Fettabsorption im Dünndarm: Mittels Nanopartikeln reduzieren und gegen Adipositas vorgehen

Die meisten bisher verfolgten Strategien zur Adipositasprävention zielen auf Einschränkungen der Aufnahme von Nahrungsfetten ab. Viele Betroffene können diese Maßnahme aber nicht auf Dauer aufrechterhalten. (Abbildung: © ssstocker/stock.adobe.com)

Mit einem neuartigen Ansatz, der auf die Fettaufnahme im Dünndarm abzielt, wollen Forschende gegen Adipositas vorgehen.

Das hochmoderne Nanopartikelsystem, das entwickelt wurde, um therapeutische Moleküle direkt in den Verdauungstrakt zu bringen, besitzt laut den verantwortlichen Wissenschaftlern erhebliches Potenzial, wenn es um die Prävention ernährungsbedingter Fettleibigkeit geht.

Im Mittelpunkt der auf der UEG Week 2024 in Berlin vorgestellten Studie steht das Enzym Sterol O-Acyltransferase 2 (SOAT2), das eine entscheidende Rolle bei der Fettaufnahme im Dünndarm spielt. Mit der Hemmung dieses Enzyms im Dünndarm liefert die Studie einen therapeutischen Ansatz zur Verringerung der Fettaufnahme und zur potenziellen Vorbeugung von Adipositas. Trotz umfangreicher Forschungen zum Fettstoffwechsel seien wirksame Inhibitoren der Aufnahme von Fettsäuren im Darm bisher Mangelware gewesen, erläutert Hauptautor Dr. Wentao Shao den Hintergrund der Arbeit. „Jahrelang haben Forscher den Fettstoffwechsel untersucht, aber es war schwierig, einen wirksamen Weg zu finden, um die Fettaufnahme zu blockieren. Während sich die meisten Strategien auf die Reduzierung der Nahrungsfettaufnahme konzentrieren, zielt unser Ansatz direkt auf den Fettabsorptionsprozess des Körpers ab.“

Das Forschungsteam entwickelte ein innovatives Verabreichungssystem mit Nanopartikeln – eine winzige Kapsel aus einem Polymer-Kern, der mit einer Schutzhülle überzogen ist. Das System wurde entwickelt, um small interfering RNAs (siRNAs) effizient in den Dünndarm zu transportieren, wo sie die SOAT2-Expression reduzieren und so die Fettabsorption hemmen können. In Mausmodellen absorbierten die mit der Nanopartikeltherapie behandelten Tiere weniger Fett und sie wurden selbst bei einer fettreichen Ernährung nicht adipös.

Bessere Compliance dürfte sich als einer der Vorteile erweisen

„Diese orale Behandlung bietet eine Reihe von Vorteilen“, erklärte Shao. „Sie ist nichtinvasiv, hat eine geringe Toxizität und besitzt ein hohes Potenzial für eine bessere Patienten-Compliance im Vergleich zu aktuellen Adipositastherapie, die oft invasiv oder schwer aufrechtzuerhalten sind. Dies macht [die Behandlung mit Nanopartikeln] zu einer vielversprechenden Alternative.“

Die Studie deckte auch den zugrunde liegenden Mechanismus auf, durch den SOAT2 die Fettaufnahme reguliert. Die Hemmung von SOAT2 im Dünndarm löst den Abbau von CD36 aus, einem Protein, das für den Fetttransport verantwortlich ist. Dieser Prozess beinhaltet sowohl zellulären Stress als auch die Rekrutierung von E3-Ligase RNF5, einem Enzym, das den CD36-Abbau fördert. Ältere Studien hatten gezeigt, dass die Hemmung von SOAT2 in der Leber zu einer Fettansammlung in dem Organ führt, während dieser darmspezifische Ansatz dieses Risiko umgeht und eine sicherere und gezieltere Behandlung der Adipositas gewährleistet.

Studieneiter Prof. Zhaoyan Jiang kommentiert dies so: „Einer der aufregendsten Aspekte dieser Therapie ist ihre Fähigkeit, die Fettaufnahme im Darm zu steuern, ohne die Leber zu beeinträchtigen. Dies ist wichtig, da ältere Studien gezeigt haben, dass die Blockade von SOAT2 in der Leber dort zu Fettansammlungen führen kann – ein Risiko, das unsere Behandlung vermeidet, indem sie sich nur auf SOAT2 im Darm konzentriert.“

Mit Blick auf die Zukunft plant das Forschungsteam, das Nanopartikelsystem in größeren Tiermodellen zu testen, um seine Wirksamkeit und Sicherheit für den potenziellen Einsatz beim Menschen zu bestätigen. „Wir glauben, dass dieses Nanopartikelsystem einen Durchbruch in der Behandlung von Adipositas darstellt und eine neue Lösung bietet, die sowohl den Fettstoffwechsel als auch die ernährungsbedingte Gewichtszunahme in Angriff nimmt und möglicherweise eine neue Ära wirksamerer Behandlungen einläutet“, betonte Jiang.