Eine schnelle Diagnose kann Leben retten: S3-Leitlinie zur Bauchspeicheldrüsenentzündung verabschiedet28. Oktober 2021 Foto: © MQ-Illustrations/stock.adobe.com Die neue Leitlinie zur Pankreatitis, die die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Zusammenarbeit mit weiteren Fachgesellschaften erstellt hat, fasst den sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelnden Wissensstand über die Bauchspeicheldrüsenentzündung in ihren verschiedenen Formen zusammen. Hauptsymptome der akuten Pankreatitis sind plötzlich einsetzende, außerordentlich starke Oberbauchschmerzen. „Entscheidend für den Behandlungserfolg ist es, die Erkrankung früh zu erkennen und den Schweregrad richtig einzuschätzen, um so zügig die passende Therapie einzuleiten“, unterstreicht Prof. Markus M. Lerch, ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des LMU Klinikums München, der gemeinsam mit Prof. Julia Mayerle, Direktorin der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am LMU Klinikum, die Erstellung der Leitlinie koordiniert hat. Die gefürchtetste Form der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung ist aufgrund ihrer hohen Sterblichkeitsrate die nekrotisierende Pankreatitis. In ihrem Fall profitieren Betroffene besonders von erfahrenen Expertinnen und Experten in Zentren, die auf Therapie und Diagnostik spezialisiert sind. Hier spielt die interdisziplinäre Zusammenarbeit aus Chirurgen, Radiologen und Gastroenterologen eine herausragende Rolle für die Behandlungsqualität. So zeigen Studien, dass das Abtragen des abgestorbenen und infizierten Gewebes mittels eines minimalinvasiven endoskopischen Eingriffs einer offenen Operation klar überlegen ist, allerdings kann es hierbei zu Komplikationen kommen, die das rasche Handeln eines in der Pankreaschirurgie erfahrenen Chirurgen notwendig machen. Im Gegensatz dazu ist bei der durch Gallensteine verursachten akuten Pankreatitis im Hinblick auf eine frühe Therapie mittels endoskopischer retrograder Cholangiopankreatikographie (ERCP) meist Zurückhaltung geboten. „Solange keine Entzündung der Gallenwege mit Gefahr einer Blutstrominfektion besteht, sollte eine endoskopische Therapie nicht oder möglichst spät im Krankheitsverlauf erfolgen“, erläutert Mayerle die Ergebnisse der APEC-Studie aus den Niederlanden. Der effektivste Weg, Rückfälle zu vermeiden, ist die operative Entfernung der Gallenblase, da hier die meisten der verursachenden Gallensteine entstehen. Ein zweiter Teil der Leitlinie beschäftigt sich mit der chronischen Pankreatitis, einer Erkrankung, die durch wiederholte Entzündungsschübe zu einer progredienten Zerstörung der Bauchspeicheldrüse führt und mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität Betroffener einhergeht. Wichtige Auslöser dieser Erkrankung sind langjähriger Konsum von Alkohol und Tabak. Auch bei der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung sind Bauchschmerzen das wichtigste Symptom. Werden diese durch eine Abflussstörung des Pankreasganges verursacht, konnte in der ESCAPE-Studie belegt werden, dass eine möglichst frühzeitige operative Therapie für Patientinnen und Patienten das nachhaltigste langfristige Therapiekonzept ist. Eine weitere wichtige Therapieempfehlung betrifft die Gallengangstenosen, die auf dem Boden einer chronischen Pankreatitis entstehen. Hier konnte inzwischen gezeigt werden, dass mit dem Endoskop eingesetzte Stents die Verengungen weitet und in etwa 80 Prozent der Fälle mindestens mittelfristig eine deutliche Besserung für die Betroffenen erzielt werden kann. Insbesondere bei der chronischen Form der Pankreatitis kommt es immer wieder vor, dass Patientinnen oder Patienten unter Mangelernährung leiden, weswegen die beteiligten Fachgesellschaften Empfehlungen zur Ernährung in die Leitlinie aufgenommen haben. Neben der Behandlung mit zusätzlichen Verdauungsenzymen, rät die Leitlinie in vielen Fällen zur Anwendung von Zusatznahrung zur Steigerung des Body-Mass-Index nach erfolgter ernährungsmedizinischer Beratung. Eine weitere Empfehlung betrifft den strikten Alkoholverzicht. „Vielmals wird die Pankreatitis durch übermäßigen Alkoholkonsum ausgelöst, der im Übrigen auch andere innere Organe schwer schädigt. Wir empfehlen daher bei einer Pankreatitis den strikten Verzicht; selbst kleine Mengen Alkohol können unter Umständen schaden“, warnt Lerch. Die Leitlinie behandelt im Weiteren erstmals auch die autoimmune Pankreatitis und orientiert sich dabei an den gerade veröffentlichten Europäischen Leitlinien.
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