Nidogen-2 eine Chemotherapie einsetzten, stellten sie fest, dass die Behandlung den gesamten Tumor effektiver erreichen konnte. Die Reduktion von Nidogen-2 führte in Mausmodellen auch zu einer deutlich geringeren Metastasierung in die Leber und verbesserte das Überleben im Vergleich zu Kontrollgruppen.

„Dieser doppelte Effekt – die Chemotherapie zu verbessern und gleichzeitig Metastasen zu reduzieren – ist hochinteressant“, formuliert Co-Seniorautor Cox. Er ist Leiter des Matrix and Metastasis Lab am Garvan Institute of Medical Research. „Dies deutet darauf hin, dass die gezielte Bekämpfung von Nidogen-2 ein vielversprechender neuer Ansatz für Bauchspeicheldrüsenkrebs sein könnte.“ Und Timpson, ebenfalls Co-Seniorautor der Arbeit und Leiter des Invasion and Metastasis Lab am Garvan Institute of Medical Research, ergänzt: „Unser neuartiger Ansatz – das Entfernen aller Zellen aus dem Tumorgewebe, sodass das Gerüst des Tumors übrigbleibt – ermöglichte es uns, Moleküle wie Nidogen-2 zu identifizieren, die wir zuvor nicht auf dem Radar hatten. Es ist eine wirkungsvolle Methode, um neue klinische Ziele in der Tumormikroumgebung – die jahrzehntelang nicht beachtet wurde, von der wir heute aber wissen, dass sie eine entscheidende Rolle bei der Krebsentwicklung spielt – zu entdecken.“

Die Forschenden arbeiten derzeit an der Entwicklung klinischer Ansätze zur gezielten Bekämpfung von Nidogen-2, wie beispielsweise der Blockade von Antikörpern, die sich daran binden. Diese könnten mit bestehenden Chemotherapie-Schemata kombiniert werden, damit die Medikamente besser in den Tumor eindringen und Krebszellen abtöten können. Die Wissenschaftler glauben, dass dieser Ansatz in Zukunft auch mit einer Immuntherapie kombiniert werden könnte, um die Outcomes für Patienten mit Pankreaskarzinom weiter zu verbessern. „Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs hat sich die Überlebensrate seit Jahrzehnten kaum verbessert, daher brauchen wir dringend neue Strategien“, unterstreicht Timpson. „Wir glauben, dass die gezielte Beeinflussung des Tumorgerüstes durch Nidogen-2 ein entscheidender Schritt nach vorne bei der Verbesserung der Behandlung dieser aggressiven Krankheit sein könnte.“