Darmmikroben beeinflussen, wo Immunzellen sitzen

Darmtrakt (Abbildung: © Wanlop/stock.adobe.com)

Mikrobielle Gemeinschaften sind im Gastrointestinaltrakt von Mäusen ungleich verteilt – was wiederum Auswirkungen auf Immunzellpopulationen hat. Das berichten Forschende vom Max Delbrück Center und der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

In den anatomischen Abschnitten des Gastrointestinaltraktes von Mäusen setzen sich die Mikrobengemeinschaften jeweils unterschiedlich zusammen. Diese spezifische Artenvielfalt des Darmmikrobioms beeinflusst gleichzeitig, welche Immunzellen wie oft in der jeweiligen Region vorkommen. Forschende vom Experimental and Clinical Research Center des Max Delbrück Centers und der Charité (E-CRC) beschreiben in der Zeitschrift „Gut Microbes“ die komplexe räumliche Organisation von Immunzellen und mikrobiellen Gemeinschaften. Ihre Studie bietet eine Grundlage und ein Instrument, um das Zusammenspiel zwischen Darmmikroben und entzündlichen Erkrankungen zu untersuchen.

Frühere Untersuchungen deuteten schon auf Hotspots entlang des Gastrointestinaltraktes hin, an denen bestimmte Immunzellen und Mikroben möglicherweise intensiver interagieren. Bislang sei aber der gesamte Darm noch nicht systematisch auf diesen Aspekt hin untersucht worden, sagt Dr. Hendrik Bartolomaeus, der in der Arbeitsgruppe für Immunmikrobielle Dynamiken bei kardiorenalen Erkrankungen von Dr. Nicola Wilck forscht und einer der Autoren der Studie ist. „Uns hat eine einfache Frage angetrieben: Wie sind die Immunzellen entlang des Darms organisiert und wie beeinflusst das Mikrobiom diese Organisation?“

Die Gemeinschaften der Mikroben prägen das Immunsystem

Das Forschungsteam verglich Segment für Segment die mikrobielle DNA in den Verdauungstrakten von keimfreien Mäusen mit denen von konventionell mit Mikroben besiedelten Mäusen. Mithilfe der metagenomischen Sequenzierung identifizierten die Wissenschaftler alle dort vorhandenen Bakterienarten. Gleichzeitig isolierten sie Immunzellen und analysierten diese mithilfe der Durchflusszytometrie.

Die Forschenden stellten fest, dass nicht nur die mikrobiellen Gemeinschaften im Gastrointestinaltrakt herkömmlicher Mäuse je nach Standort variierten. Vielmehr beeinflussten diese auch erheblich die Verteilung und Art der Immunzellen im Darm. Adaptive Immunzellen, die durch den Kontakt mit Antigenen erworben werden, kamen beispielsweise im unteren Darm öfter vor, angeborene Immunzellen dagegen in den oberen Segmenten. Dieses Muster war bei keimfreien Mäusen, denen bakterielle Antigene im Darm fehlen, stark gestört.

Harithaa Anandakumar, Doktorandin und Erstautorin der Studie, kategorisierte die Immunzellen danach, ob ihre Anwesenheit und Häufigkeit nur durch den Ort, durch ein Zusammenspiel mit den Mikrobengemeinschaften an diesem Ort oder durch beides beeinflusst wird. Anschließend programmierte sie eine App, die die Informationen zusammenfasst: „Wir haben eine App entwickelt, mit der jede*r, der oder die sich für einen bestimmten Immunzelltyp interessiert, nachschlagen kann, wo dieser im Darm am häufigsten vorkommt und ob er durch das Mikrobiom, den Standort oder eine Interaktion von beiden beeinflusst wird.“

Eine solche Ressource habe bisher gefehlt, sagt Wilck, der auch Facharzt an der Klinik für Nephrologie und Medizinische Intensivmedizin der Charité ist. Jetzt können sie alle Wissenschaftler nutzen, die mit Mausmodellen forschen. Wilcks eigenes Labor untersucht an Mausmodellen für verschiedene Krankheiten, wie Immunzellen vom Darm ins Gewebe und die Organe wandern. „Mit dieser Ressource können wir nun untersuchen, ob die Immunzellen, die wir in durch Bluthochdruck oder Nierenerkrankungen geschädigten Organen finden, aus dem Darm stammen“, sagt er.