Erstmals wichtige Rolle von Immunzellen im Darm bei Eisenmangel identifiziert

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Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität (MedUni) Wien (Österreich) hat erstmals feststellen können, dass eine Fehl- oder Überfunktion bestimmter Immunzellen im Darm bei der Eisenaufnahme im Körper eine wichtige Rolle spielt. 

Für einen ausgeglichenen Eisenstoffwechsel müssen täglich zirka ein bis zwei Milligramm des Spurenelementes über die Nahrung zugeführt und schließlich im Zwölffingerdarm (Duodenum) aufgenommen werden. Dass Makrophagen in diesem Darmabschnitt die Eisenaufnahme kontrollieren, konnte das Forschungsteam um Nyamdelger Sukhbaatar und Prof. Thomas Weichhart vom Zentrum für Pathobiochemie und Genetik der MedUni Wien nun erstmals zeigen.

Konkret ergaben die Forschungen, dass eine Aktivierung der Makrophagen direkt im Zwölffingerdarm zu einem Stopp der Eisenverfügbarkeit im Körper führt. „Wir konnten feststellen, dass die Makrophagen im Duodenum das Eisentransportmolekül Transferrin gleichsam wegfressen. Somit bleibt das Eisen in den Darmzellen und kann nicht mehr in den Blutkreislauf gelangen“, erläutert Erstautorin Sukhbaatar. Darüber hinaus ergab die Studie, dass auch beim Fasten, bei der Nahrungsaufnahme oder während einer Darminfektion Makrophagen aktiviert werden und sich dadurch die Menge an Transferrin im Darm ändert. „Damit stellen unsere Erkenntnisse einen echten Paradigmenwechsel dar, wurde doch bisher davon ausgegangen, dass Transferrin überall im Körper immer gleichmäßig vorhanden ist und bei der Eisenregulation eigentlich keine Rolle spielt“, unterstreicht Studienleiter Weichhart.

Neuer Ansatz für therapeutische Möglichkeiten

Vor dem Hintergrund ihrer Studienergebnisse untersucht das Forschungsteam derzeit, ob die Makrophagen im Darm und deren Regulation von Transferrin auch bei entzündlichen Darmerkrankungen, Darminfektionen oder Magenschleimhautentzündungen gestört sein könnten. Potenzielle therapeutische Ansätze gebe es bereits: Im Tiermodell konnten klinisch zugelassene Medikamente (mTOR-Hemmer oder Serinproteaseblocker) die Mengen von Transferrin erhöhen und die Eisenverfügbarkeit für den Organismus wiederherstellen. Ob diese Behandlungsmöglichkeiten auch beim Menschen eingesetzt werden können, soll ebenfalls in weiteren Studien erforscht werden.

Ausgeglichener Eisenstoffwechsel wichtig für Gesundheit

Ein ausgeglichener Eisenstoffwechsel ist eine wesentliche Voraussetzung für die Gesundheit.
Eisen ist ein wichtiger Bestandteil des Blutfarbstoffes Hämoglobin. Mangelt es dem Körper an diesem Spurenelement, ist Blutarmut die Folge. Ebenso fatal ist ein Überschuss an Eisen, ausgelöst durch bestimmte genetische Erkrankungen wie der Hämochromatose, bei der die überschüssige Eisenablagerung langfristig viele Organe zerstört. Daher hat unser Organismus einige, teilweise redundanten Mechanismen entwickelt, um genau die richtige Menge an Eisen aufzunehmen. Dennoch zählen nicht nur eine Eisenmangelernährung, sondern auch eine gestörte Eisenaufnahme trotz genügend Eisenverfügbarkeit in der Nahrung zu den häufigsten Ursachen von Eisenmangel und Blutarmut. Die neue Studie legt nahe, dass Immunzellen im Zwölffingerdarm für Eisenabsorptionsprobleme verantwortlich sein könnten.