Entzündliche und infektiöse Erkrankungen: Tomasiella immunophila verzögert Reparatur der schützenden Darmbarriere

Darstellung des Darmmikrobioms. (Abbildung: © Holly Design/stock.adobe.com)

Forschende der Cleveland Clinic (USA) haben ein neues Bakterium entdeckt, das das Immunsystem im Darm schwächt und möglicherweise zu bestimmten entzündlichen und infektiösen Darmerkrankungen beiträgt.

Das Team identifizierte das Bakterium Tomasiella immunophila als eines, das eine Schlüsselrolle beim Abbau einer entscheidenden Immunkomponente der vielschichtigen Immunbarriere des Darms spielt. Die Identifizierung dieses Bakteriums stellt laut den Wissenschaftlern einen ersten Schritt hin zur Entwicklung neuer Therapien für eine Vielzahl entzündlicher und infektiöser Darmerkrankungen dar. Diese Krankheiten, darunter Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), sind mit verringerten Konzentrationen von sekretorischem Immunglobulin A (SIgA) verbunden, einem Antikörper, der die Schleimhautoberflächen schützt.

„Unsere Studie belegt die entscheidende Rolle einer bestimmten Komponente des Darmmikrobioms für Gesundheit und Krankheit beim Menschen“, erläutert Dr. Thaddeus Stappenbeck, Leiter der Abteilung Inflammation und Immunität an der Cleveland Clinic ’s Department of Inflammation and Immunity und zudem Leiter der aktuell veröffentlichten Studie. „Durch die Identifizierung dieses spezifischen Bakteriums haben wir nicht nur unser Verständnis von Darmerkrankungen verbessert, sondern auch einen vielversprechenden neuen Behandlungsansatz eröffnet.“ Die Identifizierung dessen, was hinter dem Zusammenbruch der schützenden adaptiven Immunbarriere des Darms steht, sei ein wichtiger Schritt zur Entwicklung dringend benötigter Therapien beispielsweise bei CED, formuliert der Mediziner.

Weniger sekretorischem Immunglobulin A, Erhöhung des Infektionsrisikos

Im Darm bindet sich SIgA kontinuierlich an Mikroben und verhindert so, dass diese das Körpergewebe erreichen und schädigen. In früheren Untersuchungen hatte das Forscherteam entdeckt, dass Darmbakterien den SIgA-Spiegel senken können, was zu einem erhöhten Infektionsrisiko und überschießenden Entzündungen führen kann.

In ihrer neuen Studie fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Anwesenheit von T. immunophila im Darm die Anfälligkeit für Krankheitserreger erhöht und die Reparatur der Schutzbarriere des Darms verzögert. Die Studie liefert laut  Dr. Michael Silverman von der Abteilung für Infektionskrankheiten am Children’s Hospital of Philadelphia (USA) wichtige Erkenntnisse und zeigt einen potenziellen Mechanismus dafür auf, warum manche Menschen niedrige oder gar keine SIgA-Werte im Darm haben, aber dennoch normale SIgA-Werte in ihrem Blutkreislauf aufweisen. Silverman, Experte für die Entwicklung des Immunsystems, trug zu den Forschungsergebnissen bei. „Diese Entdeckung ist sehr wichtig, da SIgA im Darm als kritischer Bestandteil der Barriere für die Billionen von Mikroben fungiert, die in unserem Darm leben“, fährt er fort. „Diese Studie bietet einen neuen Weg zur Entwicklung von Therapeutika zur Manipulation von SIgA im Darm und zur Verbesserung der Gesundheit.“

„Wir wissen, dass eine beträchtliche Anzahl von Patienten mit diesem Defekt einem Infektions- und Entzündungsrisiko im Darm ausgesetzt ist“, ergänzt Studien-Koautor Dr. Qiuhe Lu. „Wir vermuteten, dass ein Darmmikroorganismus, der SIgA abbauen kann, der Übeltäter war. Wir glauben, dass wir durch unsere Arbeit wichtige therapeutische Ziele für eine Vielzahl von entzündlichen und infektiösen Erkrankungen des Menschen finden können.“