DeutscheVet 2025 überzeugt mit breitgefächertem Vortragsprogramm24. Mai 2025 Fotos: © Sigrun Grombacher Am 16. und 17. Mai 2025 lockte die DeutscheVet knapp 1600 Veterinärmediziner und tiermedizinische Fachangestellte nach Dortmund. Die praxisnahen, topaktuellen Vorträge kamen sehr gut an beim Fachpublikum. 2026 zieht die DeutscheVet zurück nach Köln. Schon im Vorfeld beim Durchgehen der Speaker war klar, dass es erstklassige Kongresstage werden würden – und das bewahrheitete sich. Denn mit Prof. Katrin Hartmann, Prof. Ralf Müller, Prof. Reto Neiger, Dr. Jennifer von Luckner, Dr. Christiane Stengel, der Orthopädin und Neurochirurgin Dr. Bianca Hettlich, sowie dem Gastroenterologen Dr. Fabio Procoli, um nur einige zu nennen, fand sich so viel geballte veterinärmedizinische Power in der Messe Dortmund ein, dass eigentlich nichts schiefgehen konnte. Nicht zu vergessen Prof. Holger Volk von der TiHo, der als Organisator gemeinsam mit der Hinte Expo & Conference GmbH das Kongressprogramm zusammengestellt hat und selbst Vorträge zur Neurologie hielt. Auch in diesem Jahr waren wieder Kolleginnen und Kollegen von der Insel angereist, wie etwa Prof. Harriet Syme, die über Hyperthyreose, chronische Nierenerkrankung und Urolithiasis referierte. Außerdem Prof. Alexander J. German, dessen Vorträge der Adipositas gewidmet waren und der Kardiologe Laurent Locquet, dem es spielerisch gelang, seinem Auditorium die Interpretation des EKGs bei Hund und Katze über einen klar strukturierten Ansatz näher zu bringen. Anhand mehrerer Beispielpatienten arbeitete er unter direkter Ansprache der Teilnehmenden die grundlegenden Schritte der EKG-Auswertung durch und stellte jeweils einen Bezug zu anamnestischen Informationen und den Befunden der körperlichen Untersuchung her, sowie zu weiteren diagnostischen Ergebnissen, sofern diese verfügbar waren. Die Interaktion mit dem Publikum nahm im Verlauf des Vortrages an Fahrt auf, was bedeuten könnte, dass sich der ein oder andere zukünftig im Praxisalltag doch mal ausführlicher mit dem Thema befassen wird. Prof. Alex German Foto: © Sigrun Grombacher Angetrieben von ihrer eigenen Leidenschaft für die Orthopädie, riss Dr. Bianca Hettlich ihr Publikum mit in ihrem Vortrag über „den lahmenden Welpen – andere Lahmheitsursachen als ED und HD“. Hettlich demonstrierte anhand von Röntgenaufnahmen zunächst die (neben ED und HD) häufig beim juvenilen Patienten auftretenden Lahmheitsursachen, wie etwa die Panostitis, für die ein Druckschmerz der langen Röhrenknochen typisch ist. Danach sprach sie über die Hypertrophe Osteodystrophie (HOD), die vor allem die Wachstumsfugen der langen Röhrenknochen betrifft. Die HOD kommt nur selten vor und dann hauptsächlich bei schnell wachsenden, großen Hunderassen im Alter von drei bis acht Monaten. Den Hunden ginge es so elend, sagte Hettlich, dass sie aufhören zu fressen und zu trinken, und wenn dies bei einem Labrador auftrete, der zu den betroffenen Rassen zähle, dann stünde außer Frage, dass es sich um ein wirklich schmerzhaftes Krankheitsgeschehen handele. Der Vortrag landete bei vielen Tierärzten einen Punkttreffer, wie auch Hettlichs gemeinsamer Auftritt mit Prof. Holger Volk über Gangabnormalitäten beim Hund: Hier lieferten sich der Neurologe Volk und die Orthopädin Hettlich zur Freude der Zuhörer ein Wortgefecht darüber, was, wie und wann zu behandeln sei. Gute Laune inklusive. Auch die Themen Fehlerkultur und Qualitätsmanagement fanden Berücksichtigung im Kongressprogramm, genauso wie Vorträge zu Geburtshilfe, Vogelpatienten und kleinen Heimtieren. Dr. Fabio Procoli, Bologna, Italien, machte in seinem Vortrag zum chronischen Durchfall beim Hund unmissverständlich kar, dass die Gabe von Antibiotika bei Durchfall kontraindiziert sei, wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Darmmikrobiota und zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen. Neben den Prä- , Pro- , Syn- und Postbiotika erläuterte er auch diefäkale Mikribiota-Transplantation. Dr. Jennifer von Luckner brillierte mit ihrem Vortrag zur nichtregenerativen Anämie, welchen Sie am Eisenmangel aufhing. Sie sagte, dass Eisenmangel und präregenerative Zustände eine Art Ausnahmestellung unter den systemischen Ursachen für nichtregenerative Anämien innehätten und zwar deshalb, weil sie, jedenfalls zumeist, durch Blutung (Eisenmangel, präregenerative Anämie) oder Hämolyse (präregenerative Anämie) ausgelöst würden, und trotzdem nicht regenerativ seien. Von Luckner gelang es, wie stets, die angespannt lauschenden Tierärzte, in die faszinierende Diagnostik der Internistik zu entführen. Ihr Vortrag beinhaltete auch einen Exkurs zum in der Humanmedizin seit Langem in der Diagnostik eingesetzten Hepcidin, dem eine Schlüsselrolle im Eisenstoffwechsel zukommt. Da Hepcidin beim funktionellen Eisenmangel erhöht, beim absoluten hingegen niedrig ist, sei es diagnostisch von großem Nutzen, so von Luckner. Noch anspruchsvoller wurde es in ihrem Vortrag zur Gerinnung, der eindringlich verdeutlichte, dass eine wirklich gute, zielgerichtete Diagnostik auch immer vom Fachwissen des behandelnden Tierarztes abhängt. Zukünftig wird eine Spezialisierung in der Tiermedizin weiter zunehmen, um dem rasant steigenden Fachwissen gerecht werden zu können, davon ist auszugehen. Denn wir können nur erkennen, was wir kennen – oder zumindest schon mal irgendwo gehört, gelesen oder gesehen haben. Und um fachlich versiert zu bleiben, bedarf es regelmäßiger „Updates”, was viele Tierärzte gerne und häufig wahrnehmen. Das brachte auch Prof. Ralf Müller zum Ausdruck, der versicherte, dass er in Bezug auf das Anamnesegespräch ein Leben lang dazulerne. So feile er auch nach Jahrzehnten noch an der eigenen Fragetechnik, um die Tierhalter dazu anzuregen, breitgefächert zu schildern, wie, wann oder wo bestimmte Veränderungen eingetreten seien. Dermatologen bräuchten schon eine gute Prise Geduld in diesen Gesprächen, das gebe er zu, aber ohne eine auf den individuellen Patienten und seinen nicht minder individuellen Besitzer abgestimmte Kommunikation sei in dieser Disziplin kein Blumentopf zu gewinnen. Hierbei sei stets mit einzubeziehen, dass sich diagnostische Möglichkeiten in der Veterinärmedizin immer auch am finanziellen Spielraum des Tierbesitzers brechen. Es sei jedoch zunehmend zu beobachten, dass viele Tierhalter bereit seien, für ihren vierbeinigen Freund erhebliche Kosten in Kauf zu nehmen. In seinen Vorträgen über Juckreiz gab Müller jeweils einen praxisnahen diagnostischen Leitfaden vor, der sich bei Hund und Katze klar unterschied. Wie auch das Selbstverständnis der beiden Tierarten im Allgemeinen, wie Müller einfließen ließ: Der Hund denke: Du fütterst mich, Du musst Gott sein. Die Katze denke: Du fütterst mich. Ich muss Gott sein. Er betonte, dass dem Mikroskop in der haustierärztlichen Praxis eine zentrale Rolle zukomme. Seine klar strukturierten Ausführungen vermittelten den Eindruck, dass die Dermatologie ein Kinderspiel sei, was sicher einerseits dem großen Erfahrungsschatz des Vortragenden geschuldet war. Andererseits machte dies aber auch deutlich, dass Struktur in der dermatologischen Diagnostik von weitaus größerer Bedeutung ist als dies im tierärztlichen Praxisalltag zuweilen Berücksichtigung findet. Das könnte unter anderem am allgegenwärtigen Zeitmangel in der Haustierarztpraxis liegen, ist zu mutmaßen. Denn eine intensive Aufarbeitung dermatologischer Fälle kostet Zeit, etwa um den Tierhaltern die Notwendigkeit einzelner Therapieschritte zu erläutern oder bei einem Wiederaufflammen von allergischen Symptomen die manchmal alles entscheidenden Rückfragen zu stellen. In Zeiten des Tierärztemangels stellt Zeit jedoch ein relativ rares Gut dar. Müller merkte an, dass eine rein symptomatische Behandlung des Juckreizes suboptimal sei, doch räumte er auch ein, dass sie unter bestimmten Umständen die einzige Option sein könne, um den Leidensdruck eines Patienten zu mildern. Bei den teilnehmenden Tierärzten fanden die Vorträge großen Anklang. So sagten die Tierärztinnen Aline Varendorff und Sylvia Schwab, die wie jedes Jahr aus dem nahe gelegenen Hagen zur DeutscheVet gekommen waren, dass Frau Dr. Hettlichs Vorträge sehr gut und vor allem praxisnah waren wie auch die von Dr. Fabio Procoli. Insgesamt seien sie sehr angetan vom diesjährigen Programm, das ausgezeichnet zusammengestellt sei, auch wenn sie Veranstaltungen mit geschlossenen Sälen bevorzugen würden, in denen das Tragen von Kopfhörern meist nicht notwendig sei. Hier jedoch käme man wegen des hohen Lärmpegels aufgrund des offenen Raumkonzeptes nicht drumherum. Tatsächlich äußerten dies mehrere Tierärzte auf Nachfrage, denn, auch wenn über die hochwertigen Kopfhörer in erforderlichen Fällen auch gleich die Übersetzung angewählt werden konnte, so war es doch ein wenig anstrengend über Stunden unter einer Art Käseglocke abgeschottet zu sein. Als Anregung wurde genannt, die Vortragsfolien zukünftig verfügbar zu machen, da es sich darin besser mitschreiben und anschließend auch lernen ließe als aus den Vortragszusammenfassungen im Kongressheft, das in recht kleiner Schriftgröße gedruckt sei. Für ältere Augen eine kleine Herausforderung. Dr. Irene Krieger, Kleintierpraktikerin aus Emden, gefielen die Vorträge von Dr. Johannes Siedenburg, TiHo Hannover, besonders gut, der über die Wundversorgung sprach und den Vortragszyklus am Freitag beendete mit dem Thema „Trauma und Knochenbrüche“. Auch den Vortrag von Prof. Katrin Hartmann zur Felinen Infektiösen Peritonitis (FIP) fand sie sehr hilfreich, neben denen zu Reisekrankheiten bei Hund und Katze. Am Ende ihres Vortrages verwies Prof. Hartmann auf eine großangelegte aktuelle Studie der LMU München, in der Katzen mit FIP über sechs Wochen (42 Tage) mit dem antiviralen Medikament GS-441524 oral behandelt werden. Wer Patienten hat, die für die Studie infrage kommen, findet nähere Informationen zu Teilnahmebedingungen unter folgendem Link: https://www.med.vetmed.uni-muenchen.de/forschung/gesundheit/fip/index.html Am Samstagnachmittag arbeitete Dr. Johanna Rieder von der TiHo Hannover den „Patienten mit Gewichtsverlust“ auf. Wie eigentlich stets, kommt auch hier der Anamnese große Bedeutung zu. Zunächst müsse entschieden werden, ob es sich um einen Verlust von Fettmasse oder von Muskelmasse handele. Falls der Patient trotz guter Futteraufnahme an Gewicht verliere, könne dies entweder an Malabsorption oder Maldigestion liegen. Bei Letzterer kann die Ursache u. a. in einer exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) zu finden sein, die beim Hund eine Erkrankung junger Tiere darstellt, während eine EPI bei Katzen zumeist aus chronischen Pankreatitiden resultiert. Bei der Blutabnahme zur Bestimmung der felinen bzw. caninen Trypsin-like Immunreaktivität ist unbedingt zu beachten, dass die Patienten nüchtern sind. Außerdem sollte der Vitamin-B12-Spiegel überprüft werden, da dieser infolge einer EPI häufig erniedrigt ist. Rieder veranschaulichte auch, dass bei Tieren, die an mehr als einer Erkrankung leiden,verwirrende, manchmal sogar gegenläufige Symptome auftreten, die einander überlagern können. Dann gelte es, die geeigneten diagnostischen Mittel zu wählen, um die korrektenDiagnosen zu stellen. Im nächsten Jahr zieht die DeutscheVet um ins XPOST KÖLN und kehrt damit zurück in die Domstadt, in der sie 2017 erstmals stattfand. Termin ist der 29. bis 30. Mai. (sg) Foto: © Sigrun Grombacher
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