Bei Gallensteinen und Schmerzen im Abdomen ist eine Cholezystektomie nicht immer notwendig

Operativ entfernter Gallenstein. (Foto: © Tamer/stock.adobe.com)

Ein Drittel der Patienten leidet fünf Jahre nach der Operation immer noch an anhaltenden Schmerzen im Abdomen, berichten Forschende aus den Niederlanden.

Seit den 1990er-Jahren sei die Zahl der laparoskopischen Cholezystektomien als Standardbehandlung für Patienten mit einem Gallensteinleiden exponenziell gestiegen, berichten die Autoren einer neuen Studie. Klare internationale Kriterien gebe es keine. Infolgedessen stelle die Entfernung der Gallenblase eine der häufigsten Operationen in den Niederlanden dar, die jedoch nicht immer wirksam gegen die Schmerzen ist: Etwa ein Drittel der Patienten leide nach einer Cholezystektomie weiterhin an Schmerzen im Abdomen, schreiben die Wissenschaftler. Der Eingriff sei lange Zeit ein Beispiel für eine unangemessene Behandlung gewesen, doch das ändere sich nun.

In einer Studie von Forschenden des Radboud University Medical Center aus dem Jahr 2019 wurden Patienten mit abdominellen Schmerzen aufgrund von Gallensteinen in zwei Gruppen unterteilt: Eine Gruppe erhielt die Standardbehandlung einer Cholezystektomie, während bei der anderen Gruppe eine restriktive Auswahlstrategie zum Tragen kam: Dabei wurde eine Operation nur nach der Bewertung verschiedener Schmerzsymptome in Betracht gezogen. Die Anzahl der Operationen in der Gruppe mit der restriktiven Strategie nahm ab, jedoch litt ein Jahr später ein Drittel der Patienten in beiden Gruppen immer noch an Schmerzen im Abdomen. Basierend auf dieser Untersuchung empfahlen die Forschenden, bei Patienten mit Gallensteinen und abdominellen Schmerzen bei der Cholezystektomie vorsichtig zu sein.

Fünfjährige Nachuntersuchung

Die Verfasser der Arbeit untersuchten die Patienten fünf Jahre später erneut. Die Ergebnisse dieser in 24 niederländischen Krankenhäusern durchgeführten Studie wurden jetzt in „JAMA Surgery“ veröffentlicht. Hauptautor Daan Comes erklärt: „Wir wollten die langfristigen Auswirkungen einer restriktiven Strategie auf diese Operation in dieser Patientengruppe untersuchen. Daher haben wir mehr als tausend Patienten telefonisch kontaktiert. Sie haben Fragebögen ausgefüllt und wir haben ihre Krankenakten überprüft.“

Das Ergebnis: Die Anzahl der Patienten mit Schmerzen hatte im Laufe der Jahre nicht abgenommen. Immer noch waren nur zwei Drittel der Patienten schmerzfrei. Der restriktive Strategieansatz führte jedoch zu weniger unnötigen Cholezystektomien. „In der restriktiven Auswahlgruppe beobachteten wir nicht mehr Komplikationen durch Gallensteine ​​oder Operationen als in der anderen Gruppe. Es scheint, dass eine restriktive Auswahlstrategie machbar ist, aber nur für die richtigen Patienten.“

Bessere Auswahlkriterien

Um einen besseren Einblick in die Identifizierung der richtigen Patientengruppe zu erhalten, wurde am Radboud University Medical Center 2021 eine Entscheidungsregel entwickelt, die auf wissenschaftlichen Untersuchungen und Patientendaten basiert. Der Chirurg und leitende Forscher Philip de Reuver erklärt: „Man stellte fest, dass intensive, episodische Schmerzen eine starke Indikation für eine Operation sind. Darüber hinaus sind eine frühere abdominelle Operation oder das Vorhandensein anderer Symptome wie Blähungen, Sodbrennen und anhaltende Schmerzen Gründe dafür, bei einer Operation vorsichtig zu sein.“

Mit diesem Wissen können Ärzte und Patienten besser informierte Entscheidungen treffen. „Patienten mit wiederkehrenden Gallenkoliken profitieren sicherlich von dieser Operation“, sagt de Reuver. „Mehr als ein Drittel der Patienten mit Gallensteinen zeigen jedoch auch Symptome einer Dyspepsie und des Reizdarm-Syndroms. In diesen Fällen ist diese Operation nicht hilfreich. Wir sollten diese Erkrankungen wirklich ausschließen, bevor wir mit einer Cholezystektomie fortfahren.“

Deshalb startet De Reuver eine Folgestudie zur Wirkung einer Lebensstilintervention bei Patienten mit abdominellen Schmerzen und Gallensteinen, bei denen die Entscheidungsregel darauf hindeutet, dass eine Operation nur begrenzte Vorteile hätte. Er erwartet, dass die Lebensstilintervention die Gesundheit und Lebensqualität der Patienten verbessert und die Schmerzen lindert. „In den Niederlanden werden täglich etwa 65 Patienten an der Gallenblase operiert. Das ist ein Bus voll. Wenn wir diese Zahl reduzieren können, sparen wir Kosten und Kapazitäten und erhalten gleichzeitig die Lebensqualität. Das ist fantastisch“, unterstreicht de Reuver.