Datengestützte Risikostratifizierung ermöglicht schonendere Behandlung des Medulloblastoms11. November 2025 Das Medulloblastom wird mit Strahlen- und Chemotherapie behandelt. Bei Kindern diese Therapien zu Nebenwirkungen führen, die sich auf ihre spätere Gesundheit auswirken. (Foto: pikovit – stock.adobe.com) Mithilfe von Daten aus drei klinischen Studien zur Behandlung von Kindern mit Medulloblastom haben Wissenschaftler des St. Jude Children’s Research Hospital (USA) einen Ansatz entwickelt, um die Therapie sicher zu reduzieren und damit die Nebenwirkungen zu verringern. Die Analyse umfasste genomische, molekulare und Überlebensdaten von fast 900 Patienten, die die Forschenden nutzten, um Behandlungsgruppen zu definieren. Ärzte und Wissenschaftler können diese Ergebnisse in einem speziell für die Analyse von Medulloblastom-Daten entwickelten Webportal einsehen. „Wir haben Daten gefunden, die belegen, dass 40 Prozent der Patienten mit Medulloblastom eine geringere Dosis an kraniospinaler Strahlentherapie und fast alle weniger Chemotherapie erhalten können als in den von uns analysierten klinischen Studien. Dabei haben sie die gleiche oder eine bessere Überlebensrate“, erklärte Dr. Giles Robinson, Direktor der Abteilung für Neuroonkologie am St. Jude, Abteilung für Onkologie, und Mitautor der Studien, die in „Neuro-Oncology“ und „Cancer Research“ veröffentlicht wurden. Klassifizierung von Patienten für die Behandlung Die Forschenden hatten die Studiendaten zunächst auf Unterschiede in der Behandlung und die molekularen Merkmale der einzelnen Tumoren, wie DNA-Sequenzen und Methylierungsprofile, analysiert. Dabei fanden sie neue Risikofaktoren und Prädiktoren für die Wirksamkeit der Therapie. Beispielsweise konnten sie Patienten, deren Tumor in eine der beiden häufigsten molekularen Gruppen der Erkrankung, G3 oder G4, fällt, anhand bestimmter Chromosomen, der Methylierung und der Amplifikationen des bekannten Onkogens MYC klassifizieren. Daraus entwickelten die Forschenden einen Leitfaden, mit dem Patienten nun einer von vier Behandlungsgruppen von niedriger bis hoher Intensität zugeteilt werden können. „Medulloblastome sind sehr variabel und lassen sich in viele verschiedene Unterkategorien einteilen, sodass bisher unklar war, welche Faktoren für die Einteilung der Patienten in verschiedene Behandlungsgruppen am wichtigsten sind“, erklärt Robinson. „Unsere Ergebnisse liefern einen Entwurf für eine bessere Risikostratifizierung der Therapie, sodass nicht jeder eine so toxische Behandlung erhält und nur die aggressivsten Tumoren die aggressivste Therapie erhalten.“ In einer klinischen Studie will Robinson diese Kategorisierungen nun testen. Mit einem Mausklick die Prognose für Medulloblastome vorhersagen Molekulare Daten, die zur Einteilung der Patienten für die Behandlung verwendet werden, können sehr umfangreich sein. Da die Komplexität des Medulloblastoms diese Herausforderung noch verstärkt, entwickelten die Forschenden das Medulloblastoma-Meta-Analysis(MB-meta)-Portal. Dieses fasst die Daten aus der Analyse in „Neuro-Oncology“ und deren Implikationen in einer benutzerfreundlichen Oberfläche zusammen. Ärzte und Wissenschaftler können die für sie interessanten demografischen, klinischen und molekularen Merkmale auswählen und sich dann die prognostizierte Überlebensrate für Patienten mit diesen Merkmalen anzeigen lassen. „Wir haben das Portal so gestaltet, dass jeder mit einfachen Mausklicks Variablen auswählen kann, um prognostizierte Überlebenskurven für Patienten mit Medulloblastom zu erstellen“, erklärt der korrespondierende Autor der Studie in „Clinical Research“, Dr. Xin Zhou vom Department of Computational Biology des St. Jude. „Die Überlebenskurven zeigen die zu erwartenden Unterschiede in den Ergebnissen der Überlebenden, basierend auf der Art und Weise, wie die Kohorte stratifiziert ist.“ Ressource zur Erforschung des Medulloblastoms Die Forschenden betrachten das Portal als Hilfsmittel, mit dem Ärzte verschiedene Behandlungsstrategien auf der Grundlage der klinischen und molekularen Daten eines Patienten bewerten können, sowie als Ressource zur Erforschung des Medulloblastoms. „Wir haben diese Daten für jedermann zugänglich gemacht“, sagte Zhou. „Wir hoffen, dass dies zu weiteren Erkenntnissen führt, die wir eines Tages für neue klinische Studien nutzen können, um die Krankheit besser zu behandeln.“ Als Proof of Principle nutzten die Wissenschaftler das Portal, um krebsauslösende Mutationen im Gen KBTBD4 zu untersuchen. Sie identifizierten zwei verschiedene neue Untergruppen von Mutationen in diesem Gen, was darauf hindeutet, dass es eine bessere Möglichkeit gibt, diese Patienten zu klassifizieren. Als sie einige KBTBD4-Mutationen mit anderen molekularen Merkmalen in Verbindung brachten, deuteten die Ergebnisse auch auf eine bisher unbekannte Krankheitsbiologie hin. Aufzuklären, wie diese Mutationen die Krankheit vorantreiben, könnte letztendlich zu neuen Behandlungsmethoden führen. (ej/BIERMANN)
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