Darmkrebs: DGVS fordert gezielte Früherkennungsforschung und Technologieoffenheit

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Vor allem Menschen mit einer familiären Vorbelastung für Darmkerbs haben ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung – doch insbesondere bei dieser Gruppe fehlt es nach Ansicht der DGVS an gezielten Angeboten zur Früherkennung.

Anlässlich des Darmkrebsmonats März weist die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) darauf hin, dass die Darmkrebsvorsorge dringend weiterentwickelt werden muss. Insbesondere bei den unter 50-Jährigen mit familiärem Risiko gebe es derzeit Versorgungslücken. Darüber hinaus müssten neue blutbasierte Testverfahren in Betracht gezogen werden, um die Akzeptanz für Vorsorgemaßnahmen in der Bevölkerung zu verbessern. 

In Deutschland haben gesetzlich Versicherte ab 50 Jahren Anspruch auf eine Darmkrebs-Früherkennung. Für Menschen mit familiärem Risiko gibt es bisher jedoch keine spezielle Vorsorge. Dabei ist ihr Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, zwei- bis viermal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Als familiär belastet gilt, wer mindestens einen Verwandten ersten oder zweiten Grades (Eltern, Geschwister oder Großeltern) hat, der an Darmkrebs erkrankt ist – auch ohne nachweisbare genetische Ursache.

Lücken in der Evidenz: Früherkennung unter 50 Jahren

Laut der DGVS gibt es viele Hinweise, dass für diese Risikogruppe eine Darmkrebsfrüherkennung vor dem 50. Lebensjahr sinnvoll ist. Allerdings zeige eine Untersuchung des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA): Es gibt weltweit kaum Daten für spezielle Vorsorgemaßnahmen bei familiärer Vorbelastung. Parallel dazu erkranken immer mehr junge Menschen an Darmkrebs, auch ohne familiäre Vorbelastung, sodass manche Länder das Alter, in dem Vorsorgeuntersuchungen für Darmkrebs begonnen werden können, schon deutlich gesenkt hätten, erklären die Gastroenterologen. „Wir müssen diese Gruppen in den Fokus nehmen“, unterstreicht Prof. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm.

„Die dringend notwendige Schlussfolgerung aus der Untersuchung des IQWiG sollte daher sein, die Begleitforschung zur Früherkennung zügig voranzutreiben“, fährt der Mediziner fort. Eine Option seien spezielle Zentren für familiären Darmkrebs, die für eine Evaluation genutzt werden könnten. „Nur mit einer durchdachten Strategie kann die Zahl der vermeidbaren Darmkrebsfälle in Deutschland weiter gesenkt werden“, sagt der Ulmer Experte.

DGVS fordert gezielte Forschung und bessere Vorsorgestrukturen

Neue Erkenntnisse aus einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) legen nahe, dass bereits wiederholt aufgetretene Darmpolypen bei Verwandten ersten Grades das persönliche Darmkrebsrisiko erheblich erhöhen – insbesondere in jungen Jahren (wir berichteten). Die Forschung zeige, so betont die DGVS: Wer mehrere enge Angehörige mit Polypendiagnosen hat, trägt ein bis zu vierfach erhöhtes Risiko, frühzeitig an Darmkrebs zu erkranken. Diese Daten unterstreichen laut dem Fachverband die Notwendigkeit, Vorsorgekonzepte individuell anzupassen.

Die DGVS setzt sich dafür ein, dass die Darmkrebsvorsorge differenzierter gestaltet wird. „Krebs ist nicht gleich Krebs“, betont auch Prof. Birgit Terjung, Mediensprecherin der DGVS aus Bonn. „Es wäre fatal, pauschale Annahmen zu treffen. Wir müssen die Vorsorgestrategie auf Basis fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterentwickeln.“

Neue Screeningverfahren zur Darmkrebs-Früherkennung

Ziel müsse es sein, wissenschaftlich fundierte Screening-Kriterien zu etablieren, um den Betroffenen die bestmöglichen Vorsorgemaßnahmen anbieten zu können. „Dazu gehört auch, neue Screeningverfahren in Betracht zu ziehen“, sagt Seufferlein. In den USA sei beispielsweise ein Bluttest zugelassen, der zellfreie Tumor-DNA im Blut nachweist. Der Test müsse zwar bei einem positiven Ergebnis durch eine Darmspiegelung bestätigt werden, werde aber wegen seiner einfachen Durchführbarkeit besser akzeptiert, so der Experte.

Seit Einführung der Darmkrebsvorsorge konnten rund 180.000 Darmkrebserkrankungen verhindert werden. „Um das Erfolgsmodell Darmkrebsvorsorge auch für die Zukunft fit zu machen, gilt es neben der Ausweitung der strukturierten Früherkennung auf unter 50-Jährige insbesondere bei familiärer Vorbelastung, die Teilnahmeraten weiter zu verbessern“, unterstreicht Pressesprecherin Terjung das anhaltende Anliegen der DGVS, die Vorsorgekoloskopie und ihren Nutzen bekannter zu machen und zur Teilnahme aufzurufen.