Entzündungen in Herzmuskelzellen bei Kindern: Sind defekte Gene eine Ursache?25. Mai 2022 Dr. Franziska Seidel, Klinik für Angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin (Foto: DHZB) Eine Forscherin des Deutschen Herzzentrums Berlin untersucht Krankheitsmechanismen von Herzmuskelentzündungen bei Kindern. Unterstützt wird sie dabei durch die Gerd-Killian-Projektförderung der Herzstiftung. Herzschwäche und Herzversagen werden bei Kindern oft durch eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder eine krankhafte Erweiterung der Herzkammern (dilatative Kardiomyopathie, DCM) hervorgerufen. Gerade bei Kindern unter zwei Jahren finden sich häufig schwere Krankheitsverläufe mit gleichzeitigem Vorliegen einer DCM und einer Inflammation, bei der Entzündungszellen im Herzmuskel gefunden werden. Dadurch sind eine typische Myokarditis und eine DCM nur schwer voneinander abzugrenzen. Genetische und immunologische Ursachen werden hier vermutet. In Untersuchungen konnten bei Patienten mit primärer DCM bereits Mutationen nachgewiesen werden. Gleichzeitig konnten auch bei Kindern mit Myokarditis und dem Bild der DCM genetische Veränderungen, die mit einer DCM einhergehen, identifiziert werden. Im Rahmen einer von der Deutschen Herzstiftung aus dem Gerd-Killian-Fonds mit 60.000 Euro geförderten Forschungsarbeit untersuchen nun Forscher um Dr. Franziska Seidel, Assistenzärztin an der Klinik für Angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB), diese Entzündungsprozesse in einem genetischen Modell genauer. Das Forschungsprojekt „Einfluss endogener und exogener Inflammation im BAG3-induzierten Modell der dilatativen Kardiomyopathie“ wird am ECRC (Experimental & Clinical Research Center) von Charité-Universitätsmedizin Berlin und Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch durchgeführt. Das Ziel der Studie ist die Analyse der endogenen wie auch exogenen Inflammation in einem In-vitro-Kardiomyozyten-Modell, das eine krankheitsverursachende genetische Variante im Gen Bag Cochaperone 3 (BAG3) trägt. BAG3 ist ein krankheitsverursachendes Gen der primären DCM. Krankheitsverursachende Variante im BAG3-Gen im Visier der Forscherin Genetische Veränderungen im BAG3-Gen können das Gleichgewicht und den Stoffwechsel von Herzmuskelzellen stören und zu einer DCM führen. Und solche Mutationen im BAG3-Gen wurden auch bei Kindern mit Myokarditis und dem Krankheitsbild einer DCM festgestellt. „Das begründet die Annahme, dass bei diesen Patienten möglicherweise eine endogene, also eine vom eigenen Organismus ausgehende Reaktion durch die BAG3-Mutation mit daraus resultierender Entzündung des Herzmuskels ausgelöst wird – und nicht nur etwa eine Herzmuskelentzündung durch eine Virus-Infektion im Rahmen eines Infektes“, erklärt Seidel. Die Ärztin und ihre Forscherkollegen vom Max-Delbrück-Centrum wollen diese Entzündungsprozesse nun genauer unter die Lupe nehmen. „Die Datenlage dazu ist allerdings bislang spärlich“, erklärt Seidel. Das Forscherteam will in einem Modell aus Stammzell-induzierten Herzmuskelzellen, die eine krankheitsverursachende Veränderung im BAG3-Gen tragen, zum einen die immunologisch wirksamen endogenen Faktoren analysieren. Dazu wird u. a. gemessen, welche entzündungsfördernden Stoffe (Zytokine) in den Zellen mit Genmutation entstehen. Zudem werden die Zellen mit bekannten inflammatorischen Zytokinen behandelt, um den Einfluss einer exogenen Inflammation vergleichen zu können. In einem 3D-Engineered Heart Tissue (EHT)-Modell, bestehend aus Herzmuskelzellen, soll darüber hinaus geprüft werden, wie sich die verschiedenen Entzündungsprozesse auf die Kontraktionsfähigkeit dieser Herzmuskelzellen auswirken. Herzmuskelentzündungen und Herzinsuffizienz: Therapieoptionen? „Das Thema Inflammation im Rahmen einer Herzinsuffizienz ist generell derzeit ein viel diskutiertes Thema, weil sich hieraus neue Therapieoptionen ergeben könnten“, erläutert Seidel. „Vor allem anhaltende Entzündungsvorgänge im Herzmuskel setzen dabei offenbar einen Prozess in Gang, der zur Gewebeumbildung im Herzen führt, der wiederum durch Ausschüttung von Zytokinen weitere Immunzellen aktiviert – ein Teufelskreislauf entsteht.“ So scheinen immunsuppressive oder -modulatorische Therapien wie IL-1-Inhibitoren (Anakinra, Canakinumab) oder T-Zell-Modulatoren wie IL-2-Antagonisten vielversprechende therapeutische Ansätze zu sein, um diesen Kreislauf der chronischen Inflammation im Rahmen der Herzinsuffizienz zu unterbrechen.
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