Entdeckung des Ursprungs von Speiseröhrenkrebszellen unterstreicht Bedeutung des Barrett-Ösophagus-Screenings13. August 2021 Abbildung: © Lars Neumann/stock.adobe.com Abnorme Zellen, die sich zu Speiseröhrenkrebs entwickeln, beginnen ihr Dasein als Magenzellen, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Cambridge (Großbritannien) berichten. Ihre kürzlich in „Science“ veröffentlichte Studie hat ergeben, dass einem Adenokarzinom des Ösophagus immer ein Barrett-Ösophagus vorausgeht, auch wenn diese Zellen zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose nicht mehr sichtbar sind. Dies bestätigt laut den Autorinnen und Autoren, dass das ein Screening auf einen Barrett-Ösophagus ein wichtiger Ansatz zur Kontrolle von Speiseröhrenkrebs ist. Forschende wissen ebenso wie Ärztinnen und Ärzte seit einiger Zeit, dass die Entstehung dieser Krebserkrankung mit einem Barrett-Ösophagus in Verbindung steht. Zwischen drei und 13 von 100 Personen mit dieser Erkrankung werden im Laufe ihres Lebens ein Adenokarzinom des Ösophagus entwickeln. Woher diese abnormen Zellen stammen, ist jedoch eine Frage, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Jahrzehnten beschäftigt. Eine multidisziplinäre Gruppe von Forschenden unter der Leitung von Prof. Rebecca Fitzgerald von der Cancer Unit des Medical Research Council der Universität Cambridge lieferte nun die bisher umfassendste Erklärung. Dr. Lizhe Zhuang, Co-Erstautorin der Studie, sagt: „Es ist faszinierend, dass ein Barrett-Ösophagus, obwohl er überwiegend im unteren Teil der Speiseröhre in der Nähe des Magens vorkommt, Becherzellen aufweist, die einem viel weiter entfernten Organ ähneln, nämlich dem Dünndarm. In den vergangenen zwanzig Jahren gab es mindestens sechs verschiedene Hypothesen zur Entstehung des Barrett-Ösophagus. Wir glauben, dass wir unter Anwendung neuester Verfahren eine Antwort auf dieses Rätsel gefunden haben.“ Das Forschungsteam analysierte Gewebeproben von Patientinnen und Patienten mit Barrett-Ösophagus sowie von Organspendern, bei denen die Erkrankung noch nie aufgetreten war. Die Proben wurden als Teil des Cambridge Biorepository for Translational Medicine am Addenbrooke’s Hospital, das Teil des Cambridge University Hospitals NHS Foundation Trust ist, gesammelt. Die Hauptautoren Dr. Karol Nowicki-Osuch und Dr. Lizhe Zhuang erstellten einen detaillierten Atlas menschlicher Zellen und Gewebe aus allen möglichen Ursprüngen des Barrett-Ösophagus, einschließlich der submukösen Drüsen der Speiseröhre – einer schwer fassbaren Gewebestruktur, die ähnlich wie Speicheldrüsen wirkt und nie zuvor aus frischem menschlichem Gewebe isoliert worden. Anschließend verglichen die Forscher die Karten von Zellen aus gesundem Gewebe, dem Barrett-Ösophagus und dem Adenokarzinom des Ösophagus mit einer Reihe modernster molekularer Technologien wie der Einzelzell-RNA-Sequenzierung. Analysiert wurden auch Methylierungsprofile und die genetische Abstammung, um die Herkunft eines bestimmten Zelltyps zurückzuverfolgen. Die Ergebnisse zeigten eine auffallende Ähnlichkeit zwischen Magenzellen und einem Barrett-Ösophagus, was laut den Forschenden darauf hindeutet, dass die Zellen ganz oben im Magen so umprogrammiert werden können, dass sie eine neue Gewebeidentität annehmen, mehr wie Darmzellen werden und die Ösophaguszellen ersetzen. Darüber hinaus zeigte das Team in dieser neuen Studie, dass zwei Gene, MYC und HNF4A, die Schlüssel sind, die die Gewebeidentität von Magen- auf Darmzellen umschalten. Dr. Karol Nowicki-Osuch, Mitautorin der Studie, erklärt: „Die von uns verwendeten Techniken haben uns die inneren Prozesse gezeigt, die in den Magenzellen ablaufen, wenn sie zu Barrett werden. Die große Frage ist nun: Was löst diese Gene aus? Es ist wahrscheinlich eine komplexe Kombination von Faktoren, die Gallensäurereflux (oft als Sodbrennen empfunden) und andere Risikofaktoren wie Fettleibigkeit, Alter, männliches Geschlecht und kaukasische Abstammung umfassen.“ Eine wichtige Erkenntnis der Forschenden war, dass alle Adenokarzinomzellen der Speiseröhre als Magenzellen beginnen, bevor sie sich in Barrett-Zellen und dann in Krebszellen verwandeln. Fitzgerald fügte hinzu: „Selbst wenn das präkanzeröse Barrett-Syndrom zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose nicht sichtbar ist, deuten unsere Daten darauf hin, dass die Krebszellen dieses Stadium durchlaufen haben. Dies wird seit einiger Zeit diskutiert, aber unsere Schlussfolgerung ist wichtig, da das Barrett-Screening ein wichtiger Ansatz zur Kontrolle von Speiseröhrenkrebs ist.“
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