Chronische Darmentzündung: Therapieerfolg von Biologikum vorhersagen15. November 2022 Abbildung: © Mishra, Aden, Blase et al, Genome Medicine Ein internationales Team um Forschende des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) hat Biomarker gefunden, die am Anfang einer Therapie mit TNF-Alpha-Antikörper (Anti-TNF-Alpha) anzeigen, ob diese anschlagen wird. Rund 40 Prozent der Patienten mit Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sprechen nicht auf Biologika-Therapien an. Außerdem können schwere Nebenwirkungen auftreten. Forschende des Exzellenzclusters PMI haben molekularbiologische Marker gefunden, mit deren Hilfe man zu Beginn der Behandlung erkennen kann, ob die Anti-TNF-Alpha-Therapie anschlagen wird. Ihre Ergebnisse haben sie gemeinsam mit internationalen Kollegen im Fachjournal „Genome Medicine“ veröffentlicht. Veränderte Genaktivitäten als Marker für Therapierfolg Für ihre Studien haben die Teams um Prof. Philip Rosenstiel, Direktor des Institutes fürs klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Prof. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und des IKMB, das Blut von CED-Patienten, die mit einem anti-TNF-Alpha-Antikörper behandelt worden sind, analysiert – und zwar vor Beginn der Therapie und zu verschiedenen Zeitpunkten ab Therapiebeginn. Mit modernsten Sequenzier- und Analysemethoden haben sie zum einen die Genexpression untersucht, also, welche Gene in den Zellen in welchem Umfang aktiv waren, und zum anderen die DNA-Methylierung – das ist eine chemische Veränderung des Erbguts, die ebenfalls Auswirkungen auf die Genaktivitäten hat und in der Regel länger bestehen bleibt. „Zwei Wochen nach Therapiebeginn konnten wir eine deutliche Veränderung im Muster der Genexpression und Methylierung feststellen, die spezifisch nur bei sogenannten Respondern vorkamen, also den Patientinnen und Patienten, die später auf die Therapie ansprachen“, erklärt Erstautorin Dr. Neha Mishra, Bioinformatikerin am IKMB und Mitglied des Exzellenzclusters PMI. Bei den Patienten, die dieses Muster zu diesem Zeitpunkt nicht aufwiesen, war auch später die Therapie nicht erfolgreich. Neha Mishra, Bioinformatikerin am Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB), Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. (Foto: © S. Klahn, Exzellenzcluster PMI) „Wir haben die Analysen anschließend mithilfe einer zweiten, unabhängigen Patientenkohorte bestätigt – dadurch sind die gewonnen Daten besonders verlässlich“, betont Mishra. Das Team fand rund 4000 Gene, die bei den Respondern in ihrer Aktivität verändert waren. In der klinischen Anwendung wäre es zu zeitaufwendig und teuer die Blutproben der Patienten nach all diesen Genen zu untersuchen. Daher haben die Forschenden daraus Gengruppen, insgesamt rund 50 Gene, identifiziert, die sich besonders gut als Biomarker eignen könnten, also als Werte, mit denen sich in der klinischen Anwendung das Therapieansprechen vorhersagen lässt. „Unsere Erkenntnisse sind ein erster Schritt für einen echten präzisionsmedizinischen Ansatz in der Behandlung von CED Patientinnen und Patienten. Die Biomarker zielen darauf ab, dass Ärztinnen und Ärzte in der Zukunft eine individuelle, molekular begründete Entscheidung für eine gezielte Therapie treffen können“, betont Rosenstiel. „Dadurch könnten Patientinnen und Patienten, denen die anti-TNF-Alpha-Therapie nicht helfen wird, diese frühzeitig abbrechen und so unnötige Nebenwirkungen vermeiden und schneller eine für sie geeignete Therapie finden. Auch könnten so dem Gesundheitssystem unnötige Kosten erspart bleiben“, so Rosenstiel weiter. Bereits jetzt in klinischer Erprobung Im Kieler Exzellenzzentrum für Entzündungsmedizin (CCIM) am UKSH ist dieser Ansatz bereits in einer ersten klinischen Erprobung. „Patientinnen und Patienten, die bei uns mit TNF-Alpha-Antikörpern behandelt werden, werden seit Neuestem im Rahmen einer Studie zwei Wochen nach Therapiebeginn auf diese Muster in der Genaktivität untersucht. Die Ergebnisse besprechen wir fachübergreifend und entscheiden gemeinsam, ob angesichts der vorliegenden Daten die Behandlung weiterhin zielführend ist und fortgesetzt werden sollte“, erklärt PMI-Sprecher Schreiber. „Unsere Patientinnen und Patienten profitieren also bereits jetzt direkt von den neusten Erkenntnissen aus der Forschung des Exzellenzcluster PMI. Gleichzeitig können wir auf diese Weise die neuen Biomarker in der Praxis erforschen und die Analysemethode so optimieren, dass sie hoffentlich zukünftig regulär klinisch eingesetzt werden kann“, so Schreiber weiter. Bildunterschrift: Das internationale Team umPhilip Rosenstiel und Schreiber hat die Genexpression und die DNA-Methylierung in Blutproben von CED-Patientinnen und Patienten mit einer Anti-TNF-Alpha-Therapie untersucht. Die Forschenden haben so molekulare Marker gefunden, die bereits früh in der Therapie anzeigen, ob eine Person darauf ansprechen wird. (Abbildung: © Mishra, Aden, Blase et al, Genome Medicine)
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