ERS 2025: Zahlen verdeutlichen globalen Verlust gesunder Lebensjahre von Kindern durch Passivrauch9. Oktober 2025 Foto: © vejaa/stock.adobe.com Wie eine neue Studie zeigt, gehen Kindern global 8,45 Millionen gesunde Lebenstage pro Jahr dadurch verloren, dass sie Passivrauch ausgesetzt sind. Die Autoren zeigen auch auf, dass Kinder in sozioökonomisch schwachen Regionen der Welt am stärksten von Passivrauch betroffen sind. Im September hatte Dr. Siyu Dai die Ergebnisse beim Kongress der European Respiratory Society (ERS) in Amsterdam (Niederlande) vorgestellt. Die Assistenzprofessorin an der Fakultät für Klinische Medizin der Hangzhou Normal University und Forschungsmitarbeiterin in der Abteilung für Pädiatrie der Chinesischen Universität Hongkong (China) erklärte: „Passivrauchen trägt maßgeblich zu vermeidbaren Krankheiten und Todesfällen bei Kindern bei, und es gibt keinen Grenzwert, bis zu dem eine solche Belastung sicher ist.“ Sie ergänzte: „Kleinkinder sind besonders anfällig, da sich ihr Körper und ihre Lunge noch in der Entwicklung befinden und sie kaum Kontrolle über ihre Umgebung haben.“ Quantifizierung der Folgen von Passivrauch bei Kindern Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation verursacht die Exposition gegenüber Passivrauch jährlich 1,2 Millionen vorzeitige Todesfälle, darunter etwa 65.000 bei Kindern, die jünger sind als 15 Jahre. „Wir wissen jedoch, dass viel mehr Kinder an Erkrankungen leiden, die dadurch verursacht werden, dass in ihrem Umfeld geraucht wird“, erklärte Dai. „Deshalb wollten wir dieses Problem global und regional quantifizieren, um Erkenntnisse für präzisere Tabakkontrollmaßnahmen zu liefern.“ In der laut ihren Angaben ersten globalen Studie zu den Auswirkungen von Passivrauchen auf Kinder im Alter unter 14 Jahren analysierten Dai und ihre Kollegin Ruiying Jin Daten der Global Burden of Disease Study. Eine der wichtigsten Messgrößen in diesem Zusammenhang ist das krankheitsbereinigte Lebensjahr (DALY), das die Gesamtkrankheitslast abbildet. Durch Passivrauch verlorene DALYs und sozioökonomischer Index Anhand von Daten aus mehr als 200 Ländern und Gebieten errechneten die Forscherinnen die durch Passivrauchen verlorenen Jahre für Kinder im Alter von 0 bis 14 Jahren in den wichtigsten Krankheitskategorien für die Jahre 1990 bis 2021. Anschließend glichen sie diese mit dem soziodemografischen Index ab. Dieser kombiniert Informationen zu Wirtschaft, Bildung und Geburtenrate von Ländern weltweit und stellt die soziale und wirtschaftliche Entwicklung dar. Die Wissenschaftlerinnen stellten fest, dass die Belastung durch Passivrauchen im Jahr 2021 bei Kindern zu 3,79 Millionen DALYs aufgrund von Infektionen der unteren Atemwege (akute Bronchitis, Pneumonie) beitrug sowie zu 0,80 Millionen DALYs durch Mittelohrentzündungen und 3,86 Millionen durch thorakale Infektionen und Tuberkulose. Somit stelle Passivrauch immer noch ein ernstes Gesundheitsrisiko für Kinder weltweit dar – insbesondere jedoch in ärmeren Regionen der Welt, wo die in DALYs gemessene Krankheitslast deutlich höher ist. Faktoren, die zu einer stärkeren Passivrauch-Last führen Regionen mit hohen Werten beim soziodemografischen Index (SDI) wiesen altersstandardisierte DALY-Raten von 7,64 beziehungsweise 10,25 pro 100.000 Kinder für Infektionen der unteren Atemwege beziehungsweise für Atemwegsinfektionen/Tuberkulose auf. Im Vergleich dazu lagen die Raten in Regionen mit niedrigem SDI-Wert bei 302,43 beziehungsweise 305,40. Dass Kinder in Gegenden mit niedrigem SDI stärker durch Passivrauch belastet werden, sei wahrscheinlich auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen, sagte Dai. Eine Rolle dabei könnte ein geringeres öffentliches Bewusstsein für die Gefahren des Passivrauchens spielen. Die Forscherin nannte auch beengte Wohnverhältnisse sowie eine schwächere Tabakkontrollpolitik als mögliche Gründe. Diese Bedingungen können zu einer höheren Belastung von Kindern führen. „Allein im Jahr 2021 ging mit der Exposition gegenüber Passivrauch ein Verlust von fast 8,45 Millionen gesunden Lebensjahren aufgrund von Atemwegsinfektionen und Tuberkulose einher“, berichtete Dai. „Dies verdeutlicht die vermeidbare Belastung, die die am wenigsten entwickelten Gebiete der Welt trifft. Dass Kinder all diese gesunden Lebensjahre verlieren könnte verhindert werden, wenn sie vor dem Zigarettenrauch anderer geschützt würden“, fügte sie hinzu. Ausblick auf weiterführende Forschung Dai plant nun weitere Analysen der Belastung durch Passivrauch-bedingte Atemwegserkrankungen, basierend auf Alter, Geschlecht und anderen Faktoren. Ziel dabei ist es, in naher Zukunft präzisere und gezieltere Interventionen zu ermöglichen. „Diese Studie quantifiziert den enormen Schaden, den Kinder weltweit durch Passivrauchen erleiden“, kommentierte Dr. Filippos Filippidis vom Imperial College in London (Großbritannien) als Vorsitzender des Tabakkontrollausschusses der ERS. „Sie ist ein Alarmsignal und erinnert und daran, dass wir viel mehr zum Schutz von Kindern tun müssen. Insbesondere müssen wir Gesetze schaffen und durchsetzen, die das Rauchen an Orten einschränken, an denen Kinder leben oder zur Schule gehen. Der wirksamste Ansatz ist jedoch, das Rauchen in allen Altersgruppen zu reduzieren, was auch die Passivrauchlast von Kindern erheblich verringern würde.“ Passivrauch kann generationenübergreifenden Effekt haben Erst kürzlich war in der Zeitschrift „Thorax“ eine Studie veröffentlicht worden, in der der generationenübergreifende Effekt einer Passivrauch-Exposition in der Kindheit beschrieben wurde (wir berichteten). Die Autoren hatten zeigen können, dass Kinder, deren Väter wiederum in deren Kindheit dauerhaft Passivrauch ausgesetzt waren, später im Leben ein erhöhtes Risiko für eine Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) besaßen. War die zweite Generation selbst regelmäßig Passivrauch ausgesetzt, nahm dieses Risiko noch zu. (ac/BIERMANN)
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