Fettleber und Leberzellkarzinom: Forschende entdecken ein Protein, das diese Erkrankungen antreibt5. März 2024 Lebern von Mäusen, nach der Entwicklung einer nicht-alkoholischen Lebererkrankung und eines hepatozellulären Karzinoms. Die Lebertumore sind sowohl in den makroskopischen Bildern als auch in den Computertomographie-Scans durch Pfeile gekennzeichnet. (Abbildung: © Ralf Weiskirchen) Forschende der Uniklinik RWTH Aachen haben die der Nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) zugrunde liegenden molekularen Mechanismen untersucht und ein Protein entdeckt, das die Entstehung der Fettleber und des Leberzellkarzinoms antreibt. Aus den Befunden können neue therapeutische Strategien zur Behandlung von Leberverfettung und deren Folgeerkrankungen entstehen. Die Wilhelm Sander-Stiftung hat das Projekt mit 140.000 Euro gefördert. Die weltweite Forschung über die molekularen Mechanismen, die von einer NAFLD – oder, wie sie seit dem Sommer des vergangenen Jahres auch bezeichnet wird, einer MASLD (Metabolic Dysfunction-associated Steatotic Liver Disease) – zu einem Hepatozellulären Karzinom (HCC) führen, hat bisher nur sehr wenige Erkenntnisse erbracht. Am Institut für Molekulare Pathobiochemie, Experimentelle Gentherapie und Klinische Chemie (IFMPEGKC) an der Uniklinik RWTH Aachen unter der Leitung von Prof. Ralf Weiskirchen und Dr. Anastasia Asimakopoulos konnte in Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppen aus Leipzig, Jena und Zagreb (Kroatien) nachgewiesen werden, dass das Protein Perilipin 5 maßgeblich an der Progression der Erkrankung beteiligt ist. Die Wissenschaftler konnten im Tiermodell aufzeigen, dass das Fehlen dieses Proteins die Pathogenese der NAFLD (MASLD) hin zum HCC verhindert. Perilipin 5 ist ein Mitglied der Perilipin-Proteinfamilie. Diese hat fünf Mitglieder, die unterschiedliche Funktionen im Lipidstoffwechsel innehaben. Insbesondere ist bekannt, dass Perilipin 5 auf der Oberfläche von zellulären Lipidtröpfchen vorkommt, in denen Lipide eingelagert und vor dem Abbau geschützt werden. Experiment am Mausmodell In dem aktuellen Forschungsprojekt züchtete die Arbeitsgruppe Mäuse, denen Perilipin 5 fehlte. Diese Mäuse wurden in einem Schädigungsmodell eingesetzt, das die Progression einer NAFLD (MASLD) zum HCC im Menschen nachahmt. Dazu wurden die Mäuse mit einer karzinogen wirkenden Substanz behandelt und anschließend einer „Western-Diät“ ausgesetzt. Diese Behandlung führt zur Entwicklung der NAFLD (MASLD) und begünstigt die Entstehung eines HCC. Das Experiment verfolgte das Ziel zu klären, wie dieses Protein, mit all seinen bekannten Funktionen im Fettstoffwechsel, das Krankheitsgeschehen beeinflusst. „Unsere Experimente haben gezeigt, dass das Fehlen von Perilipin 5 die Entstehung eines, durch übermäßige Kalorienzufuhr bedingten Leberschadens verhindert und die Lebertumorgenese durch eine veränderte Regulation von Schlüsselsignalwegen, die mit der Karzinogenese verbunden sind, hemmt”, berichtet Asimakopoulos. „So zeigten Lebern von Tieren, denen Perilipin 5 fehlte, im Vergleich zu Tieren mit einer normalen Expression von Perilipin 5 reduzierte zelluläre Lipideinlagerungen, kleinere Lipidtröpfchengröße und eine signifikant reduzierte Steatohepatitis. Zudem waren die Tiere vor der Entstehung von Lebertumoren geschützt. Das untermauert frühere Befunde der Arbeitsgruppe, die gezeigt haben, dass die Konzentration von Perilipin 5 in Patienten mit Leberzellkarzinom signifikant erhöht ist.” Die in den Experimenten gefundenen verringerten Leberschäden ging einher mit niedrigeren Werten von Leberschädigungsmarkern, die im Blut gemessen werden können. Die Mäuse ohne Perilipin 5 waren zudem geschützt vor einer Fibrosierung der Leber, die durch eine vermehrte Ablagerung kollagenreicher extrazellulärer Matrix gekennzeichnet ist. Zusätzliche Untersuchungen des Forschungsteams zeigten zudem, dass hepatische Sternzellen, die für die übermäßige Matrixsynthese verantwortlich sind, in ihrem Stoffwechsel inaktiver waren. Möglicher Einfluss auf Entstehung anderer Erkrankungen Weitergehende Lipidom-Analysen, die mit der Arbeitsgruppe um PD Dr. Jürgen Schiller und Dr. Kathrin M. Engel von der Universität Leipzig durchgeführt wurden, zeigten, dass der Verlust von Perilipin 5 die Blutkonzentration von Phosphatidylcholinen und Sphingomyelinen, die wichtige Bausteine für Zellmembranen darstellen, erniedrigt. Dies deutet darauf hin, dass Perilipin 5 nicht nur die Entstehung von Fettlebererkrankungen begünstigt, sondern zudem auch die Entstehung anderer Erkrankungen beeinflussen könnte, die mit einer erhöhten Aufnahme von Fett und Zucker einhergehen. In weiteren, bisher unveröffentlichten Studien, hat die Arbeitsgruppe zeigen können, dass der Verlust von Perlipin 5 auch zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms führt. Hierbei ist insbesondere eine signifikante Zunahme an vorteilhaften Bakterien wie Lactobacillus und Actinobacteria zu verzeichnen. Diese Bakterien besitzen eine wichtige Funktion bei der intestinalen Homöostase. Vielversprechende Ergebnisse Zusammenfassend hat dieses Projekt gezeigt, dass der Verlust von Perlipin 5 vor dem Fortschreiten der NAFLD (MASLD) zu einem HCC schützt. Perilipin 5 vermittelt entzündliche Signale, mitochondriale Funktionen und reguliert wichtige Facetten des Lipidstoffwechsels. Daher führt sein Verlust in der Leber zu reduzierter Entzündung und Tumorgenese. „Die Ergebnisse dieser Studie sind äußerst wichtig und zeigen, welche Auswirkungen ein einzelnes Protein auf Lebererkrankungen und Leberkrebs haben können. Wir hoffen nun, in weitergehenden mechanistischen Studien klären zu können, wie die erhobenen Befunde zur Entwicklung neuer Therapieansätze zur Behandlung von Lebererkrankungen ausgenutzt werden können“, betont Weiskirchen.
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