Erforschung der mit Lebermetastasen verbundenen Biologie von Darmtumoren: Zukunftsweisender Ansatz22. Oktober 2025 Abbildung: © Vikkymir Store/stock.adobe.com Um die Biologie von Darmkrebs-Lebermetastasen am lebenden Organ außerhalb des Körpers zu untersuchen, haben Mediziner an der Medizinischen Universität Innsbruck die Normotherme Maschinenperfusion (NMP) genutzt. Das neuartige Krebsmodell bietet laut den Innsbruckern Onkologen und Transplantations-Chirurgen in Zukunft die Möglichkeit, neue Krebstherapien lebensnah zu testen und deren Entwicklung zu verbessern. Zusammenarbeit von Onkologen und Transplantations-Chirurgen Die Leber ist das Organ, das am häufigsten von Metastasen des Kolorektalkarzinoms besiedelt wird. Die genauen Entstehungsmechanismen dieser Ableger des Primärtumors seien bisher nicht ausreichend erforscht, heißt es in einer Mitteilung der Medizinischen Universität Innsbruck (Österreich) anlässlich der Veröffentlichung der neuen Studie. Noch fehle es an Krebsmodellen, an denen kolorektale Lebermetastasen und damit die Tumorbiologie unter möglichst realen Bedingungen in menschlichen Organen untersucht werden können. Mit den Ergebnissen der gerade im „Journal Molecular Cancer“ veröffentlichten Forschungsarbeit eines Teams um den Hämato-Onkologen PD Dr. Andreas Pircher und dem Transplantationschirurgen Prof. Rupert Oberhuber könnte sich das bald ändern. Die Zusammenarbeit der Forschenden von der Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie sowie der Universitätsklinik für Viszeral-, Thorax- und Transplantationschirurgie soll den Weg zu einem zukunftsweisenden Krebsmodell ebnen, mit dem Tumorzellen sehr nah am Menschen analysiert, neue Therapieansätze entwickelt und spezifische Behandlungen getestet werden könnten. NMP als ideale Voraussetzung auch für die Forschung „Die Normotherme Maschinenperfusion (NMP) bietet die Möglichkeit, ein Organ wie die Leber außerhalb des Körpers am Leben zu erhalten – ideale Voraussetzungen, um das Verhalten und die Dynamik von Zellpopulationen zu studieren und unser Verständnis über die Umgebungsbedingungen eines Tumors und die Mechanismen der Metastasierung zu erweitern. Das haben wir uns zu Nutze gemacht“, erklärt Pircher Im Zuge der Innsbrucker Forschungsarbeit wurden im Zeitraum von fünf Jahren sechs Lebern beziehungsweise Teile von Lebern, die im Rahmen von Tumoroperationen oder einer Lebertransplantation entnommen worden waren, mittels NMP über Tage konserviert und untersucht. „Mit der Normothermen Maschinenperfusion ist es heute in der Transplantationsmedizin standardmäßig möglich, eine Leber bis zu 48 Stunden zu durchbluten und für die Implantation vorzubereiten“, erläutert Oberhuber. „Für unsere Forschungszwecke gelang es, die Konservierung metastasierter Lebern auf bis zu sieben Tage auszudehnen.“ Somit konnten die Innsbrucker Forschenden das Verhalten der Krebszellen und deren Umgebung außerhalb des Körpers unter lebensnahen Bedingungen analysieren und neue Einblicke in eine hochkomplexe Dynamik gewinnen. Betrachtung der Gesamtheit der Zellen im Ex-vivo-Modell Der besondere Mehrwert dieses Ex-vivo-Modells liegt laut den Studienautoren vor allem darin, dass sich in der durchbluteten Leber die Gesamtheit aller dort vorkommenden Zellen abbilden und erforschen lässt. In diesem vollständigen Setting ließ sich nachweisen, dass myeloide Zellen durch lokale Faktoren im Tumorgewebe zurückgehalten werden. „Gemeint sind vor allem SPP1-positive myeloische Zellen, die in fibrotischen, sauerstoffarmen Nischen verweilen und andere Immunzellen fernhalten. Diese langlebigen Zelltypen dürften das Tumorwachstum fördern und mit einer schlechteren Prognose bei Darmkrebs verbunden sein“, beschreibt Erstautor Manuel Trebo eine zentrale Erkenntnis aus der Studie. Einsatz modernster Omics-Verfahren Um die zelluläre Zusammensetzung des Tumors im durchbluteten Organ über die Zeit charakterisieren zu können, nutzten die Innsbrucker Forschenden modernste Omics-Technologien wie Einzelzell-RNA-Sequenzierung und Spatial Transcriptomics. Damit konnten die verschiedenen Zelltypen im Tumorgewebe nicht nur identifiziert, sondern auch lokalisiert werden – wichtige Hinweise, um die komplexe Tumorbiologie darstellen und für zukünftige Therapieforschung einsetzen zu können.Mit der Verknüpfung der hier angewandten innovativen Technologien liefern die Innsbrucker Studienautoren laut eigenen Angaben erstmals eine Basis für die Funktionsfähigkeit und Tauglichkeit der NMP als innovatives Ex-vivo-Tumormodell. Eine Validierung dieser Ergebnisse müsse in weiteren Studien erfolgen, erklären die Forschenden, deren Studie mit Drittmitteln aus dem 1000-Ideen-Programm des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF sowie der Tiroler Wissenschaftsförderung durchgeführt wurde.
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