Ernährung und Schlaganfallrisiko: Weniger rotes Fleisch, weniger Hirninfarkte?26. August 2020 Obst, Gemüse und eine vollkornreiche Kost senken das Schlaganfallrisiko. (Foto: ©Daisy Daisy – stock.adobe.com) Vollkornprodukte, Obst und Gemüse, Nüsse und Samen, Käse und Molkereiprodukte schützen vor Hirninfarkten, der Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch hingegen erhöht (möglicherweise) das Risiko. So lassen sich der DGN zufolge die Ergebnisse einer großen europäischen Kohortenstudie zusammenfassen. Laut Angaben des Robert Koch-Instituts ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und der häufigste Grund für bleibende Behinderungen bei Erwachsenen. Eine große europäische Studie analysierte nun, inwieweit Ernährungsgewohnheiten auf das Schlaganfallrisiko Einfluss nehmen. Das Neue dabei: Die Studie wertete die diätetischen Risikofaktoren nicht nur für das Schlaganfallrisiko insgesamt aus, sondern differenzierte zwischen ischämischen und hämorrhagischen Schlaganfällen. Wie sich zeigte, unterschieden sich die ernährungsbedingten Risikofaktoren zwischen den beiden Schlaganfallarten. „Im Prinzip ist das nicht verwunderlich, denn beide Schlaganfallarten haben einen unterschiedlichen Pathomechanismu“, erklärt Prof. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG). Die Studie analysierte unter anderem soziodemographische Faktoren, Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil einer Kohorte von fast 420.000 Menschen in neun europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Griechenland, Italien, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden und Vereinigtes Königreich). Diese Kohorte wurde in den Jahren 1992 und 2000 im Rahmen der „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition“ (EPIC)-Studie rekrutiert. Nach einem mittleren Follow-up von 12,7 Jahren waren insgesamt 4281 ischämische und 1430 hämorrhagische Schlaganfälle aufgetreten. Die demographische Analyse zeigte, dass die Betroffenen insgesamt älter waren als die übrigen Studienteilnehmer, ein etwas höheres Körpergewicht hatten, häufiger starke Raucher gewesen waren und im Durchschnitt auch etwas mehr Alkohol tranken. Besonders aufschlussreich war die Analyse der Ernährungsgewohnheiten. Teilnehmer, die einen ischämischen Schlaganfall erlitten, hatten mehr rotes und verarbeitetes Fleisch konsumiert, aber weniger Vollkornprodukte, Obst und Gemüse, Nüsse und Samen, auch weniger Käse und Molkereiprodukte. Das höhere Risiko, das durch einen erhöhten Verzehr an rotem und verarbeiteten Fleisch (>50 g/Tag) in der multivariaten Analyse beobachtet wurde, verringerte sich, wenn gegen andere Lebensmittel adjustiert wurde. Der negative Effekt des Fleisches konnte also beispielsweise durch eine vollkornreiche Kost ausgeglichen werden. Die positiven Effekte von Vollkornprodukten, Obst und Gemüse, Nüssen und Samen, Käse und Molkereiprodukten blieben in allen Analysen stabil. „Fazit der Studie in Bezug auf den ischämischen Schlaganfall ist also, dass man sein persönliches Erkrankungsrisiko durch Obst, Gemüse und eine vollkornreiche Kost senken kann“, erklärt Prof. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). „Auf das Risiko für Hirnblutungen scheinen diese Ernährungsfaktoren hingegen keinen schützenden Einfluss zu haben.“ Denn die vorliegende Auswertung zeigte, dass lediglich der Konsum von Eiern das Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle nennenswert erhöhte – das Risiko stieg pro 20 g/Tag um den Faktor 1,25 an –, ansonsten hatte aber kein Ernährungsfaktor einen signifikant schädigenden oder schützenden Effekt. Wie die Studienautoren ausführen, waren die positiven und negativen Effekte, die durch die Ernährung erzielt wurden, wahrscheinlich keine direkten Effekte, sondern blutdruck- und/oder blutfettvermittelt. Es ist bekannt, dass die Nahrungsmittel, die vor einem ischämischen Schlaganfall schützten, den Blutdruck senken. Rotes und verarbeitetes Fleisch und Eier hingegen erhöhen den Blutdruck sowie das Gesamtcholesterin. „Wir wissen, dass eine gesunde Ernährung den beiden Hauptrisikofaktoren des Schlaganfalls, Hypertonie und Hyperlipidämie, vorbeugt und somit in jedem Fall sinnvoll ist – allerdings bleibt die Frage unbeantwortet, ob beispielsweise der Konsum von Eiern auch zu mehr Hirnblutungen führt, wenn der Blutdruck und die Fettwerte medikamentös kontrolliert werden, ob also Ernährungsfaktoren zusätzliche, direkte Effekte auf das Schlaganfallrisiko haben“, so das Fazit des DGN-Pressesprechers. Originalpublikation: Tong TYN et al. The associations of major foods and fibre with risks of ischaemic and haemorrhagic stroke: a prospective study of 418 329 participants in the EPIC cohort across nine European countries. Eur Heart J 2020;41(28):2632–2640.
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