CAR-T-Zell-Therapie erstmals bei schwerer Darmerkrankung erfolgreich

Foto: © Terver/stock.adobe.com

Einem Ärzteteam am Deutschen Zentrum Immuntherapie des Uniklinikums Erlangen ist es nach eigenen Angaben weltweit erstmals gelungen, eine junge Patientin mit therapieresistenter, schwerer Colitis ulcerosa erfolgreich mit CD19-CAR-T-Zellen zu behandeln.

Die Ergebnisse dieser neuartigen Behandlung wurden in der aktuellen Ausgabe des „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.

Der aktuelle Fall

Die 21-jährige Patientin war seit fünf Jahren an einer hochaktiven C. ulcerosa erkrankt und sprach auf keine der verfügbaren Medikamente mehr an – darunter verschiedene zielgerichtete Biologika oder JAK-Inhibitoren. Die Lebensqualität der jungen Frau war deutlich beeinträchtigt und bei mehreren blutigen Durchfällen und wiederkehrenden Bauchschmerzen im Tagesverlauf waren alltägliche Aufgaben belastend, eine Berufstätigkeit war kaum möglich und selbst Arztbesuche am Zentrum für Chronisch-Entzündliche Darmerkrankungen des Uniklinikums Erlangen waren beschwerlich.

Nach der CAR-T-Zell-Therapie veränderte sich das Bild dann grundlegend: Die Durchfälle und Bauchschmerzen verschwanden vollständig, die Darmspiegelungen zeigten eine komplette Abheilung der vorher entzündeten Darmschleimhaut und das Körpergewicht stieg innerhalb weniger Monate auf ein gesundes Normalmaß. Erstmals seit Jahren ist für die Patientin wieder ein normales Leben möglich.

Gewinnung und Anwendung von CAR-T-Zellen

Für die Behandlung werden T-Lymphozyten) aus dem Patientenblut entnommen und gentechnisch so verändert, dass sie das Oberflächenmolekül CD19 erkennen. CD19 ist charakteristisch für B-Lymphozyten, die bei vielen Autoimmunerkrankungen fehlgesteuert sind. Ursprünglich für Patienten mit malignen Erkrankungen der B-Zellen entwickelt, hatte Studien inzwischen auch für bestimmte Autoimmunerkrankungen eine positive Wirkung von CAR-T-Zellen gezeigt.

Der besondere Vorteil: Die veränderten CAR-T-Zellen dringen tief in das betroffene Gewebe ein und schalten dort die „kranken“ autoreaktiven B-Zellen nachhaltig aus. Die kranken B-Zellen werden dann im Verlauf durch gesunde, wieder funktionstüchtige Zellen ersetzt. Damit eröffnet sich ein komplett neuer Behandlungsansatz für Patienten mit schweren Autoimmunerkrankungen, die bisher als nicht heilbar galten.

Enge Zusammenarbeit und lokale Herstellung der CAR-T-Zellen am Uniklinikum Erlangen

Die Behandlung mit CAR-T-Zellen am Deutschen Zentrum Immuntherapie wurde durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie und der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie in enger Kooperation mit der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie ermöglicht. Die Herstellung der CAR-T-Zellen erfolgte in einem spezialisierten Reinraumlabor der Medizinischen Klinik 5 unter Leitung von PD Dr. Michael Aigner.

Bedeutung und Ausblick

Dieser weltweit erste Einsatz von CD19-CAR-T-Zellen bei C. ulcerosa zeigt, dass selbst bei Erkrankungen, bei denen die Bedeutung fehlgesteuerter B-Zellen als Ursache unklar war, ein vollständiges Ansprechen mit nachfolgender Medikamentenfreiheit möglich ist. „Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend und geben Anlass zu großer Hoffnung für Betroffene“, erklärt Prof. Dr. Fabian Müller, Leiter der CAR-T-Zell-Einheit an der Medizinischen Klinik 5.

Gleichzeitig betont Prof. Raja Atreya, Oberarzt der Medizinischen Klinik 1: „Es handelt sich bislang um einen Einzelfall. Um Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie beurteilen zu können, müssen weitere Patientinnen und Patienten in Studien behandelt werden. Nur so lässt sich klären, welche Patientinnen und Patienten von dieser neuen Therapie besonders profitieren.“