ESPGHAN-Kongress: Frühe Gewöhnung an proteinarme „Nordic Diet“ könnte Schlüssel zu gesünderen Essgewohnheiten bei Babys sein23. Juni 2022 Foto: © 279photo/stock.adobe.com Laut einer neuen Studie könnte eine proteinarme Ernährung nach nordischem Vorbild – bestehend unter anderem aus regionalen und saisonalen Früchten, Beeren, Wurzeln und Gemüse – bei Babys der Schlüssel zu gesünderen Essgewohnheiten sein. Das berichteten Wissenschaftler bei der gerade stattfindenden 54. Jahrestagung der European Society of Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN). In der vorgestellten Untersuchung aßen Kinder im Alter von 18 Monaten fast doppelt so viel Gemüse (46% mehr), wenn sie im Alter von vier bis sechs Monaten an die „Nordic Diet“ gewöhnt wurden sowie Mutter- oder Formelmilch erhielten. Die Forschenden von der Universität Umeå und des Stockholm County Council Centre for Epidemiology (Schweden) sowie der University of California (USA), beobachteten im Rahmen der OTIS-Studie zwei Gruppen von Babys im Alter von 4 bis 6 Monaten für bis zu 18 Monate. Insgesamt wurden 250 Babys in die Studie eingeschlossen, und 82 Prozent blieben bis zum Schluss dabei. Die Wissenschaftler fanden deutliche Unterschiede in den Ernährungsgewohnheiten der Kleinkinder in den beiden Gruppen. Die Mütter der Kinder aus der Gruppe mit nordischer Ernährung hatten Rezepte für die Zubereitung hausgemachte Kost sowie eiweißreduzierte Babynahrungsprodukte und Unterstützungsangebote über soziale Medien erhalten. Die Kinder aus dieser Gruppe konsumierten nach zwölf bis 18 Monaten 42 bis 45 Prozent mehr Obst und Gemüse als diejenigen, die eine herkömmliche Ernährung erhalten hatten, wie sie derzeit von der schwedischen Lebensmittelbehörde empfohlen wird. Während der Obstkonsum innerhalb der Gruppe mit konventioneller Ernährung konstant blieb, aßen die Kinder in dieser Gruppe im Alter zwischen zwölf und 18 Monaten um 36 Prozent weniger Gemüse. Babys, die früh an die nordische Ernährungsweise gewöhnt wurden, wiesen im Alter von zwölf bis 18 Monaten eine durchschnittliche Proteinaufnahme auf, die um 17 bis 29 Prozent geringer war als in der Gruppe mit herkömmlicher Ernährung. Damit lagen sie immer noch innerhalb der empfohlenen Proteinzufuhr. Die Anzahl der insgesamt aufgenommenen Kalorien war in beiden Gruppen gleich. Die Proteinreduktion in der Gruppe mit Ernährung nach nordischem Vorbild wurde durch mehr Kohlenhydrate aus Gemüse ersetzt, nicht mehr Getreide, zusammen mit etwas mehr Fett aus Rapsöl. Studienleiterin Dr. Ulrica Johansson, Ärztin für Kinderheilkunde und Ernährungsberaterin an der Universität Umeå erklärte, dass eine geringere Proteinaufnahme offenbar keine negativen Auswirkungen habe. „Eine nordische Ernährung mit reduziertem Protein, die bei mit für dieses Ernährungsmodell naiven Säuglingen eingeführt wurde, erhöhte den Konsum von Obst, Beeren, Gemüse und Wurzeln und etablierte ein bevorzugtes Essverhalten, das über einen Zeitraum von zwölf Monaten andauerte.” Negative Auswirkungen auf die Stilldauer, den Eisenstatus oder das Wachstum der Kinder habe es nicht gegeben. „Eine proteinreduzierte nordische Ernährungsweise ist sicher, machbar und kann zu einer nachhaltigen und gesunden Ernährung im Säuglings- und Kleinkindalter beitragen“, fügte die Medizinerin hinzu. Die Ernährung nach nordischem Vorbild beinhaltet einen höheren Anteil von regional und saisonal produziertem Obst, Beeren, Gemüse, Kräutern, Pilzen, Knollen und Hülsenfrüchten sowie Vollkornprodukten, pflanzlichen Fetten und Ölen, Fisch und Eiern und einen geringeren Verzehr von Süßspeisen sowie Molkereiprodukten, Fleisch und Fleischprodukten. Zu den typischen nordischen Früchten gehören Preiselbeere, Sanddornbeere, Himbeere und Heidelbeere sowie ballaststoffreiche Gemüse wie Rüben, rote Beete, Steckrüben, Wurzelsellerie, Karotten, Pastinaken, Kohl, Brokkoli, Blumenkohl und Grünkohl. Der Vorsitzende des ESPGHAN-Ernährungsausschusses, Prof. Jiri Bronsky, erklärte: „Die Autoren haben eine signifikante Wirkung der Ernährung im Alter von zwölf bis 18 Monaten bei Kindern gezeigt. Die Gruppe mit Ernährung nach nordischem Vorbild konsumierte mehr Obst und Gemüse und weniger Protein als die Kontrollgruppe. Die nordische Diät wurde gut vertragen und wirkte sich nicht negativ auf das Wachstum des Kindes oder die Stilldauer aus. Wichtig ist, dass diese Forschung zeigt, dass diese Diät sicher und machbar ist und Säuglinge einer Vielzahl von Geschmacksrichtungen aussetzt, die die langfristigen Präferenzen in Bezug auf Nahrungsmittel beeinflussen können.“ Johansson U et al. A randomised, controlled trial of a Nordic, protein-reduced complementary diet: Effects on dietary intake, biomarkers and growth until 18 months of age. ESPGHAN 2022 In der randomisierten, kontrollierten Studie OTIS verglichen die Autoren die Auswirkungen einer proteinreduzierten, nordischen Mehrkomponenten-Ernährungsintervention mit dem aktuell empfohlenen Beikostregime auf Wachstum, Stoffwechselmarker, Nahrungsaufnahme und Essverhalten der Kinder ab Beginn der Beikost im Alter von vier bis sechs Monaten bis zum Alter von 18 Monaten. Ziel der OTIS-Studie war es außerdem, die Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung, die kognitive Entwicklung und die Zusammensetzung der Mikrobiota im Stuhl bis zum Alter von 18 Monaten zu vergleichen.
Mehr erfahren zu: "Länder starten neuen Anlauf für Rauchverbot im Auto" Länder starten neuen Anlauf für Rauchverbot im Auto Eine Zigarette im Auto – und schon droht Kindern eine deutlich stärkere Rauchbelastung als in verrauchten Kneipen. Aus den Bundesländern kommt jetzt erneut ein Vorstoß für ein Rauchverbot im Auto.
Mehr erfahren zu: "C3-Glomerulopathie bei Kindern: Verlauf günstiger als bei Erwachsenen" Weiterlesen nach Anmeldung C3-Glomerulopathie bei Kindern: Verlauf günstiger als bei Erwachsenen Die C3-Glomerulopathie (C3G) ist eine seltene Erkrankung, die durch eine Dysregulation des alternativen Komplementwegs bei glomerulären Erkrankungen gekennzeichnet ist. Italienische Wissenschaftler bestätigen jetzt, dass die C3G bei Kindern im Vergleich […]
Mehr erfahren zu: "Gentherapie: Hoffnung auf dauerhafte Heilung bei erblindenden Kindern" Weiterlesen nach Anmeldung Gentherapie: Hoffnung auf dauerhafte Heilung bei erblindenden Kindern In der Augenheilkunde ist Gentherapie längst Realität und entwickelt sich rasant weiter. Über Ergebnisse der Gentherapie für erblindenden Kindern berichtete der Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), Prof. Siegfried Priglinger, […]