Besiedelung des Verdauungstraktes: Toxin von Candida albicans spielt eine besondere Rolle

Candida albicans in der Hefe- und Hyphenform auf menschlichen Epithelzellen. (Abbildung: © Gudrun Holland, Muhsin Özel, Katherina Zakikhany und Bernhard Hube/Leibniz-HKI)

Der Hefepilz Candida albicans kommt im Verdauungstrakt der meisten Menschen vor und kann leichte bis schwere Infektionen im ganzen Körper auslösen. Daran ist das Toxin Candidalysin beteiligt, das offenbar eine wichtige Rolle bei der Besiedlung des Verdauungstraktes spielt.

Dies hat ein Team des Leibniz-Institutes für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) in Zusammenarbeit mit Forschenden der US-amerikanischen Brown University herausgefunden.

„In unserer Studie haben wir uns auf C. albicans und die Bedeutung seines Toxins Candidalysin fokussiert”, berichtet Richard Bennett, Professor an der Brown University in Providence, Rhode Island (USA). „Der Hefepilz ist ein natürlicher Teil des menschlichen Mikrobioms und koexistiert mit zahlreichen anderen Mikroorganismen wie Bakterien in unserem Magen-Darm-Trakt.”

Dabei vermehrt sich C. albicans in zwei verschiedenen Wachstumsformen: einer runden Hefeform und einer länglichen Hyphenform. „Bisherige Studien bei Mäusen deuteten darauf hin, dass die Hefeform vorteilhaft für die Besiedlung des Darms ist”, erklärt Bernhard Hube. Er ist Abteilungsleiter am Leibniz-HKI und Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Seine krankmachende Wirkung entwickelt der Pilz vor allem in der Hyphenform. Diese sondert Candidalysin ab und schädigt damit Wirtszellen”, erläutert der Wissenschaftler. „Wenn C. albicans vor allem als Besiedler des Darms existiert, also als runde Hefeform, warum sind dann fast alle Isolate des Pilzes in der Lage, Hyphen zu bilden?”, fragten sich Bennett und Hube. „Welcher Selektionsdruck sorgt dafür, dass die Pilze die Fähigkeit, Hyphen zu bilden, nicht verlieren?”

Vergleichende Studien an Mäusen mit vollständigem und durch Antibiotika reduziertem Mikrobiom zeigen nun, dass die bisherige Annahme, wonach die Hefeform besser für die Besiedelung geeignet ist, revidiert werden muss. Sobald eine komplexe Bakteriengemeinschaft ,ist, nutzt C. albicans sowohl die Hefe- als auch die Hyphenformen, um den Darm effizient zu besiedeln. Aber warum ist die Hyphenform vorteilhaft, wenn Bakterien vorhanden sind?

„Nur in der Hyphenform produziert der Pilz das Toxin Candidalysin, und das wirkt antibakteriell”, sagt Hube. „Damit ermöglicht die Hyphenform, mit Bakterien im Magen-Darm-Trakt zu konkurrieren. Das Toxin hemmt den Stoffwechsel und damit die Vermehrung der Bakterien. Das gibt dem Pilz einen Konkurrenzvorteil. Die mit der Hyphenbildung assoziierte Ausschüttung von Candidalysin trägt also wohl dazu bei, dass der Pilz ein so erfolgreicher Besiedler des Menschen ist. Dies kann erklären, warum die Hyphenform von C. albicans auch während der Besiedlung des Darms so wichtig ist.” Wird die Hyphenbildung blockiert, kann der Pilz den Darm auch weniger gut besiedeln.

„Der Pilz hat das Toxin also nicht in erster Linie entwickelt, um menschliche Zellen zu schädigen, sondern um auf Schleimhäuten mit Bakterien konkurrieren zu können”, fasst Hube die Kernaussage der Studie zusammen. Das Zusammenspiel zwischen Pilzen und Bakterien und deren Auswirkungen auf den Wirt wollen die Forschenden genauer untersuchen. „Dafür bietet uns der Exzellenzcluster ,Balance of the Microverse‘ der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit seinem Fokus auf mikrobiellen Interaktionen ein optimales Umfeld”, sagt Hube.