Die positive und negative Rolle von LRH-1 bei Entzündungen

Nachweis von Immunzellen mittels spezifischen Antikörpern in Milzgewebeschnitten von wildtypischen Mäusen (links) und Mäusen mit defekter LRH-1-Expression in T Lymphozyten (rechts). (Foto: © Thomas Brunner)

Das Team des Biologen Prof. Thomas Brunner an der Universität Konstanz hat die Bedeutung des Eiweißes LRH-1 für die Immunabwehr entdeckt. Dessen Hemmung könnte bei der Therapie entzündlicher Krankheiten helfen.

Immunzellen verhindern, dass etwa bei einem verletzten Darmepithel Bakterien, Parasiten oder Viren des Darms in den Körper gelangen. Sie antworten mit eingeschränkten Entzündungsreaktionen, die in einem gesunden Organismus durch verschiedene Prozesse unter Kontrolle gehalten werden. Ist ein Organismus etwa an Morbus Crohn erkrankt, sind die Immunzellen chronisch aktiviert.

In Brunners Arbeitsgruppe wurde nun gezeigt, dass der Transkriptionsfaktor LRH-1 in Immunzellen dabei eine entscheidende Rolle spielt. Dass er in den T-Zellen überhaupt vorkommt, hatte ein Team des Arbeitsbereichs Biochemische Pharmakologie von Brunner bereits vor einigen Jahren gezeigt. Nun konnte nachgewiesen werden, dass der Transkriptionsfaktor dafür verantwortlich ist, dass die Immunabwehr funktioniert. Ist er nicht vorhanden, findet entsprechend keine Immunantwort statt. In diesem Ergebnis sehen die Forscher die Chance, Medikamente zu entwickeln, die durch Hemmung von LRH-1 die schädigende Immunantwort wie bei Morbus Crohn oder Lebererkrankungen kontrollieren.

Der Transkriptionsfaktor LRH-1 kommt insbesondere im Darm und in der Leber häufig vor. Wird er in den dortigen Epithelzellen eliminiert, passiert recht wenig. Die Biologen stellten jedoch fest, dass bei seiner Ausschaltung in den für die Immunantwort entscheidenden T-Zellen diese sich kaum noch vermehren. Mit fatalen Folgen: T-Zellen haben Rezeptoren, die ganz spezifisch sind für bestimmte Fremdstoffe. Um in den Körper eindringende und sich rasch vermehrende Krankheitserreger wie Viren zu kontrollieren, sind sehr viele T-Zellen erforderlich. Deshalb teilen sie sich normalerweise auch sehr schnell, noch schneller als Krebszellen, nur besser kontrolliert.

„Bei Fehlen des Transkriptionsfaktors LRH-1 ist die Fähigkeit, Immunantworten auszulösen, praktisch nicht mehr vorhanden. Es gibt keinen Schutz mehr gegen Krankheitserreger“, sagt Brunner. 

Das ist der negative Aspekt. Der positive Aspekt besteht darin, dass diese Hemmung bei der Vermehrung der Immunzellen für die Therapie von entzündlichen Krankheiten wie M. Crohn oder Hepatitis genutzt werden kann. In beiden Fällen sind es entweder harmlose Bakterien beziehungsweise Viren, die eigentlich keinen Schaden anrichten. Stattdessen schädigt die permanente Immunabwehr die Organe. Hier geht es darum, die außer Kontrolle geratene Immunantwort herunterzufahren. Tatsächlich existiert bereits solch ein pharmakologischer Inhibitor, der gezielt auch den Transkriptionsfaktor LRH-1 ausschalten kann. Ein Test ergab, dass er tatsächlich auf die T-Zellen blockierend wirkt und T-Zellen-vermittelte Erkrankungen reduzieren kann. 

Brunner konnte mit seinem Team nachweisen, dass die Hemmung von LRH-1 das erhoffte Ergebnis hat. „Wir haben geschaut, ob bei einer künstlich erzeugten Hepatitis nach der Verabreichung des Inhibitors eine Besserung eintritt. Es war in der Tat so. Der Schaden ging zurück.“