Escherichia coli als Pathogen: Wie wird ein Bakterium zum Krankheitserreger?

Escherichia-coli-Bakterien im Rasterelektronenmikroskop. (Foto: © HZI/Rohde)

Das Bakterium Escherichia coli kommt unter anderem im Darm des Menschen vor. Dort ist es harmlos, aber unter bestimmten Umständen kann es auch zum Krankheitserreger werden. Es kann Blasenentzündungen oder auch Blutvergiftungen hervorrufen.

Ein Team von Forschenden um den RESIST-Professor Marco Galardini am TWINCORE hat gemeinsam mit Kollegen von der medizinischen Fakultät der Universität Paris (Frankreich) untersucht, ob bestimmte Gene des Bakteriums E. coli im Zusammenhang mit dem Schweregrad der verursachten Erkrankungen stehen.

Als Kommensale verursacht E. coli im Darm normalerweise keinen Schaden, kann aber dort ebenso wie in anderen Organen auch zum Pathogen werden. Im Urogenitaltrakt verursacht E. coli beispielsweise Blasenentzündungen und in der Blutbahn kann er eine Sepsis hervorrufen. Die Blutvergiftung ist eine gefürchtete Folge von bakteriellen Infektionen und kann in zehn bis 30 Prozent der Fälle sogar tödlich verlaufen. Wie schwer eine solche Infektion verläuft, ließ sich bisher nicht anhand der genetischen Ausstattung des Keims vorhersagen.

Forschende vom TWINCORE in Hannover haben nun analysiert, ob bestimmte genetische Varianten von E. coli im Zusammenhang mit einem schwereren Verlauf stehen. „ Wir haben eine sogenannte genomweite Assoziationsstudie durchgeführt“, sagt Marco Galardini, Leiter der RESIST-Forschergruppe Systembiologie Mikrobieller Gemeinschaften. „Dafür haben wir Bakterienproben aus zwei großen Patientenstudien sequenziert und mit dem Verlauf der Infektion korreliert.“ Außerdem wurden Charakteristika wie Alter, Geschlecht oder bekannte Vorerkrankungen mit in die Analyse einbezogen.

Gene, die die Schwere der Erkrankung bestimmen, konnte das Team von Galardini nicht identifizieren. Allerdings machten sie eine andere, interessante Entdeckung: „Eine bestimmte Genkassette stand in klarem Zusammenhang mit Infektionen, die im Harntrakt begonnen haben“, sagt Galardini. Hieraus lässt sich eine Strategie zur Vermeidung von lebensbedrohlichen Erkrankungen ableiten. „Man könnte zukünftig die Erreger bei einer Blasenentzündung sequenzieren und dann entscheiden, ob die medikamentöse Behandlung vorsichtshalber angepasst werden sollte“, sagt Galardini.

Dass die Forschenden keinen Zusammenhang zwischen dem Genom der Bakterien und dem Krankheitsverlauf nachweisen konnten, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es keinen gibt. „Es könnte genauso gut sein, dass die Zahl der von uns untersuchten Proben zu klein war“, sagt Galardini. „In einer Simulation zeigte sich, dass die zehnfache Anzahl von Proben nötig wäre, um die Verbindung mit höherer Sicherheit nachzuweisen oder auszuschließen.“

Deshalb bereitet Galardini mit seinen französischen Kooperationspartnern eine umfangreichere Nachfolgestudie vor. Einen entsprechenden Antrag für die dafür nötigen Fördermittel haben sie bereits gestellt.