Darmmikrobiom: Herkömmliche Mittel für die Lebensmittelkonservierung haben unerwartete Auswirkungen

Nisin verhindert zwar wirksam Lebensmittelkontaminationen, hat aber möglicherweise auch größere Auswirkungen auf das Darmmikrobiom. (Abbildung: © ArtemisDiana/stock.adobe,com)

Die Analyse eines gängigen Konservierungsmittels, mit dem Krankheitserreger in Lebensmitteln abgetötet werden, wirkt sich leider auch auf nützliche Bakterien im Darmmikrobiom aus und bringt es aus dem Gleichgewicht.

Während althergebrachte Zusatzstoffe wie Zucker, Salz, Essig und Alkohol für die Konservierung bereits seit Jahrhunderten verwendet werden, finden sich auf den Etiketten von Lebensmitteln inzwischen auch Inhaltsstoffe wie Natriumbenzoat, Calciumpropionat und Kaliumsorbat. Von Bakterien produzierte Substanzen, die mikrobielle Konkurrenten ausschalten sollen – Bakteriozine –, können als natürliche Konservierungsmittel dienen. Lanthipeptide, eine Klasse von Bakteriocinen mit besonders starken antimikrobiellen Eigenschaften, werden in der Lebensmittelindustrie häufig eingesetzt. Man bezeichnet sie als Lantibiotika – abgeleitet von Lanthipeptid und Antibiotika.

Trotz ihrer weit verbreiteten Verwendung ist jedoch wenig darüber bekannt, wie sich diese Lantibiotika auf das Darmmikrobiom von Menschen auswirken, die sie über die Nahrung zu sich nehmen. Werden beispielsweise zu viele kommensale Bakterien durch antimikrobielle Lebensmittelkonservierungsmittel wahllos abgetötet, könnten opportunistische pathogene Bakterien an ihre Stelle treten und Schaden anrichten. Letzten Endes wäre man dann genauso schlecht dran, als würde man kontaminierte Lebensmittel essen.

Auswirkungen auf gute und schlechte Bakterien

Eine neue Studie von Wissenschaftlern der University of Chicago (USA) zeigt nun, dass sich eine der häufigsten Klassen von Lantibiotika nicht nur stark gegen Krankheitserreger auswirkt, sondern auch gegen die Kommensalen.

Nisin ist ein beliebtes Lantibiotikum, das in allen möglichen Produkten verwendet wird, die der Mensch so zu sich nimmt: von Bier und Wurst bis hin zu Käse und Dips. Nisin wird von Bakterien produziert, die in den Milchdrüsen von Kühen existieren. Doch auch Mikroben im menschlichen Darm produzieren ähnliche Lantibiotika. Zhenrun „Jerry“ Zhang, Postdoktorand im Labor von Dr. Eric Pamer (Donald F. Steiner-Professor für Medizin und Direktor des Duchossois Family Institute an der UChicago) wollte die Auswirkungen solcher natürlich hergestellter Lantibiotika auf kommensale Darmbakterien untersuchen. „Nisin ist im Wesentlichen ein Antibiotikum, das unserer Nahrung schon seit langem hinzugefügt wird, aber wie es sich auf unsere Darmmikroben auswirken könnte, ist nicht gut untersucht“, erklärt Zhang. „Es könnte zwar bei der Verhinderung einer Lebensmittelkontamination sehr wirksam sein, hat aber auch möglicherweise größere Auswirkungen auf die Darmmikroben des Menschen.“

Zhang und seine Kollegen durchsuchten eine öffentliche Datenbank menschlicher Darmbakteriengenome und identifizierten Gene für die Produktion von sechs verschiedenen aus dem Darm stammenden Lantibiotika, die Nisin sehr ähneln. Vier davon waren neu. Anschließend stellten die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Wilfred A. van der Donk (Richard E. Heckert-Stiftungslehrstuhl für Chemie an der University of Illinois Urbana-Champaign) Versionen dieser Lantibiotika her, um ihre Wirkung sowohl auf Krankheitserreger als auch auf kommensale Darmbakterien zu testen. Die Forschenden stellten fest, dass die verschiedenen Lantibiotika zwar unterschiedliche Wirkungen hatten, aber Krankheitserreger und kommensale Bakterien gleichermaßen abtöteten.

„Diese Studie ist eine der ersten, die zeigt, dass Darmkommensalen anfällig für Lantibiotika sind und manchmal empfindlicher als Krankheitserreger“, formuliert Zhang. „Angesichts des derzeitigen Gehalts an Lantibiotika in Lebensmitteln ist es sehr wahrscheinlich, dass diese auch Auswirkungen auf unsere Darmgesundheit haben.“

Die Kraft der Lantibiotika nutzen

Zhang und sein Team erforschten auch die Struktur der Peptide in den Lantibiotika, um deren Aktivität besser zu verstehen und um herauszufinden, wie sie deren antimikrobielle Eigenschaften positiv nutzen könnten. In einer anderen Studie hatten Mitarbeiter des Pamer-Labors beispielsweise gezeigt, dass ein Konsortium aus vier Mikroben – darunter eine, die Lantibiotika produziert – dazu beiträgt, Mäuse vor antibiotikaresistenten Enterococcus-Infektionen zu schützen. Die Wissenschaftler untersuchen auch die Prävalenz von Lantibiotika-resistenten Genen in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, um besser zu verstehen, wie solche Bakterien den Darm unter verschiedenen Bedingungen und Ernährungsgewohnheiten besiedeln können.

„Es scheint, dass Lantibiotika und Lantibiotika produzierende Bakterien nicht immer der Gesundheit förderlich sind. Deshalb suchen wir nach Möglichkeiten, dem möglichen negativen Einfluss entgegenzuwirken und gleichzeitig ihre vorteilhafteren antimikrobiellen Eigenschaften zu nutzen“, sagt Zhang.