Die übersehene Komplikation des Vorhofflimmerns23. April 2024 Symbolbild: ©NAKHARIN/stock.adobe.com Einer neuen Studie aus Dänemark zufolge ist in den letzten zwei Jahrzehnten das Lebenszeitrisiko an Vorhofflimmern zu erkranken von 24 Prozent auf 31 Prozent gestiegen. Als Komplikation des Vorhofflimmern kommt es demnach doppelt so häufig zu einer Herzschwäche als zu einem Schlaganfall. Wenn sich Vorhofflimmern entwickelt, konzentriert sich die Patientenversorgung in erster Linie auf das Risiko eines Schlaganfalls. Andere Komplikationen wie Herzinsuffizienz und Herzinfarkt sind noch nicht vollständig erforscht. Um diese Wissenslücke zu schließen, analysierte eine Forschungsgruppe um Dr. Nicklas Vinter, Wissenschaftler an der Universität Aarlborg (Dänemark), gemeinsam mit Kollegen aus Boston (USA) nationale Daten von 3,5 Millionen dänischen Erwachsenen ohne Vorhofflimmern im Alter von 45 Jahren oder älter, um festzustellen, ob sie über einen Zeitraum von 23 Jahren (2000 bis 2022) Vorhofflimmern entwickelten. Die Ergebnisse erschienen kürzlich im Fachmagazin „The BMJ“. Alle 362.721 Personen, bei denen in diesem Zeitraum Vorhofflimmern neu diagnostiziert wurde (46 % Frauen und 54 % Männer), bei denen jedoch keine Komplikationen auftraten, wurden anschließend bis zur Diagnose einer Herzinsuffizienz, eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarkts verfolgt. Dabei berücksichtigten die Forschenden auch potenziell einflussreiche Faktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, einen hohen Cholesterinspiegel, Herzinsuffizienz, chronische Lungen- und Nierenerkrankungen, Familieneinkommen und Bildungsstand. Komplikationen des Vorhofflimmerns variieren nach Geschlecht Im Ergebnis stellte das Team um Vinter fest, dass das Lebenszeitrisiko für Vorhofflimmern von 24 Prozent im Zeitraum 2000–2010 auf 31 Prozent im Zeitraum 2011–2022 gestiegen ist. Der Anstieg war bei Männern und Personen mit einer Vorgeschichte von Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und chronischen Nierenerkrankungen größer. Die häufigste Komplikation war bei Personen mit Vorhofflimmern eine Herzinsuffizienz (Lebenszeitrisiko 41 %). Dieses Risiko war doppelt so hoch wie das Lebenszeitrisiko für einen Schlaganfall (21 %) und viermal so hoch wie das Lebenszeitrisiko für einen Herzinfarkt (12 %). Die Auswertung der Daten ergab außerdem, dass bei Männern das Lebenszeitrisiko für Komplikationen nach Vorhofflimmern höher als bei Frauen war, und zwar für Herzinsuffizienz (44 % gegenüber 33 %) und Herzinfarkt (12 % gegenüber 10 %), während das Lebenszeitrisiko für Schlaganfall nach Vorhofflimmern bei Männern etwas geringer war als bei Frauen (21 % gegenüber 23 %). Während des 23-jährigen Studienzeitraumes kam es praktisch zu keiner Verbesserung des Lebenszeitrisikos für Herzversagen nach Vorhofflimmern (43 % in den Jahren 2000–2010 gegenüber 42 % in den Jahren 2011–2022) und nur zu einem leichten Rückgang (4–5 %) des Lebenszeitrisikos für jegliche Art von Schlaganfall, ischämischem Schlaganfall und Herzinfarkt nach Vorhofflimmern, der bei Männern und Frauen ähnlich war. Verschiebung der Forschungsprioritäten Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, können keine eindeutigen Schlussfolgerungen über Ursache und Wirkung gezogen werden, und die Autoren räumen ein, dass sie möglicherweise Patienten mit nichtdiagnostiziertem Vorhofflimmern übersehen haben. Auch hatten sie keine Informationen über ethnische Zugehörigkeit oder Lebensstilfaktoren und die Ergebnisse lassen sich möglicherweise nicht auf andere Länder oder Rahmenbedingungen übertragen. Trotz dieser Vorbehalte kommen sie zu dem Schluss: „Unsere neuartige Quantifizierung der langfristigen Folgen von Vorhofflimmern unterstreicht den dringenden Bedarf an Behandlungen zur weiteren Senkung des Schlaganfallrisikos sowie an Strategien zur Prävention von Herzinsuffizienz bei Patienten mit Vorhofflimmern.“ Maßnahmen zur Prävention von Schlaganfällen haben die Forschung und die Leitlinien zu Vorhofflimmern während dieses Studienzeitraums dominiert, aber es gibt keine Beweise dafür, dass diese Maßnahmen Herzinsuffizienz verhindern können, betonen britische Forscher in einem verlinkten Leitartikel. Sie fordern eine Angleichung sowohl der randomisierten klinischen Studien als auch der Leitlinien, „um die Bedürfnisse der realen Bevölkerung mit Vorhofflimmern besser widerzuspiegeln“. Außerdem betonen sie, dass die robuste Beobachtungsstudie „neue Informationen liefert, die Forschungsprioritäten und die Gestaltung von Leitlinien in Frage stellen, und kritische Fragen für die Forschung und die klinische Gemeinschaft aufwirft, wie die wachsende Belastung durch Vorhofflimmern gestoppt werden kann“.
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