Experimentelle Studie zu CED: Ergebnisse könnten erklären, warum viel Zucker in der Ernährung zu einer Verschlechterung führt

Eine neue Studie aus den USA liefert weitere Evidenz dafür, Zucker schädlich für den Darm sein kann – insbesondere bei einer Chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. (Foto: © Markus Mainka/stock.adobe.com)

In Untersuchungen an einem Mausmodell für Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) haben Forschende der University of Pittsburgh (USA) die Entdeckung gemacht, dass zu viel Zucker die Funktion der Zellen beeinträchtigt, die die Darmschleimhaut erneuern.

Die in der Zeitschrift „Cellular and Molecular Gastroenterology and Hepatology“ veröffentlichten Ergebnisse könnten dabei helfen, herauszufinden, warum eine Einschränkung des Konsums zuckerhaltiger Lebensmittel die Symptome bei Patienten mit CED lindern kann.

„Die Prävalenz von CED nimmt auf der ganzen Welt zu, und zwar am schnellsten in Kulturen, in denen eine industrialisierter, städtischer Lebensstil gepflegt wird, und in denen die Ernährung typischerweise reich an Zucker ist“, erklärt Seniorautor Prof. Timothy Hand, außerordentlicher Professor für Pädiatrie und Immunologie an der University of Pittsburgh School of Medicine (UPMC) und dem UPMC Children’s Hospital of Pittsburgh. „Zu viel Zucker ist aus verschiedenen Gründen nicht gut, und unsere Studie ergänzt die Evidenz dafür, indem sie zeigt, wie schädlich Zucker für den Darm sein kann. Für Patienten mit CED könnte hochdichter Zucker – der in Limonaden und Süßigkeiten enthalten ist – etwas sein, von dem man die Finger lassen sollte.“

Timothy Hand, assoziierter Professor für Pädiatrie und Immunologie an der University of Pittsburgh School of Medicine (UPMC) und dem UPMC Children’s Hospital of Pittsburgh. (Foto: © University of Pittsburgh)

Unter der Leitung von Ansen Burr, einem Studenten aus dem Medical Scientist Training Program der University of Pittsburgh, fütterten die Forscher zunächst Mäuse entweder mit einer Standard- oder einer zuckerreichen Diät. Dann ahmten sie die Symptome einer CED nach, indem sie die Tiere mit Natrium-Dextransulfat (DSS) behandelten, das zu einer Schädigung des Kolons führt. Zur Überraschung der Wissenschaftler starben alle Mäuse, die die zuckerreiche Diät erhielten, innerhalb von neun Tagen. Im Gegensatz dazu überlebten alle Tiere unter Standardernährung bis zum Ende des 14-tägigen Experimentes.

Um herauszufinden, was Zucker bei Mäusen mit CED-Symptomen so tödlich macht, untersuchte das Team das Kolon der Tiere und dabei insbesondere die Krypten – diese werden in einem gesunden Dickdarm kontinuierlich durch die Teilung von Stammzellen am Fuße der einzelnen Krypten erneuert. „Das Dickdarmepithel ist wie ein Förderband“, veranschaulicht Hand, der auch das Gnotobiotic Animal Core Laboratory an der University of Pittsburgh leitet. „Es dauert fünf Tage, bis die Zellen den Kreislauf vom unteren bis zum oberen Ende der Krypta durchlaufen haben, wo sie in den Dickdarm abgegeben und ausgeschieden werden. Im Grunde bildet sich alle fünf Tage ein ganz neuer Dickdarm.“

Als Mäusen, deren Futter viel Zucker enthielt, DSS verabreicht wurde, sei dieser Kreislauf zusammengebrochen, berichtet Hand. Bei einigen Tieren ging die Schutzschicht der Epithelzellen vollständig verloren, sodass ihr Dickdarm voller Blut und Immunzellen war. Unerwarteterweise war eine zuckerreiche Ernährung bei keimfreien Mäusen, die mit DSS behandelt wurden, ähnlich tödlich. Dies zeigt, dass Zucker den Dickdarm direkt beeinflusst und nicht, wie die Forscher vermutet hatten, vom Darmmikrobiom abhängt.

Als nächstes testete das Forscherteam, wie sich Zucker auf Mäuse- und menschliche Kolon-Organoide auswirkte: Bei steigenden Glucose-, Saccharose- oder Fructose-Konzentrationen entwickelten sich weniger Organoide aus Kolonzellen, zudem wuchsen diese langsamer. Dies werteten die Forschenden als Beleg dafür, dass Zucker die Zellteilung beeinträchtigt.

„Wir fanden heraus, dass sich Stammzellen in Gegenwart von Zucker viel langsamer teilten – wahrscheinlich zu langsam, um Schäden am Dickdarm zu reparieren“, vermutet Hand. „Das andere Merkwürdige, was uns auffiel, war, dass der Stoffwechsel der Zellen anders war. Diese Zellen bevorzugen normalerweise die Verwendung von Fettsäuren, aber nachdem sie unter Bedingungen mit hohem Zuckergehalt gezüchtet wurden, schienen sie sich auf die Verwendung von Zucker festgelegt zu haben.“ In Gegenwart hoher Zuckerkonzentrationen wiesen die Zellen stark veränderte Stoffwechselwege auf und produzierten weniger Adenosintriphosphat – das energieliefernde Molekül, das zelluläre Prozesse antreibt. Die Forscher vermuten, dass diese veränderte Schaltung der Zellwege die Teilungsfähigkeit der Stammzellen hemmt, die Erneuerung der Kolonschleimhaut verlangsamt und die Darmschädigung bei CED beschleunigt.

Laut Hand könnten diese Ergebnisse dazu beitragen, andere Forschungsergebnisse zu erklären, die gesüßte Getränke wie Limonaden oder Säfte mit negativen Outcomes bei CED-Patienten in Verbindung gebracht haben.

„Wenn man einen Apfel oder eine Orange isst, nimmt man zwar viel Zucker zu sich, doch ist dieser Zucker in den Zellen der Frucht gebunden“, erklärt Hand. „Es dauert lange, diese Zellen zu verdauen und zu öffnen, um an den Zucker zu gelangen. Wenn man hingegen eine Limonade trinkt, ist der Zucker fast in derselben Sekunde verfügbar, in der er den Darm erreicht, und es ist einfach, in sehr kurzer Zeit eine große Menge Zucker zu trinken. Unsere Untersuchung legt nahe, dass der Verzehr hoher Zuckermengen negative Auswirkungen auf die Reparatur des Dickdarms bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen haben könnte.“

In zukünftigen Studien wollen sich Hand und Kollegen darauf konzentrieren, wie sich Ernährung und Immunreaktion auf CED auswirken können. „Ich denke, wir müssen tiefergehend untersuchen, welche Ernährungsweisen Patienten mit Darmschäden zugutekommen, sei es durch CED oder durch eine Strahlentherapie zur Behandlung von Darmkrebs“, erklärt Hand. „Es geht um einen ‚nutrazeutischen‘ Ansatz zur Behandlung von Kolonschäden oder um die Idee, die richtige Ernährung für einen bestimmten Patienten zu finden.“