Bei gleicher Atherosklerose-Belastung: Postmenopausale Frauen mit höherem kardiovaskulärem Risiko als Männer gleichen Alters

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Postmenopausale Frauen mit verengten Arterien benötigen möglicherweise eine stärkere medikamentöse Behandlung zur Verhinderung von Herzinfarkten als Männer. Denn einer neuen Studie zufolge haben sie ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse als Männer im vergleichbaren Alter.

Das geht aus Forschungsergebnissen hervor, die auf dem Kongress EACVI 2023 (European Association of Cardiovascular Imaging), einem wissenschaftlichen Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), vorgestellt und im „European Heart Journal – Cardiovascular Imaging“ veröffentlicht wurden. Bei der Studie an fast 25.000 Erwachsenen wurden bildgebende Verfahren zur Untersuchung der Arterien eingesetzt und die Patienten im Hinblick auf Herzinfarkte und Tod beobachtet.

„Die Studie deutet darauf hin, dass eine bestimmte Atherosklerosebelastung bei Frauen nach der Menopause ein höheres Risiko darstellt als bei Männern in diesem Alter“, so Studienautorin Dr. Sophie van Rosendael vom Leiden University Medical Centre (Niederlande). „Da die atherosklerotische Plaque-Belastung zunehmend als Zielgröße für die Intensität der Therapie zur Vorbeugung von Herzinfarkten herangezogen wird, könnten die Ergebnisse die Behandlung beeinflussen. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Frauen nach der Menopause möglicherweise eine höhere Dosis von Statinen oder die zusätzliche Einnahme eines anderen Lipidsenkers benötigen. Es sind weitere Studien erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen.“

Prognostische Bedeutung atherosklerotischer Plaques bei Frauen vs. Männern

Zwar erleiden auch junge Frauen Herzinfarkte, doch im Allgemeinen entwickeln Frauen Atherosklerose später im Leben als Männer und erleiden Herzinfarkte in höherem Alter als Männer, was zum Teil auf die schützende Wirkung von Östrogen zurückzuführen ist. In der aktuellen Studie untersuchten Rosendael et al., ob die prognostische Bedeutung atherosklerotischer Plaques für Frauen und Männer in verschiedenen Altersstufen gleich ist, da dies für die Auswahl von Behandlungen zur Verhinderung von Herzinfarkten wichtig sein könnte. Die Studie umfasste 24.950 Patienten, die für eine Koronar-Computertomographie-Angiographie (CCTA) überwiesen und in das CONFIRM-Register aufgenommen wurden, welches die Daten aus sechs Ländern in Nordamerika, Europa und Asien sammelt.

Die Forscher bewerteten die gesamte atherosklerotische Belastung jedes Patienten anhand des Leiden-CCTA-Scores, der für jedes Koronarsegment die folgenden Punkte umfasst: Vorhandensein von Plaque (ja/nein), Zusammensetzung (verkalkt, nicht verkalkt oder gemischt), Lage und Schweregrad der Verengung. Der Gesamtwert des Scores liegt zwischen 0 und 42,4 Punkten. Anhand des ermittelten Scores teilten van Rosendael und Kollegen die Studienteilnehmer in drei Kategorien ein, von denen zuvor festgestellt worden war, dass sie das Herzinfarktrisiko vorhersagen: geringe atherosklerotische Belastung (0 bis 5), mittlere (6 bis 20) und hohe (über 20). Darüber hinaus definierten die Forscher eine obstruktive koronare Herzkrankheit als 50%ige Verengung oder mehr.

Das primäre Ergebnis war der Unterschied im Leiden-CCTA-Score zwischen Frauen und Männern gleichen Alters. Die Forscher analysierten auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Häufigkeit schwerer kardiovaskulärer Ereignisse (MACE), zu denen Todesfälle und Myokardinfarkte gehörten, nachdem sie das Alter und die kardiovaskulären Risikofaktoren (Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel, Diabetes, Rauchen und koronare Herzkrankheit in der Familie) berücksichtigt hatten.

Frauen: Spätere Atherosklerose und vermehrt nichtobstruktive Erkrankungen 

Insgesamt wurden 11.678 Frauen (Durchschnittsalter 58,5 Jahre) und 13.272 Männer (Durchschnittsalter 55,6 Jahre) 3,7 Jahre lang beobachtet. Hinsichtlich des primären Ergebnisses zeigte die Studie eine Verzögerung des Beginns der Koronararteriosklerose bei Frauen um etwa 12 Jahre: Einen medianen Leiden-CCTA-Risikoscore über null wiesen Frauen im Alter von 64 bis 68 Jahren auf, Männer bereits im Alter von 52 bis 56 Jahren (p<0,001). Darüber hinaus war die Gesamtplaquebelastung, die durch den Leiden CCTA-Score ermittelt wurde, bei Frauen deutlich geringer, da sie mehr nichtobstruktive Erkrankungen aufwiesen.

„Die Ergebnisse bestätigen die bereits früher gemeldete Verzögerung des Beginns der Atherosklerose bei Frauen“, erläutert van Rosendael. „Wir haben auch festgestellt, dass Frauen eher eine nichtobstruktive Erkrankung haben. Früher ging man davon aus, dass nur obstruktive Atherosklerose einen Herzinfarkt verursacht, aber jetzt wissen wir, dass auch nichtobstruktive Erkrankungen ein Risiko darstellen.“

In der Postmenopause: Bei gleicher Atherosklerose-Belastung höheres MACE-Risiko

Die Belastung durch Atherosklerose war bei prämenopausalen Frauen (unter 55 Jahren) und Männern derselben Altersgruppe gleichermaßen prädiktiv für MACE. Bei postmenopausalen Frauen (55 Jahre und älter) war das MACE-Risiko bei gleichem Score jedoch höher als bei Männern. Bei postmenopausalen Frauen war das MACE-Risiko im Vergleich zu Frauen mit geringer Belastung um das 2,21-Fache bzw. 6,11-Fache höher als bei Frauen mit mittlerer und hoher Belastung. Bei Männern im Alter von 55 Jahren und älter war das MACE-Risiko im Vergleich zu Männern mit geringer Belastung um das 1,57-Fache bzw. 2,25-Fache erhöht.

„In dieser Studie wurde das erhöhte Risiko für Frauen im Vergleich zu Männern vor allem bei postmenopausalen Frauen mit dem höchsten Leiden-CCTA-Score beobachtet. Dies könnte zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass der Innendurchmesser der Koronararterien bei Frauen kleiner ist, was bedeutet, dass die gleiche Menge an Plaque einen größeren Einfluss auf den Blutfluss haben könnte“, verdeutlicht die Expertin. „Unsere Ergebnisse bringen die bekannte Beschleunigung der Atheroskleroseentwicklung nach der Menopause mit einem signifikanten Anstieg des relativen Risikos für Frauen im Vergleich zu Männern in Verbindung, trotz einer ähnlichen Belastung durch atherosklerotische Erkrankungen. Dies könnte Auswirkungen auf die Intensität der medikamentösen Behandlung haben.“