Britische Studie zur besseren Identifizierung von HCV durch Hausärzte: Wirksame Maßnahme12. März 2020 Foto: © Coloures-Pic/Adobe Stock Die erste klinische Studie in Großbritannien zur besseren Identifizierung und Behandlung von Patienten mit Hepatitis C (HCV) im Rahmen der Primärversorgung hat gezeigt, dass darauf abzielende Maßnahmen effektiv, für das beteiligte Praixspersonal akzeptabel und für das National Health System (NHS) äußerst kostengünstig sind. Die von Wissenschaftlern der Universität Bristol durchgeführte HepCATT-Studie (Hepatitis C Assessment to Treatment Trial), deren Ergebnisse Ende Februar im „British Medical Journal“ veröffentlicht wurde, liefert laut den Autoren belastbare Evidenz für wirksame Maßnahmen, die Allgemeinmediziner ergreifen sollten, um HCV-Tests und -Behandlungen zu verbessern. In der vom National Institute for Health Research finanzierten Studie wurde untersucht, ob eine mehrteilige Intervention in Hausarztpraxen die Identifizierung und Behandlung von HCV-infizierten Patienten im Vergleich zur üblichen Versorgung verbessern könnte. Die Studie war im Südwesten Englands angesiedelt; 22 Praxen wurden nach dem Zufallsprinzip der Intervention und 23 dem Kontrollarm zugeordnet. Die Wissenschaftler entwickelten einen Algorithmus, um Patienten mit HCV-Risikomarkern zu kennzeichnen und sie per Brief zu einem HCV-Test einzuladen oder den Arzt während Patiententerminen durch eine Pop-up-Nachricht im Computer zu einer solchen Einladung zu veranlassen. Das Praxispersonal erhielt eine HCV-Schulung; außerdem wurden HCV-Poster und -Faltblätter in Wartezimmern platziert, um das Bewusstsein der Patienten zu schärfen. Rund fünf Prozent aller Patienten in der Studie waren mit HCV-Risikomarkern gekennzeichnet. 16 Prozent der gekennzeichneten Patienten wurden in HepCATT-Interventionspraxen auf HCV getestet, verglichen mit zehn Prozent in den Kontrollpraxen – ein Anstieg von 59 Prozent nach Anpassung an die Merkmale der verschiedenen Praxen. Im Vergleich zu den Kontrollpraxen wurden in den Interventionspraxen fünfmal so viele Patienten auf die Möglichkeit einer HCV-Therapie untersucht. Die Intervention war vergleichsweise kostengünstig und und belief sich auf durchschnittlich 624 britische Pfund (GBP) pro Hausarztpraxis und 3165 GBP pro jedem weiteren Patienten, der hepatologisch untersucht wurde. Der Gesamtnutzen – unter Berücksichtigung der künftigen Minimierung chronischer Erkrankungen – wurde auf 6212 GBP pro gewonnenem Qualitäts-adjustiertem Lebensjahr (QALY) geschätzt, was weit unter den durchschnittlichen Kosten einer Intervention im Rahmen des NHS und unter der Schwelle des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) für die Empfehlung von Interventionen (20.000 GBP/QALY) liegt. Matt Hickman, Professor für Public Health und Epidemiologie sowie Co-Direktor der Health Protection Research Unit in Evaluation of Interventions des National Institute for Health Research (NIHR) an der Universität Bristol, der die Studie leitete, sagt: „Wir wissen, dass die Ausweitung der Hepatitis-C-Fallfindung und -Behandlung neben Interventionen, die die Übertragung zwischen Konsumenten injizierbarer Drogen minimieren, für die langfristige Prävention chronischer Hepatitis-C- sowie Hepatitis-C-bedingter Krankheiten und der Mortalität von entscheidender Bedeutung ist. Die HepCATT-Intervention hatte zwar nur moderate Auswirkungen, war aber in hohem Maße kosteneffizient. Wir empfehlen daher, die Einführung im gesamten NHS in Betracht zu ziehen und die Maßnahme vor einer umfassenden Implementierung weiter zu verfeinern und zu verbessern.“ Prof. Graham Foster von der Queen Mary’s University in London (Großbritannien) und klinischer Leiter der Abteilung Hepatologie bei Barts Health ergänzt: „Chronische Hepatitis-C-Infektionen sind eine der Hauptursachen für Lebererkrankungen und Krebs. Wir arbeiten daran, dass England zu den ersten Ländern der Welt gehört, die diese Infektion eliminieren. Unsere Kollegen in der Grundversorgung sind wichtige Partner der Kampagne, und HepCATT bietet die wesentliche Evidenzbasis, um die Tests auf erschwingliche und kosteneffiziente Art und Weise auf die Primärversorgung auszudehnen.“ Dr. Sema Mandal, Epidemiologin und leitende medizinische Beraterin für Hepatitis bei Public Health England, erklärt: „Bei fast 100.000 Menschen, die mit einer nicht diagnostizierten Hepatitis C leben, ist es wichtig, dass wir neue Wege optimieren und implementieren, um die Fallfindung in der Grundversorgung zu verbessern. Dieser neue Ansatz nicht erhöht nicht nur die Anzahl durchgeführter Tests, sondern stellt auch sicher, dass mehr Menschen Zugang zu lebensrettenden Therapien bekommen. Public Health England arbeitet mit dem NHS England und wissenschaftlichen Partnern zusammen, um die Hepatitis C als große Bedrohung der öffentlichen Gesundheit zu beseitigen. Dieser neue Ansatz wird dazu beitragen, diese Bemühungen zu beschleunigen.“ Die Ergebnisse einer qualitativen Bewertung der Intervention wurde im „British Journal of General Practice“ veröffentlicht. Sie zeigten, dass Allgemeinmediziner den elektronischen Algorithmus schätzten; dieser lieferte ihnen eine Liste von Patienten mit HCV-Risikofaktoren, die Allgemeinmedizinern möglicherweise noch unbekannt sind und auf die sie testen sollten. Die Allgemeinmediziner begrüßten außerdem, dass sie so die Gelegenheit hatten, Tests bei ihren Patienten zu thematisieren – insbesondere bei Patienten, die sich ihres HCV-Risikos möglicherweise nicht bewusst waren. Das Training erhöhte das HCV-Bewusstsein und die Kenntnisse der Allgemeinmediziner über Risikofaktoren. Diese Tatsache an sich war schon Anlass für opportunistische Tests. Allgemeinmediziner schlugen im Rahmen der Bewertung vor, den Algorithmus zu verfeinern, um Risikofaktoren zu gewichten. Eine weitere Idee war, die Pop-up-Software vollständig in die elektronische Patientenakten zu integrieren und zusätzliche Ressourcen für die Überprüfung von Listen und die Durchführung von Tests bereitzustellen. Dr. Jeremy Horwood, außerordentlicher Professor für Sozialwissenschaften und Gesundheit am Centre for Academic Primary Care der Universität Bristol, der die qualitative Bewertung leitete, betont: „Mit angemessenen Ressourcen und Technologien kann die Primärversorgung bei der Identifizierung von Patienten mit Hepatitis-C-Infektion, de möglicherweise von einer Behandlung profitieren, eine wichtige Rolle spielen. Die kostengünstige HepCATT-Intervention bietet Medizinern in der Primärversorgung eine Reihe von Instrumenten, um die Identifizierung und Versorgung von HCV-infizierten Patienten zu verbessern und HCV-bedingte Krankheiten zu verhindern. Dies könnte Großbritannien dabei helfen, das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO zu erreichen: Dass bis zum Jahr 2030 mit 90 Prozent fast alle Infizierten ihren Status kennen.” In Großbritannien leiden rund 143.000 Menschen an einer chronischen HCV-Infektion, von denen 85 Prozent in der Vergangenheit intravenös Drogen konsumiert haben. Da über viele Jahre hinweg keine Symptome auftreten, weiß weniger als die Hälfte der Infizierten, dass sie an HCV leidet. Viele weitere Betroffene werden nicht behandelt, was das Risiko einer Leberschädigung erhöht und wodurch das Virus an andere weitergegeben wird. Das NICE in England empfiehlt, dass Allgemeinmediziner mehr auf HCV testen und häufiger behandeln sollten – insbesondere bei Menschen, die intravenös Drogen konsumieren. Es fehlen jedoch belastbare Evidenz für wirksame Interventionen, und die Test- und Behandlungsraten sind vielerorts niedrig.
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