FDA lässt neues Medikament zur Behandlung von Schizophrenie zu

Dreidimensionale Darstellung einer Synapse mit Muskarinrezeptoren. (Foto: © MohammedElAmine -stock.adobe.com)

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat das neuartige Medikament KarXT zur Behandlung von Schizophrenie zugelassen.1 Anders als bisherige Antipsychotika wirkt KarXT nicht direkt auf Dopaminrezeptoren, sondern auf die Muskarinrezeptoren M1 und M4, die unter anderem mit dem parasympathischen System zusammenhängen.

Das neue Medikament kombiniert zwei Stoffe: Xanomelin – ein selektiver Muskarinrezeptor-Agonist, und Trospium – ein Muskarin-Antagonist. Während Xanomelin die Muskarinrezeptoren im gesamten Nervensystem aktiviert, verhindert Trospium dessen Wirkung im peripheren Nervensystem, sodass dort unangenehme Nebenwirkungen unterdrückt werden.

„Das Konzept, die muskarinergen Rezeptoren als Target zu verwenden, ist per se nicht neu, aber die aktuelle Formulierung mit Trospium zur Reduktion der peripheren Nebenwirkungen scheint den Durchbruch ermöglicht zu haben“, kommentierte Prof. Alkomiet Hasan, Lehrstuhlinhaber für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Augsburg, die Zulassung der Substanz durch die FDA. Aufgrund des beschriebenen Wirkmechanismus sieht der Experte dessen Anwendung bei Menschen mit akuten psychotischen Erkrankungen, Positiv-Symptomen und in frühen Phasen der Erkrankung. „Eine besondere Wirksamkeit auf Negativ-Symptome oder kognitive Symptome ist im Moment nicht absehbar. Dennoch gibt der Wirkmechanismus Hoffnung auf eine Wirkung auf Negativ-Symptome“, erklärte Hasan.

Vorteile sieht der Psychiater in dem sehr geringen Risiko für motorische Nebenwirkungen bei gleichzeitig günstigem metabolischem Profil und dem fehlenden Effekt auf das Prolaktin. ZUdem scheine die Substanz wenig zu sedieren. „Dies bedeutet, dass dieses Medikament eine bessere Verträglichkeit als vorhandene Antipsychotika bei guter Wirksamkeit zeigt. Auch sehe ich ein großes Anwendungspotenzial bei den häufig auftretenden psychotischen Symptomen bei der Demenz oder Parkinson-Krankheit, wo die verfügbaren Antipsychotika nicht zufriedenstellend anwendbar sind“, zeigte sich Hasan optimistisch.

Die Wirksamkeit von KarXT (Cobenfy©; Hersteller Bristol Myers Squibb) wurde im Rahmen der fünf EMERGENT-Studien untersucht. Die zwei Phase-III-Studien EMERGENT-2 und -3, welche die Wirksamkeit von KarXT über fünf Wochen untersuchten, sind dieses Jahr in den Fachjournalen The Lancet2 und Jama Psychiatry3 erschienen. Das Medikament zeigte darin im Vergleich zu Placebo eine Wirksamkeit, allerdings auch einige Nebenwirkungen, wie Verstopfung, Übelkeit und Kopfschmerzen. Die Daten von EMERGENT-44 und -5, in denen die Studienteilnehmenden 52 Wochen beobachtet wurden, sind bereits ausgewertet, sie wurden allerdings bisher noch in keinem Fachjournal veröffentlicht.

Experten sehen in KarXT eine wichtige Innovation in der pharmakologischen Behandlung von Schizophrenie und den Türöffner für weitere Medikamente dieser Substanzklasse. „Obwohl die Schizophrenie eine der sozioökonomisch teuersten Erkrankung mit einer Lebenszeitreduktion von mehr als 15 Jahren und einer massiven Einschränkung der Lebensqualität ist, findet leider nur wenig innovative Arzneiforschung statt. Erfreulicherweise ändert sich das im Moment“, erklärte Hasan.

Einen Nachteil sieht Prof. Christoph Correll, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Charité – Universitätsmedizin Berlin, darin, dass die Einnahme des Medikamentes noch relativ umständlich ist: Es muss zweimal am Tag genommen werden, wobei vorher zwei Stunden lang und nachher eineinhalb Stunden lang nichts gegessen werden darf. Der Experte ist jedoch zuversichtlich, dass nachfolgende Medikamente in dieser Substanzklasse diese Nachteile höchst wahrscheinlich überwinden werden.

„Am Ende ist KarXT kein perfektes Medikament, aber es ist ein vielversprechender Anfang für einen neuen Medikamentenansatz, um Schizophrenie und in der Zukunft auch andere psychotische Störungen zu behandeln, die zu viel an präsynaptischer Dopaminausschüttung zu tun haben. Ich vermute, dass KarXT häufig zusätzlich zu bisherigen Antipsychotika verschrieben werden wird, was gerade auch in einer Studie getestet wird, und gerade Patientinnen und Patienten, die die bisherigen Antipsychotika nicht vertragen, stark helfen wird“, zeigt sich Correll optimistisch.