Bislang keine Hinweise auf kardiovaskuläre Vor- oder Nachteile durch glutenarme Ernährung29. März 2022 Foto: ©beats_ -stock.adobe.com Kann man mit einer glutenreduzierten oder glutenfreien Ernährung Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems vorbeugen oder ist „glutenfrei“ sogar schädlich für das Herz, wie manche Studien vermuten lassen? Ein neuer Review von Cochrane Deutschland gibt Aufschluss. Sich glutenarm zu ernähren oder ganz auf das in verschiedenen Getreidesorten wie Weizen enthaltene Kleber-Eiweiß zu verzichten, wird immer beliebter: Umfragen zufolge geben bereits vier Prozent aller Deutschen an, sich glutenfrei zu ernähren. Für Menschen mit Zöliakie ist der Verzicht auf Gluten tatsächlich eine medizinische Notwendigkeit. Diese durch Gluten ausgelöste Autoimmunkrankheit des Dünndarmes trifft allerdings nur rund ein Prozent der Bevölkerung. Aber auch viele Menschen, die eigentlich nicht darauf verzichten müssen, versprechen sich von einem Leben ohne Gluten positive Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden. Gluten wird mit negativen gesundheitlichen Auswirkungen in Verbindung gebracht, insbesondere mit Problemen des Magen-Darm-Traktes wie Durchfall oder einer ungenügenden Aufnahme von Nährstoffen. Ist glutenfrei wirklich gesünder? Gleichzeitig gibt es Bedenken, dass eine glutenfreie Ernährung nicht ausgewogen ist, aufgrund des geringeren Konsums von Vollkornprodukten und weil viele glutenfreie Produkte relativ viel Fett, Zucker und damit Kalorien enthalten. Folge einer unausgewogenen Ernährung können auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Ein Team von Cochrane-Autorinnen und -Autoren um Christine Schmucker vom Institut für Evidenz in der Medizin am Uniklinikum Freiburg hat nun den Zusammenhang zwischen einer glutenreduzierten bzw. glutenfreien Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter die Lupe genommen. Zentrale Ergebnisse des Cochrane Reviews „Die derzeit vorliegende Evidenz zeigt keinen klaren Zusammenhang zwischen glutenarmer Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weder für ein erhöhtes, noch für ein vermindertes Erkrankungsrisiko“ sagt Erstautorin Christine Schmucker. Allerdings habe sich ein möglicher Zusammenhang zwischen einer reduzierten Aufnahme von Gluten und einem leicht erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes gezeigt, so Schmucker. Diabetes wiederum sei ein bedeutender Risikofaktor für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. „Insgesamt ist die Evidenz aber von geringer bis sehr geringer Vertrauenswürdigkeit und deshalb kaum geeignet, um daraus Empfehlungen für die Praxis abzuleiten.“ Der Cochrane Review im Detail Das Autorenteam identifizierte eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) und drei nichtrandomisierte Beobachtungsstudien. Die RCT wurde in Italien durchgeführt und umfasste 60 gesunde Erwachsene mit einer Nachbeobachtungszeit von sechs Monaten. Die nichtrandomisierten Studien umfassten mehr als 450.000 Teilnehmende, die maximale Nachbeobachtungszeit lag bei mehr als 25 Jahren. Der niedrigste Wert (Median) der Glutenaufnahme lag bei 2,6 g/Tag und der höchste Wert bei 9,4 g/Tag. Dabei entspricht 1 g/Tag Glutenaufnahme einer halben Scheibe Weißbrot. In der RCT wurde eine glutenfreie mit einer herkömmlichen Ernährungsweise verglichen. Ergebnisse im Detail (Stand der Evidenz: Juni 2021) Sterblichkeit aufgrund eines kardiovaskulären Ereignisses: Kein Unterschied zwischen hohem und niedrigem Gluten-Konsum erkennbar, basierend auf 3364 Todesfällen unter den Teilnehmenden binnen 26 Jahren. Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE: Niedrig Gesamtsterblichkeit: Kein Unterschied erkennbar (basierend auf über 6000 Todesfällen). GRADE: Sehr niedrig Herzinfarkt: Kein Unterschied erkennbar (>4000 Fälle). GRADE: Niedrig Diabetes vom Typ 2: Leicht erhöhtes Risiko (14%) bei glutenarmer Ernährung (ca. 16.000 Fälle) GRADE: Niedrig Kurzfristige Effekte in RCT (Blutdruck, LDL, Körpergewicht): Keine klaren Unterschiede nach 6 Monaten GRADE: Sehr niedrig.
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