CED: Unterschiede beim genetischen Risiko von Menschen afroamerikanischer und europäischer Abstammung

Morbus Crohn (Abbildung: © Alex/stock.adobe.com

Bei Afroamerikanern unterscheidet sich die genetische Risikolandschaft für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) stark von der von Menschen mit europäischer Abstammung.

Dies geht aus den Ergebnissen der ersten Gesamtgenomstudie zu CED bei Afroamerikanern hervor. Die Autoren unterstreichen, dass die klinische Forschung zu CED in Zukunft die Abstammung von Patienten berücksichtigen müsse.

Für die multizentrische Studie wurde das gesamte Genom von mehr als 1700 Betroffenen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie von mehr als 1600 Kontrollen analysiert. Im Rahmen ihrer Analyse entwickelten die Forscher einen Algorithmus, der die Abstammung bei der Berechnung eines polygenen CED-Risiko-Scores berücksichtigt.

„Obwohl die Erkrankung auf das gleiche Ziel hinsteuert, sehen die Populationen sehr unterschiedlich aus, was die spezifischen Gene betrifft, die zum Risiko für eine CED beitragen“, sagt Hauptautor Dr. Subra Kugathasan, wissenschaftlicher Leiter des Programms für pädiatrische CED und Leiter des Zentrums für Transplantation und immunvermittelte Störungen bei Children’s Healthcare in Atlanta (USA). „Die Studie zeigt, dass man keinen polygenen Risiko-Score basierend auf einer Population entwickeln und auf eine andere anwenden kann.“

„Eines unserer Ziele bei der Behandlung von CED ist ein stärker personalisierter Ansatz“, erklärt der ebenfalls an der Studie beteiligte Dr. Dermot McGovern vom Lehrstuhl für die Genetik entzündlicher Darmerkrankungen am Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles (USA). „Die Entschlüsselung der genetischen Architektur ist ein wichtiger Teil dieser Bemühungen. Studien wie diese sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen, einschließlich Afroamerikaner, von den enormen Fortschritten profitieren, die die Genommedizin verspricht.“

Ein Verwandter ersten Grades mit einer Form von CED bringt ein höheres Risiko mit sich als jeder bekannte Umweltfaktor. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass Afroamerikaner ein geringeres Risiko für CED haben. Laut Kugathasan sagt, dass die Ansicht Unterschiede in der Diagnose und im Zugang zur Gesundheitsversorgung widerspiegeln könnte.

Die Studie zeigte, dass der Anteil des wichtigsten genetischen Risiko-Locus für CED bei Afroamerikanern – PTGER4 – in Populationen mit europäischen Vorfahren relativ gering ist, berichtet Kugathasan. Im Gegensatz dazu spielten zwei Loci, die bei Europäern wichtig sind – NOD2 und IL23R – bei Afroamerikanern eine geringere Rolle.

Es gibt einige Überschneidungen bei genetischen Risikofaktoren in der afroamerikanischen Bevölkerung mit einem genetischen europäischen Hintergrund von etwa 20 Prozent, wobei bekannte CED-Risikofaktoren wie IL23R von der europäischen Seite der Vorfahren stammen.

2016 hatte das Forscherteam die erste genomweite Assoziationsstudie zu CED unter Afroamerikanern veröffentlicht. Darin wurden Regionen des Genoms identifiziert, die nur bei Menschen afrikanischer Herkunft mit einer Colitis ulcerosa assoziiert sind.

Zukünftige klinische Studien zu CED-Therapien müssten den genetischen Hintergrund bestimmter Populationen berücksichtigen, erklärt Kugathasan. Es würden verschiedene Therapien für CED entwickelt, die auf den IL23-Rezeptorweg abzielen, auch weil IL23R ein wichtiger genetischer Risikofaktor ist. PTGER4 stünde dabei kaum im Fokus, sagt er . Das müsse sich ändern.

In der aktuellen Studie wurden auch seltene genetische Varianten mit CED-Risiko identifiziert, die spezifisch für Afroamerikaner sind und in früheren Studien nicht beobachtet wurden. Die Varianten sind mit dem für Calbindin 2 (CALB2) kodierenden Gen verbunden, einem Protein, das an der Signalübertragung des Nervensystems beteiligt ist.

Was zur Enttäuschung der Forscher in der neuen Studie nicht beobachtet wurde war eine Vielzahl seltener genetischer Varianten, die die „fehlende Erblichkeit“ von CED bei Afroamerikanern erklären könnte. In genomweiten Assoziationsstudien bezieht sich die fehlende Heritabilität auf das Krankheitsrisiko, das nicht durch häufige Genvarianten erklärt wird.

Für die Zukunft des CED-Forschung sieht Kugathasan voraus, dass Studien zu Interaktionen von Genen und Umwelt – bei denen Faktoren wie Ernährung, Mikrobiom oder toxische Expositionen untersucht werden – weitere Erkenntnisse jenseits genomweiter Assoziationsstudien liefern könnten.