Beziehung mit Machtgefälle: Der Hund – Mischung aus Kind und bestem Freund

Mischung aus Kind und bestem Freund, mit Machtungleichgewicht: Wie Hunde in unsere sozialen Netzwerke passen. Foto: © Eniko Kubinyi

Viele Menschen betrachten ihren Hund als Familienmitglied, Freund oder Kind. Doch ähnelt die Beziehung zu ihm wirklich diesen menschlichen Beziehungen? Eine Studie beleuchtet, wie Hunde in unsere sozialen Netzwerke passen.

Forschende der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE) in Budapest, Ungarn, haben nun die genaue Rolle von Hunden in menschlichen sozialen Netzwerken untersucht, indem sie Mensch-Hund-Beziehungen mit Mensch-Mensch-Beziehungen anhand von 13 Beziehungsskalen verglichen.

Ihre Studie ergab, dass die Beziehung zwischen Besitzer und Hund als eine Mischung aus Kinder- und bester-Freund-Beziehung interpretiert werden kann. Sie verbindet positive Aspekte der Kinderbeziehung mit dem Fehlen negativer Aspekte einer Freundschaft, gepaart mit einem hohen Maß an Kontrolle über den Hund. Interessanterweise bewerten Besitzer ihre Beziehung zu ihrem Hund zwar oft als besser als jede menschliche Bindung, doch die Studie ergab auch, dass mehr Unterstützung in menschlichen Beziehungen mit mehr Unterstützung in der Hund-Besitzer-Bindung korreliert.

Dies deutet darauf hin, dass Hunde menschliche Beziehungen ergänzen, anstatt deren Defizite zu kompensieren.

Unsere Beziehung zu Hunden hat sich seit der Domestizierung dramatisch verändert. Einst hauptsächlich Arbeitstiere, sind Hunde zu geschätzten Begleitern geworden, die in vielen westlichen Gesellschaften oft als „Kinderersatz“ gelten. Trotz dieses Wandels ist wenig über die spezifischen sozialen Rollen bekannt, die Hunde in unserem Beziehungsnetzwerk spielen.

Menschliche soziale Netzwerke bestehen aus verschiedenen Partnern, die unterschiedliche Formen der Unterstützung bieten. So bieten beispielsweise Liebespartner Intimität und Hilfe, Kinder bieten Möglichkeiten zur Fürsorge und Beziehungssicherheit, während beste Freunde Quellen für konfliktarme Kameradschaft sind. Die kürzlich in „Scientific Reports“ veröffentlichte Studie untersuchte, wie Hunde im Vergleich zu diesen menschlichen Beziehungen abschneiden. Über 700 Hundebesitzer bewerteten 13 Beziehungsmerkmale zwischen ihren Hunden und vier menschlichen Partnern: ihrem Kind, ihrem Partner, ihrem engsten Verwandten und ihrem besten Freund.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Hundehalter die Bindung zu ihrem Hund als die befriedigendste und ihren Hund als ihre beste Kameradschaft empfanden.

Sie empfanden auch, dass ihr Hund sie von allen Partnern am meisten liebte. Ähnlich wie Kinder schnitten Hunde zudem bei der Fürsorge und Beziehungssicherheit gut ab und zeigten, wie in Beziehungen zu besten Freunden üblich, wenig Feindseligkeit und Konflikte mit ihren Besitzern. Allerdings besteht in der Beziehung zu Hunden auch ein größeres Machtungleichgewicht gegenüber dem Besitzer als zu jedem menschlichen Partner.

„Anders als in menschlichen Beziehungen behalten Hundebesitzer die volle Kontrolle über ihre Hunde, da sie die meisten Entscheidungen treffen. Dies trägt zu der hohen Zufriedenheit bei, die die Besitzer berichten. Im Vergleich zu Menschen ist die Beziehung zu Hunden von wenigen Konflikten und minimalen negativen Interaktionen geprägt. Die Machtasymmetrie, die Kontrolle über ein Lebewesen, ist für viele ein grundlegender Aspekt der Hundehaltung“, erklärt Seniorautorin Enikő Kubinyi, Leiterin der Abteilung für Ethologie am ELTE und Leiterin der MTA-ELTE „Momentum“-Forschungsgruppe für Haustiere.

„Die Ergebnisse unterstreichen, dass Hunde einen einzigartigen Platz in unserer sozialen Welt einnehmen – sie bieten die emotionale Nähe eines Kindes, die Ungezwungenheit eines besten Freundes und die Vorhersehbarkeit einer von menschlicher Kontrolle geprägten Beziehung. Dies zeigt, warum unsere Bindungen zu ihnen oft so tief erfüllend sind.“

Foto: © Eniko Kubinyi

Die Studie untersuchte auch den Zusammenhang zwischen der Bewertung von Beziehungen zwischen Hunden und Menschen: Die Wissenschaftler fanden heraus, dass starke menschliche Beziehungen mit einer stärkeren Bindung zu Hunden korrelieren.

„Wir hatten erwartet, dass Menschen mit schwachen menschlichen Beziehungen stärker auf die Unterstützung ihrer Hunde angewiesen sind, doch unsere Ergebnisse widersprechen dem“, sagt Co-Autorin Dorottya Ujfalussy. „In unserer Stichprobe schienen die Menschen Hunde nicht zu nutzen, um die unzureichende Unterstützung in ihren menschlichen Beziehungen zu kompensieren.“

Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass ihre Stichprobe aus Freiwilligen bestand, die wahrscheinlich zufriedener mit ihren Beziehungen waren als der durchschnittliche Hundebesitzer. Die Studie erfasst daher möglicherweise nicht vollständig die Erfahrungen gefährdeter Personen, die stärker auf die emotionale Unterstützung ihrer Hunde angewiesen sind.

„Hunde bieten je nach den Bedürfnissen ihrer Besitzer unterschiedliche Arten emotionaler und sozialer Unterstützung“, erklärt Borbála Turcsán, Erstautorin der Studie. „Manche Menschen suchen Gesellschaft und Spaß, andere brauchen Vertrauen und Stabilität, und manche genießen es einfach, jemanden zu haben, um den sie sich kümmern können.“

Anstatt die Beziehung zwischen Hund und Besitzer in die vordefinierten Kategorien einzuordnen, die traditionell in solchen Studien verwendet werden – wie „Familienmitglied“ oder „Haustier“ –, führten die Forscher einen neuen, mehrdimensionalen Ansatz ein, der die Komplexität besser erfasst. Dieser Rahmen hilft nicht nur zu verstehen, wie Hunde in unser Sozialleben passen, sondern kann auch Aufschluss darüber geben, wo Menschen sich an Hunde wenden, um emotionale Lücken zu füllen, und warum die Bindung bei vielen so tief ist.