Darmkrebs: Unterschiedliche Wnt-Signalwege bringen Darmzellen auf die falsche Bahn25. Februar 2019 Das Bild zeigt einen entarteten menschlichen Darmpolypen mit immunohistochemischer Anfärbung des Biomarkers DIA2 zur Erkennung früher Darmkrebsstadien (Adenoma) und das angrenzende gesunde Gewebe. (Quelle: Henner Farin) Signalmoleküle der Wnt-Familie gehören zu den wichtigsten Botenstoffen, damit sich unsere stark beanspruchte Darmschleimhaut fortwährend erneuern kann. Gleichzeitig ist ein „Zuviel“ an Wnt ein häufiger Auslöser für Darmkrebs. Wnt gilt deshalb als wichtiger Biomarker und therapeutischer Angriffspunkt. Welche zelluläre Antwort durch Wnt ausgelöst wird, kann dabei einen günstigen oder schlechten Krankheitsverlauf bei Darmkrebspatienten anzeigen. Das zeigten Wissenschaftler des Deutschen Krebskonsortiums (DKTK) und der Goethe Universität Frankfurt am Georg-Speyer-Haus in ihrer aktuellen Studie. Im DKTK verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten in Deutschland. In etwa 80 Prozent aller Darmtumoren kommen Mutationen des Tumorsupressor-Proteins APC (Adenomatous Polyposis Coli) vor und führen zu einer Überaktivierung im Wnt-Signalweg. Wnt gilt daher als einer der wichtigsten Biomarker bei Darmkrebs und als möglicher Angriffspunkt für neue Darmkrebstherapien. „Bisherige Ansätze, den Wnt-Signalweg zu blockieren sind jedoch an den starken Nebenwirkungen gescheitert, da der Botenstoff Wnt auch in gesunden Zellen für die Stammzellbildung und die Zellteilung essentiell ist“, erklärt Henner Farin, Nachwuchsgruppenleiter des Deutschen Krebskonsortiums (DKTK) am Georg-Speyer-Haus in Frankfurt. In der vorliegenden Studie entdeckten er und seine Kollegen erstmals eine tumorspezifische molekulare Reaktionskette, die durch Wnt ausgelöst wird. Dafür nutzten die Forscher dreidimensionale Darmkulturen, die sie aus gesundem menschlichem Darmgewebe heranzüchteten, sogenannte „Organoide“. Organoide sind ein neues Verfahren der Biomedizin. Im Labor werden Darmzellen als Zellverband vervielfältigt, so dass sie organähnliche Eigenschaften erhalten, und zum Beispiel die Wirkungsweise von Medikamenten im Darm untersucht werden kann. Mit Hilfe dieser Mini-Därme konnten die Forscher die Wnt-Aktivität in Darmtumoren und den Stammzellen eines gesunden Darms vergleichen. Dazu schalteten sie das Tumorsuppressor-Protein APC gezielt aus, wodurch Krebsvorläuferstadien (Adenome) entstanden. Interessanterweise wurde dabei eine ganz andere Palette an Genen durch Wnt aktiviert, als dies in den gesunden Zellen der Fall war. „Wir sehen hier zwei völlig unterschiedliche molekulare Antworten in den gesunden Zellen und den Tumorzellen. Das bedeutet, dass nicht das erhöhte Wnt-Signal per se für die Diagnose und Prognose aussagekräftig ist. Man muss sich die nachgeschalteten genetischen Aktivitätsmuster anschauen“, sagt Henner Farin. Die Ergebnisse erklären auch, warum es bislang widersprüchliche Berichte gab, die ein hohes Wnt Signal mal mit einer schlechten und mal mit einer guten Prognose in Verbindung brachten. Die unterschiedlichen Aktivitätsmuster korrelierten die Wissenschaftler mit den molekularen Daten großer Patientenkohorten und konnten dadurch Subtypen mit günstigem und schlechterem Krankheitsverlauf zuordnen. Darüber hinaus identifizierte das Team eine Reihe von Proteinmarkern, die künftig zur Tumorerkennung genutzt werden könnten. In ihrem Organoid-Ansatz sehen die Wissenschaftler großes Potential, neue Schwachstellen in Tumorzellen zu entdecken und anzugreifen ohne den gesunden Zellen zu schaden: „Bislang fehlte es an geeigneten in vitro Modellen, um gesunde Zellen und Tumorzellen sauber vergleichen zu können. Patientenproben sind genetisch sehr variabel und oft fehlt der Vergleich mit normalen Zellen. Mit Organoiden können wir künftig auch für andere Krebsarten die tumorspezifischen Komponenten in zellulären Signalwegen herausfiltern und damit neue krebsspezifische Schwachstellen entdecken“, freut sich Farin.
Mehr erfahren zu: "Durch Alkohol verursachte Leberschäden: Sport und gute Ernährung vermitteln offenbar geringeres Mortalitätsrisiko" Durch Alkohol verursachte Leberschäden: Sport und gute Ernährung vermitteln offenbar geringeres Mortalitätsrisiko In einer neuen Studie haben Wissenschaftler untersucht, wie körperliche Aktivität und die Qualität der Ernährung mit unterschiedlichen Leveln und Mustern des Alkoholkonsums interagieren – mit dem Ergebnis, dass gesundes Essen […]
Mehr erfahren zu: "Exzessiver Alkoholkonsum: Gestörtes Protein-Recycling trägt zu MASLD bei" Exzessiver Alkoholkonsum: Gestörtes Protein-Recycling trägt zu MASLD bei US-Forschende haben herausgefunden, dass der Schlüssel für den Zusammenhang zwischen Alkoholmissbrauch und einer Stoffwechseldysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) in einem Enzym liegt, das am Recycling unerwünschter Proteine beteiligt ist.
Mehr erfahren zu: "Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen" Weiterlesen nach Anmeldung Neue Studie: weitaus weniger Mikroorganismen in Tumoren als bisher angenommen Ein Forschungsteam der Johns Hopkins University (USA) hat herausgefunden, dass sequenzierte Tumorproben deutlich weniger mikrobielles Erbgut aufweisen, das tatsächlich mit einer bestimmten Krebsart assoziiert ist, als bisher angenommen. Bisherige Ergebnisse […]