Epilepsie: Schlafähnliche Hirnaktivität nach Hemisphärotomie

Illustration: Nach einer Hemisphärotomie zeigt die isolierte Hemisphäre schlafähnliche Aktivität, während die intakte Hemisphäre wach bleibt. (Bild: © Michele A. Colombo)

Eine Studie in „PLOS Biology“ zeigt, dass bei Epilepsiepatienten isolierte Hirnareale noch über Jahre hinweg schlafähnliche Hirnaktivität nach Hemisphärotomie aufweisen – selbst im wachen Zustand. Das Team der Universität Mailand (Italien) untersuchte die elektrische Aktivität mittels EEG.

Die Hemisphärotomie ist ein etabliertes Verfahren zur Behandlung schwerer kindlicher Epilepsieformen. Ziel ist es, das pathologisch aktive Hirngewebe vollständig funktionell vom restlichen Gehirn zu trennen und so die Ausbreitung epileptischer Aktivität zu verhindern. Die betroffene Hemisphäre bleibt dabei anatomisch erhalten und weiter durchblutet, ist jedoch von sensorischen und motorischen Netzwerken isoliert. Es bleibt offen, ob das isolierte Areal interne Zustände aufrechterhält, die mit einer Form von Bewusstsein vereinbar sind. Generell ist noch wenig darüber bekannt, welche Aktivitätsmuster große Teile des abgekoppelten Kortex im Wachzustand zeigen können.

Lang anhaltende langsame Wellen nach Operation

Um diese Fragen zu beantworten, verwendeten Prof. Marcello Massimini und Kollegen in ihrer Studie die Elektroenzephalographie (EEG). Sie maßen die Aktivität im isolierten Kortex im Wachzustand vor und bis zu drei Jahre nach der Operation bei zehn pädiatrischen Patienten, wobei sie sich auf die nicht-epileptische Hintergrundaktivität konzentrierten.

Nach der Operation traten ausgeprägte langsame Wellen über dem getrennten Kortex auf. Dies ist den Forschenden zufolge ein neuer Beweis dafür, dass schlafähnliche Hirnaktivität nach Hemisphärotomie noch Monate und Jahre anhalten kann. Das Fortbestehen langsamer Wellen wirft die Frage auf, ob sie eine funktionelle Rolle spielen oder lediglich eine Regression zu einem Standardmodus kortikaler Aktivität widerspiegeln.

EEG-Muster deuten auf reduziertes Bewusstsein hin

Die ausgeprägte Breitband-EEG-Verlangsamung ähnelte Mustern, die unter Bedingungen wie tiefem Non-REM-Schlaf (NREM), Vollnarkose und im vegetativen Zustand beobachtet wurden. Die Ergebnisse deuten auf eine fehlende oder verringerte Wahrscheinlichkeit traumähnlicher Erfahrungen im isolierten Kortex hin. Insgesamt sind die EEG-Beweise den Wissenschaftlern zufolge mit einem Zustand fehlenden oder verringerten Bewusstseins vereinbar.

Die Autoren betonen, dass Rückschlüsse auf das Vorhandensein oder Fehlen von Bewusstsein, die ausschließlich auf physikalischen Eigenschaften des Gehirns wie langsamen EEG-Wellen beruhen, mit Vorsicht zu ziehen sind. Besonders gilt dies für neuronale Strukturen, die sich verhaltensmäßig nicht untersuchen lassen. In Fällen, die eine postoperative invasive Überwachung erfordern, sollte die auf der Kopfhaut gemessene Verlangsamung durch intrakranielle Aufzeichnungen weiter charakterisiert werden.

Perspektiven der Forschenden

Die Erstautorin Michele A. Colombo erklärt: „Dies ist erst der Anfang der Aufklärung des Problems des Bewusstseins in unzugänglichen Systemen. Während des Überarbeitungsprozesses wurden wir mit verschiedenen Perspektiven konfrontiert, die die Komplexität dieses Problems offenlegten.“ Marcello Massimini, Letztator der Studie, fügt hinzu: „Dieses Muster könnte Hinweise darauf liefern, warum bei Patienten mit Hirnläsionen schlafähnliche Hirnaktivität auftritt und wie diese mit ihrem Bewusstseinsgrad zusammenhängt.“