Gentherapie nach der Geburt könnte Kinder jahrelang vor HIV schützen14. August 2025 Stillen stellt einen der Hauptübertragungswege des HI-Virus auf Kinder dar. (Foto: © poco_bw – stock.adobe.com) Eine präklinische Tierstudie in „Nature“ zeigt, dass eine einzige Injektion einer Gentherapie kurz nach der Geburt einen jahrelangen Schutz vor einer HIV-Infektion bieten kann. Davon könnten vor allem Kinder in Hochrisikogebieten wie Subsahara-Afrika profitieren. „Täglich infizieren sich fast 300 Kinder mit HIV“, erklärte der Erstautor Amir Ardeshir, Associate Professor für Mikrobiologie und Immunologie am Tulane National Primate Research Center in Covington, USA, der die Studie zusammen mit Kollegen vom California National Primate Research Center in Davis, USA, durchgeführt hat. „Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, Neugeborene in Hochrisikogebieten in der empfindlichsten Phase ihres Lebens zu schützen.“ Der Zeitpunkt ist entscheidend In der Studie hatten die Forschenden nichtmenschlichen Primaten eine Gentherapie verabreicht, die die Zellen so programmiert, dass sie kontinuierlich HIV-bekämpfende Antikörper produzieren. Hierfür erwies sich der Zeitpunkt der einmaligen Behandlung, die einen langfristigen Schutz bietet, als entscheidend. So waren diejenigen Tiere, die die Behandlung innerhalb des ersten Lebensmonats erhielten, mindestens drei Jahre lang ohne Auffrischungsimpfung vor einer Infektion geschützt, was möglicherweise beim Menschen einen Schutz bis ins Jugendalter bedeutet. Im Gegensatz dazu zeigten diejenigen Jungtiere, die im Alter von acht bis zwölf Wochen behandelt wurden, ein weiter entwickeltes, weniger tolerantes Immunsystem, das die Behandlung nicht so effektiv annahm. „Dies ist eine einmalige Behandlung, die genau in den kritischen Zeitraum fällt, in dem HIV-infizierte Mütter in ressourcenarmen Gebieten am ehesten einen Arzt aufsuchen“, erklärte Ardeshir. „Solange die Behandlung kurz nach der Geburt erfolgt, akzeptiert das Immunsystem des Babys sie und betrachtet sie als Teil seines eigenen Körpers.“ Muskelzellen als Mikrofabriken für breit neutralisierende Antikörper Jährlich infizieren sich mehr als 100.000 Kinder mit HIV, vor allem durch die Übertragung von der Mutter auf das Kind nach der Geburt während der Stillzeit. Antiretrovirale Therapien haben sich bei der Unterdrückung des Virus und der Eindämmung der Übertragung als erfolgreich erwiesen, jedoch nehmen die Therapietreue und der Zugang zu Ärzten nach der Geburt ab, insbesondere in Gebieten mit eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung. Um die Behandlung durchzuführen, verwendeten die Forscher ein Adeno-assoziiertes Virus (AAV), um die genetische Information in Zellen zu übertragen. Das Virus adressierte Muskelzellen, die sich durch ihre Langlebigkeit auszeichnen, und gab dort Anweisungen zur Produktion von breit neutralisierenden Antikörpern (bNAbs) weiter, die mehrere HIV-Stämme neutralisieren können. Dieser Ansatz löste ein seit Langem bestehendes Problem mit bNAbs. Frühere Studien hatten gezeigt, dass sie HIV wirksam bekämpfen, jedoch erforderten sie wiederholte Infusionen, die kostspielig sind und in ressourcenarmen Umgebungen logistische Herausforderungen mit sich bringen. „Stattdessen verwandeln wir diese langlebigen Muskelzellen in Mikrofabriken, die diese Antikörper kontinuierlich produzieren“, beschreibt Ardeshir die Vorgehensweise. Injektion bald nach der Geburt ist am effektivsten Neugeborene zeigten eine höhere Toleranz und exprimierten hohe Konzentrationen von bNAbs, die eine Infektion während des simulierten Stillens und späterer Expositionen, die die sexuelle Übertragung nachahmten, erfolgreich verhinderten. Ältere Säuglinge und Kinder produzierten hingegen häufiger Antikörper gegen das Medikament, die die Behandlung unwirksam machten. Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die Exposition von Föten gegenüber den Antikörpern vor der Geburt älteren Säuglingen half, die Gentherapie später besser anzunehmen, wodurch die mit zunehmendem Alter häufig auftretende Immunabstoßung vermieden wurde. Dennoch stelle die einmalige Injektion bei der Geburt eine kostengünstigere und praktikablere Lösung für die Praxis dar und belaste die Mutter weniger, erklärte Ardeshir. Noch sind einige Fragen offen Unklar ist bislang noch, ob und wie sich die Ergebnisse auf menschliche Säuglinge und Kinder übertragen lassen, die möglicherweise weniger empfänglich für AAV-basierte Behandlungen sind. Außerdem wurde in der Studie nur ein Stamm des Simian-Human-Immundefizienz-Virus verwendet, der nicht die Vielfalt der HIV-Stämme widerspiegelt. Bei Erfolg könnte diese Behandlung jedoch die Mutter-Kind-Übertragungsrate von HIV in Hochrisikogebieten wie Subsahara-Afrika drastisch senken, wo 90 Prozent der HIV-Fälle bei Kindern auftreten, sind die Forschenden überzeugt. Sie könnte auch zum Schutz vor anderen Infektionskrankheiten wie Malaria angepasst werden, von der vor allem Kleinkinder in Ländern mit niedrigem Einkommen betroffen sind. „Noch vor zehn Jahren war so etwas undenkbar“, erklärte Ardeshir. „Das ist ein großartiges Ergebnis, und jetzt haben wir alle Zutaten, um HIV zu bekämpfen.“ (BIERMANN/ej)
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