Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Zwei bisher unbekannte Bakterienarten identifiziert

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Forschende aus den Niederlanden und den USA haben zwei neue Bakterienarten bei Patienten mit Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) isoliert und charakterisiert. Es handelt sich um die ersten Vertreter der Gattung Allobaculum, die beim Menschen gefunden wurden.

Eine eingehende Charakterisierung ergab, dass die Stämme die schützende Schleimschicht des Darms hocheffizient abbauen und starke Immunreaktionen hervorrufen. Diese Ergebnisse unterstreichen die potenzielle Rolle von Bakterien bei der Pathogenese von CED und können zu einer zukünftigen präventiven Therapie beitragen.

Es wird vermutet, dass auch eine unerwünschte Immunantwort gegen die Darmmikrobiota eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von CED spielen könnte. Daher machten sich Forschenden des Universitair Medisch Centrum Utrecht (UMC) in den Niederlanden und der Yale University (USA) daran, gemeinsam neue Bakterien zu isolieren und zu untersuchen, die von Patienten mit CED isoliert wurden.

Zwei neue Bakterienarten

Unter Verwendung modernster „Culturomics“ konnten die Wissenschaftler zwei neue Bakterienarten aus dem Darmtrakt von Patienten mit CED isolieren. Diese Bakterien – A. mucilyticum und A. fili – sind eng miteinander verwandte grampositive Bakterien, die in langen Ketten wachsen. Genetische Analysen ergaben, dass sie sozusagen entfernte Cousins von Erysipelothrix rhusiopathiae sind – einem pathogenen Bakterium, das verschiedene Tiere wie Schweine, Puten und Hühner, aber gelegentlich auch Menschen infiziert.

Abbau der Mukosa

In zwei weiteren Studien untersuchten die Wissenschaftler als nächstes die Eigenschaften von A. mucilyticum und die Rolle, die es bei Darmerkrankungen spielen könnte. Das Bakterium erwies sich als hocheffizienter beim Abbau der Mukosa, die die meisten Darmbakterien von den Wirtszellen trennt. Mithilfe einer Kombination aus genetischen, proteomischen und biochemischen Analysen zeigten die Untersucher, dass A. mucilyticum während des Wachstums eine breite Palette enzymatischer Proteine freisetzt, die nacheinander einzelne Zucker vom Muzinprotein abspalten. Diese freigesetzten Zucker können dann verwendet werden, um das Bakterienwachstum weiter zu unterstützen, können aber auch die Schutzfunktion der Schleimschicht verringern. Schließlich wurde in einer Zusammenarbeit mit dem Team von Noah Palm von der Yale University, gezeigt, dass A. mucilyticum bei infizierten Mäusen Darmentzündungen verursacht und die Immunantwort auf ein häufig vorkommendes gesundes menschliches kommensales Bakterium stört.

„Dies sind zwar erst sehr vorläufige Ergebisse, doch es ist verlockend zu spekulieren, dass die neue Allobaculum-Spezies oder andere Bakterienarten mit ähnlichen Eigenschaften eine Rolle bei der Darmentzündung spielen, wie sie bei Patienten mit CED beobachtet wird“, sagt Studienleiter Marcel de Zoete vom UMC Utrecht. „Es ist noch ein langer Weg, bis wir die Rolle der Darmmikrobiota bei der Pathogenese von CED vollständig verstehen. Aber Studien wie diese sind wichtige Schritte, die neue Erkenntnisse und Hinweise für zukünftige präventive Therapien bringen könnten.“