CALD: Gentherapie erfolgreich, aber mit deutlichen Risiken24. Oktober 2024 Foto: © herraez – stock.adobe.com Zwei Beiträge im „New England Journal of Medicine“ beschreiben die Langzeitergebnisse der Gentherapie bei Zerebraler Adrenoleukodystrophie (CALD) und weisen auf Sicherheitsbedenken hin: Einige Patienten entwickelten Blutkrebs. Die zerebrale Adrenoleukodystrophie (CALD) ist eine seltene, fortschreitende, genetisch bedingte Gehirnerkrankung, die vor allem bei Jungen auftritt und zum Verlust neurologischer Funktionen und schließlich zum frühen Tod führt. Forscher des Massachusetts General Hospital und des Boston Children’s Hospital haben gezeigt, dass sechs Jahre nach der Behandlung mit der ersten für CALD zugelassenen Gentherapie bei 94 Prozent der Patienten keine Verschlechterung der neurologischen Funktionen eingetreten ist und mehr als 80 Prozent der Patienten frei von schwerwiegenden Behinderungen sind. „Die zerebrale Adrenoleukodystrophie ist eine verheerende Hirnerkrankung, die Kinder in der Blüte ihrer Kindheit und Entwicklung trifft“, erklärt Dr. Florian Eichler, Direktor der Leukodystrophie-Klinik in der Abteilung für Neurologie am Massachusetts General Hospital und Erstautor des Artikels über die Langzeitergebnisse. „Als ich anfing, Patienten mit CALD zu behandeln, kamen 80 Prozent in unsere Klinik, die dem Tod nahe waren, und jetzt hat sich das Verhältnis umgekehrt. Wir freuen uns vorsichtig darüber, dass wir diese neurologische Erkrankung stabilisieren und diesen Jungen ein erfülltes Leben zurückgeben konnten, aber dieser Jubel wird durch die Tatsache gedämpft, dass wir bei einer Untergruppe dieser Patienten eine bösartige Erkrankung feststellen. Das ist etwas, das wir aktiv versuchen zu verstehen und anzugehen.“ Im Jahr 2022 genehmigte die US-Arzneimittelbehörde FDA die erste Gentherapie für CALD, elivaldogene autotemcel (eli-cel), die von den Forschern des Mass General und des Boston Children’s Hospital klinisch untersucht wurde. In der neuen Studie erhielten 32 Jungen im Alter von drei bis 13 Jahren mit CALD im Frühstadium eli-cel im Rahmen der ALD-102-Studie, die von bluebird, bio, Inc. gesponsert wurde, dem Unternehmen, das die Therapie entwickelt hat. Bei der Therapie wird ein lentiviraler Lenti-D-Vektor verwendet, um den Blutstammzellen, die dem Patienten entnommen wurden, eine gesunde Kopie des ABCD1-Gens hinzuzufügen, das bei CALD-Patienten fehlerhaft ist. Diese Stammzellen werden dann dem Patienten durch eine autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) wieder zugeführt. Durch die Verwendung patienteneigener Zellen wird das Risiko einer Graft-versus-Host-Reaktion erheblich verringert. In der ALD-102-Studie entwickelte ein Patient ein sogenanntes myelodysplastisches Syndrom (MDS) mit einem Überschuss an Blasten – eine hämatologische Malignität, die offenbar durch den lentiviralen Vektor Lenti-D ausgelöst wurde, mit dem die Gentherapie verabreicht wurde. In einer zweiten, neueren Studie mit der eli-cel-Therapie (ALD-104) entwickelten sechs von 35 Patienten ein hämatologisches Malignom (MDS bei fünf Patienten und akute myeloische Leukämie bei einem), das offenbar ebenfalls durch den Vektor verursacht wurde. Das Protokoll der zweiten Studie, ALD-104, unterschied sich von dem der ersten Studie unter anderem durch die Verwendung eines anderen Chemotherapeutikums während der HSCT (Fludarabin anstelle von Cytoxan), was zu dem offensichtlich erhöhten Leukämierisiko in dieser zweiten Studie beigetragen haben könnte. „Unsere Veröffentichung über Leukämien bei dieser Erkrankung dient als wichtiger Schritt zur Bewertung der Risiken, die mit der eli-cel-Therapie und der lentiviralen Vektortechnologie verbunden sind“, erklärte Dr. Christine Duncan, medizinische Leiterin der klinischen Forschung und klinischen Entwicklung im Gentherapieprogramm am Boston Children’s Hospital und Erstautorin des zweiten Berichts. „Obwohl die Ergebnisse der Studie insgesamt optimistisch sind, hoffen wir, unsere Forschung ausweiten zu können, um Familien, die mit einer verheerenden Krankheit konfrontiert sind, mehr Informationen und Optionen zur Verfügung stellen zu können.“ Die Forscher werden weiterhin die möglichen Ursachen der hämatologischen Malignität untersuchen, die komplex und noch nicht vollständig geklärt sind. Die Verbesserung lentiviraler Vektoren und die Verfeinerung von HSCT-Therapien für CALD haben hohe Priorität. Da das Neugeborenen-Screening auf Adrenoleukodystrophie die Möglichkeit der Früherkennung von CALD verbessert, könnten sich die Möglichkeiten zur Identifizierung von Patienten, die von einer Gentherapie profitieren könnten, erweitern, insbesondere bei Patienten, die keinen passenden Spender für eine allogene HSZT haben. „Sowohl als Kliniker als auch als leitender Forscher ist es wirklich inspirierend, die bedeutenden Fortschritte zu sehen, die wir in den letzten zehn Jahren im Kampf gegen CALD gemacht haben“, sagte Dr. David A. Williams, Leiter der Abteilung für Hämatologie/Onkologie am Boston Children’s Hospital. „Die mit der Gentherapie und der Vektortechnologie verbundenen Risiken sind zwar real, aber die Fortschritte, die wir erzielt haben, geben betroffenen Familien Anlass zur Hoffnung. Wir forschen kontinuierlich daran, die Sicherheit des Vektors zu verbessern, um die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit gentherapeutischer Behandlungen für diese verheerende Krankheit zu gewährleisten.“
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