Ein Schaltkreis im Gehirn, der uns den Appetit verdirbt11. April 2024 Spezialisierte Nervenzellen in der Amygdala werden bei Übelkeit aktiviert und übermitteln appetithemmende Signale. (Quelle: © MPI für biologische Intelligenz / Julia Kuhl) Forschende am Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz haben im Gehirn einen Schaltkreis identifiziert, der Mäuse bei Übelkeit vom Fressen abhält. Eine zentrale Rolle spielen dabei spezielle Nervenzellen in der Amygdala, die bei Übelkeit aktiviert werden und appetithemmende Signale übermitteln. Damit wird Appetitlosigkeit bei Übelkeit über andere Schaltkreise gesteuert als Appetitlosigkeit bei Sättigung. Eine bevorstehende Prüfung, eine Schiffsfahrt auf hoher See oder der nächste Kita-Keim haben alle etwas gemeinsam: Sie können ziemlich auf den Magen schlagen. Denn Stress, die Reisekrankheit oder bestimmte Infektionen führen mitunter auch dazu, dass den Betroffenen übel wird. Eigentlich logisch, in solchen Situationen erst einmal nichts zu essen und abzuwarten, bis sich die Lage bessert. Und so gehen Übelkeit und Appetitlosigkeit meist Hand in Hand. Was logisch erscheint, ist ein gesunder Schutzmechanismus unseres Körpers. Doch dieser muss erst einmal aktiviert werden. Dass das Gehirn dabei eine zentrale Rolle spielt, liegt auf der Hand: Es ist die Schaltzentrale für den Energiehaushalt des Körpers und regelt das Essverhalten. Wie verhindert also das Gehirn, dass wir essen, wenn uns schlecht ist? Forschende in der Abteilung von Rüdiger Klein haben dazu in Mäusen neue Erkenntnisse gewonnen. Sie konzentrierten sich auf eine Gehirnregion, die bei Emotionen auch rund ums Essen mitwirkt: die Amygdala. Dort befinden sich Nervenzellen, die das Essen fördern und solche, die den Appetit zügeln. Ein bekannter, hemmender Zelltyp wird zum Beispiel bei Sättigung aktiviert – doch wie das ganze bei Übelkeit aussieht, war bisher nur unzureichend geklärt. Wenyu Ding, Erstautorin der neuen Studie, entdeckte in der Amygdala nun eine weitere Zellgruppe mit negativem Einfluss auf den Appetit. Anders als bei dem bereits bekannten Zelltyp werden diese Zellen nicht bei Sättigung, sondern durch Übelkeit aktiviert. Schalteten die Forschenden die Zellen künstlich an, hörten selbst hungrige Mäuse auf zu essen. Im Gegenzug führte das Ausschalten der Zellen dazu, dass die Mäuse sogar aßen, wenn ihnen übel war. Um besser zu verstehen, wie dieser Zelltyp seine appetithemmende Funktion ausübt, analysierten die Forschenden den dazugehörigen Schaltkreis: Von wo erhalten die Zellen ihre Informationen und wohin erstrecken sich ihre Ausläufer? So ergab sich folgendes Bild: Ist der Maus schlecht, erreicht diese Information das Gehirn und schließlich die Amygdala. Dort wird der neue Zelltyp aktiviert und sendet seine hemmenden Signale in weit entfernte Gehirnregionen, unter anderem den parabrachialen Nucleus, eine Hirnstammregion, wo viele Informationen über den aktuellen Zustand des Körpers zusammenlaufen. Dies steht im Gegensatz zu dem Schaltkreis des zuvor bekannten Zelltyps, der hauptsächlich benachbarte Zellen innerhalb der Amygdala ansteuert. Damit wird klar: Appetitlosigkeit bei Sättigung ist nicht gleich Appetitlosigkeit bei Übelkeit. Im Gehirn sind dafür unterschiedliche Zellen und Schaltkreise verantwortlich – eine komplizierte Sache also und vielleicht ein kleiner Trost, wenn uns das nächste Mal schlecht ist. Vor allem aber liefert die neue Studie wichtige Erkenntnisse, wie das Essverhalten im Gehirn und speziell in der Amygdala reguliert wird. Das ist die Voraussetzung, um zukünftig die zahlreichen Krankheiten in Verbindung mit fehlgeleitetem Essverhalten im Menschen besser zu verstehen.
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