Beeinträchtigte Kalziumpuffer in Herzmuskelzellen begünstigen Chronifizierung von Vorhofflimmern

Symbolbild: ©alkov/stock.adobe.com

In Herzmuskelzellen fördert eine gestörte Kalziumpufferung das Fortschreiten und die Verstetigung von Vorhofflimmern. Das zeigt eine deutsche Forschungsgruppe in der Fachzeitschrift „Circulation“. Die Erkenntnisse bieten mögliche Ansatzpunkte für neue Therapien.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Niels Voigt, Professor für Molekulare Pharmakologie am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), hat neue Mechanismen entdeckt, die Vorhofflimmern chronisch werden lassen. Sie fanden heraus, dass es bei Vorhofflimmern im Laufe der Zeit zu einem Abbau von kardialem Troponin C in den Herzmuskelzellen der Vorhöfe kommt. Diese Proteine stellen wichtige Puffer für Kalziumionen dar.

„Ähnlich einem Stoßdämpfer im Auto, der Straßenunebenheiten ausgleicht, mildern Kalziumpuffer Schwankungen der Kalziumkonzentration in Herzmuskelzellen, die auch bei gesunden Zellen in geringem Maße auftreten. Bei Vorhofflimmern funktionieren diese Stoßdämpfer jedoch nicht richtig“, erklärt Voigt, der ebenfalls Mitglied des Göttinger Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging: von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen (MBExC) ist. „Selbst kleine Schwankungen der Kalziumkonzentration können sich dann zu sogenannten Kalziumwellen aufschaukeln, die durch die gesamte Zelle laufen und einen elektrischen Impuls erzeugen. Dieser fehlerhafte elektrische Impuls trägt dazu bei, dass die unregelmäßigen Herzschläge in den Vorhöfen weiterhin bestehen bleiben.“

Für die Studie, die in Zusammenarbeit mit der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der UMG durchgeführt wurde, untersuchten die Forscher Gewebe, das während Herzoperationen anfiel. Daraus isolierten sie Myozyten, um die Kalziumwellen innerhalb der Zellen zu messen. Zudem verwendeten sie aus induzierten Stammzellen hergestellte Vorhofzellen, um Troponin C mithilfe genetischer Verfahren gezielt auszuschalten und so die Rolle des Muskelproteins bei der Kalziumpufferung zu untersuchen. Die Forscher stellten fest, dass diese modifizierten Zellen nicht nur eine ähnlich defekte Kalziumpufferung wie die Zellen von Patienten mit Vorhofflimmern aufwiesen, sondern auch vermehrt Kalziumwellen zeigten, die zur Entstehung von Vorhofflimmern beitragen.

„Zugleich konnten wir mit den bereits zugelassenen Medikamenten Levosimendan und Omecamtiv, die die Kalziumbindung an Muskelproteine in den Herzmuskelzellen erhöhen, mögliche Therapieoptionen für das Vorhofflimmern identifizieren, um den gestörten Kalziumpuffer in den Herzmuskelzellen zu ersetzen“, erläutert Erstautor Dr. Funsho Fakuade, Postdoktorand in der Arbeitsgruppe Voigt und Mitglied des Hertha-Sponer-College im MBExC.

„Unsere gewonnenen Daten deuten darauf hin, dass neue Strategien, die gezielt die intrazelluläre Kalziumpufferung anvisieren, vielversprechende therapeutische Ansätze zur Verhinderung und Behandlung von Vorhofflimmern bieten könnten“, ergänzt Voigt. „Die Forschungsergebnisse eröffnen damit neue Perspektiven für die Therapie von Vorhofflimmern und könnten den Krankheitsverlauf bei Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörung verbessern.“