ESMO 2024: Immuntherapie verbessert das langfristige Überleben bei immer mehr Krebserkrankungen20. September 2024 Bild: ©kebox – stock.adobe.com Immuntherapien verbessern das langfristige Gesamtüberleben (OS) bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom. Dies zeigen Ergebnisse großer internationaler Studien, die auf dem ESMO 2024 – dem jährlichen Kongress der European Society for Medical Oncology (ESMO) – vorgestellt wurden. (1,2) Jene Wissenschaftler, die die Studie mit der bislang längsten Nachbeobachtung durchgeführt haben, sprechen davon, dass Immuntherapien bei Patienten, die auf diese Behandlung ansprechen, Heilungspotenzial bieten. (1) Weitere dort präsentierte klinische Studien zeigen ein verbessertes langfristiges Überleben mit einer Immuntherapie vor und nach der Operation bei Frauen mit triple-negativem Brustkrebs im Frühstadium und bei muskelinvasivem Blasenkrebs. (3,4) „Die wichtigste Botschaft all dieser Studien ist, dass die Immuntherapie weiterhin ihr Versprechen und die Hoffnung auf ein langfristiges Überleben für viele Patienten mit verschiedenen Krebsarten hält“, erklärte Dr. Alessandra Curioni-Fontecedro, Professorin für Onkologie an der Universität Freiburg und Direktorin der Onkologie am Spital Freiburg in der Schweiz, die nicht an der Studie beteiligt war. „Beim ESMO 2024 sehen wir viele Studien zu vielen verschiedenen Krebsarten, die zeigen, dass die Immuntherapie über einen langen Zeitraum wirken kann.“ Die Ergebnisse einer Phase-III-Studie zur Immuntherapie mit einer Anti-PD-1-basierten Therapie zeigten einen anhaltenden langfristigen Überlebensvorteil bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom. (1) Nach einer Nachbeobachtung von mindestens 10 Jahren betrug das mediane OS bei Patienten, die in der CheckMate-067-Studie randomisiert eine Kombinationsimmuntherapie mit Nivolumab plus Ipilimumab erhielten, 71,9 Monate (~6 Jahre). Nur sehr wenige der Patienten, die zunächst gut auf eine Anti-PD-1-basierte Immuntherapie ansprachen und bei denen es mindestens 3 Jahre lang zu keiner Progression kam, waren nach 10 Jahren an ihrem Melanom verstorben (Rate des Melanom-spezifischen 10-Jahres- Überlebens 96 %). Die Autoren vermuten, dass bei Patienten, die auf diese Behandlungen ansprechen, nun von Heilungspotenzial ausgegangen werden kann. „Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen das Heilungspotenzial durch Immuntherapien bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom“, stimmte Dr. Marco Donia zu, außerordentlicher Professor für klinische Onkologie am Nationalen Zentrum für Krebsimmuntherapie Dänemarks, Universitätsklinikum Kopenhagen, Standort Herlev, Dänemark, der ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war. Er fügte hinzu: „Bei Patienten, bei denen es über drei Jahre hinaus zu keiner Progression kommt, zeigen diese längerfristigen Ergebnisse, dass die meisten von ihnen nie progredient werden. Das Melanom-spezifische Überleben ist in dieser Patientengruppe sehr hoch.“ „Wichtig ist, dass der langfristige Überlebensvorteil durch Immuntherapien auch in der klinischen Routinepraxis außerhalb klinischer Studien zu sehen ist“, fuhr Donia fort. „Die Immuntherapie hat das fortgeschrittene Melanom von einer einst tödlichen Krankheit mit einer medianen Überlebenszeit von weniger als einem Jahr in das verwandelt, was wir heute sehen, wo die Hälfte der Patienten viele Jahre überlebt.“ Seiner Meinung nach wirft dies praktische Fragen darüber auf, wie diese Patienten am besten weiterbetreut werden können, einschließlich der Frage, ob sie auf lange Sicht Kontrolluntersuchungen benötigen. „Es unterstützt auch ihr Recht, als ehemalige Krebspatienten ‚vergessen zu werden‘, nachdem sie nach Abschluss der Behandlung fünf Jahre lang krebsfrei waren, damit sie bei der Beantragung von Krediten nicht gegenüber der Allgemeinbevölkerung diskriminiert werden.“ Ein verbessertes OS mit Immuntherapie wurde auch bei triple-negativem Brustkrebs im Frühstadium (TNBC) und bei muskelinvasivem Blasenkrebs berichtet. Triple-negativer Brustkrebs ist besonders schwer zu behandeln, da er keine Östrogen- oder Progesteron-Rezeptoren oder erhöhten HER2-Spiegel hat und daher nicht auf häufig verwendete Brustkrebsbehandlungen anspricht. Die Ergebnisse zeigten eine statistisch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung des OSs mit Immuntherapie plus Chemotherapie vor der Operation und fortgesetzter Immuntherapie nach der Operation; die OS-Rate nach fünf Jahren betrug 86,6% bei Patientinnen, die eine Immuntherapie erhielten, und 81,2% in der Placebogruppe. (3) „Diese Studie zeigt Verbesserungen durch Immuntherapie bei Patientinnen mit dem aggressivsten Subtyp von Brustkrebs, denen wir zuvor nur Chemotherapie anbieten konnten“, erklärte Curioni-Fontecedro. „Wir hatten gedacht, dass Brustkrebs möglicherweise nicht auf Immuntherapie allein anspricht, aber die Verabreichung in Kombination mit Chemotherapie vor der Operation und danach als adjuvante Therapie verbessert das OS bei vielen Patientinnen. Der Befund legt die Möglichkeit nahe, dass die Kombination von Behandlungen zu einer Sensibilisierung des TNBC für die Immuntherapie führen könnte.“ Eine ähnliche Verbesserung des OS durch die Verabreichung einer Immuntherapie vor der Operation wurde in einer Studie mit Patienten mit muskelinvasivem Blasenkrebs festgestellt. Die Phase-III-Studie NIAGARA teilte Patienten randomisiert einer Immuntherapie mit Durvalumab plus Chemotherapie vor der radikalen Zystektomie zu, gefolgt von fortgesetzter Immuntherapie, oder einer alleinigen Chemotherapie vor der Operation. Patienten, die mit einer Immuntherapie behandelt wurden, zeigten ein signifikant längeres EFS (HR 0,68; 95%-KI 0,56-0,82; p<0,001) und OS (HR 0,75; 95%-KI 0,59-0,93; p=0,0106) als Patienten, die nur eine Chemotherapie erhielten.(4) Die Forscher stellten fest, dass die Verabreichung einer Immuntherapie vor der Operation die Fähigkeit, sich einer radikalen Zystektomie zu unterziehen, nicht beeinträchtigte – sie wurde bei 88% der Immuntherapiegruppe und 83% der Vergleichsgruppe abgeschlossen. Mit Blick auf die Zukunft der Forschung mit Immuntherapie meinte Curioni-Fontecedro: „Wir haben noch einige wichtige Fragen, die unbeantwortet sind. Zunächst gilt es zu verstehen, warum Krebs bei manchen Patienten trotz anfänglichem Ansprechen auf die Immuntherapie erneut ausbricht. Wir verstehen noch immer nicht, wie es bei manchen Patienten zu einer Resistenz gegen die Immuntherapie kommen kann. Wir müssen verstehen, was bei diesen Patienten passiert, was die Resistenzmechanismen sind und wie wir sie überwinden können.“ Sie hält es für wichtig, dass klinische Forscher und Pharmaunternehmen zusammenarbeiten, um das Problem der Resistenz gegen die Immuntherapie effektiv anzugehen. „Solange das Problem der Resistenz isoliert untersucht wird und man sich einzelne Immuntherapie-Substanzen ansieht, wird das nicht ausreichen. Wir sollten alle unsere Kräfte bündeln, um das Verständnis zu verbessern und bessere Behandlungsmöglichkeiten für die Zukunft zu fördern.“ Larkin J, Chiarion Sileni V, Gaudy Marqueste C et al. 10-y survival outcomes from the phase 3 CheckMate 067 trial of nivolumab plus ipilimumab in advanced melanoma. LBA43, presented at the ESMO Congress 2024 (13-17 September), Mini Oral Session on Sunday, 15 September, 14:45-16:25 (CEST) in the Oviedo Auditorium – Hall 3. Robert C, Carlino MS, McNeil C et al. Pembrolizumab vs ipilimumab in advanced melanoma: 10-year follow-up of the phase 3 KEYNOTE-006 study. LBA44, presented at the ESMO Congress 2024 (13-17 September), Mini Oral Session on Sunday, 15 September, 14:45-16:25 (CEST) in the Oviedo Auditorium – Hall 3. Schmid P, Cortes J, Dent RA et al. Neoadjuvant pembrolizumab or placebo plus chemotherapy followed by adjuvant pembrolizumab or placebo for high-risk early-stage TNBC: overall survival results from the phase 3 KEYNOTE-522 study. LBA4, presented at the ESMO Congress 2024 (13-17 September), Presidential Symposium 2 on Sunday, 15 September, 16:30-17:50 (CEST) in the Barcelona Auditorium – Hall 2. Powles TB, van der Heijden MS, Galsky MD. A randomized phase 3 trial of neoadjuvant durvalumab plus chemotherapy followed by radical cystectomy and adjuvant durvalumab in muscle-invasive bladder cancer (NIAGARA). LBA5, presented at the ESMO Congress 2024 (13-17 September), Presidential Symposium 2 on Sunday, 15 September, 16:30-17:50 (CEST) in the Barcelona Auditorium – Hall 2.
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