Forschende entschlüsseln Enzymschere von Darmmikroben1. Dezember 2023 Abbildung: © Julien Tromeur/stock.adobe.com Mikroorganismen im menschlichen Darm nutzen die Beta-Eliminierung, um sekundäre Pflanzenstoffe aufzuspalten und so für den Menschen verfügbar zu machen. Obst und Gemüse enthalten eine Vielzahl sekundärer Pflanzenstoffe wie etwa Flavonoide. Die meisten sekundären Pflanzenstoffe kommen in der Natur als Glykoside vor, also als chemische Verbindungen mit Zuckern. Damit der Mensch die Pflanzenstoffe aufnehmen kann, muss der Zucker im Darm abgespalten werden. Behilflich dabei sind Mikroorganismen der Darmflora, die den Prozess beschleunigen. C-Glykoside wären ohne die Darmmikroben sogar praktisch unverdaulich (z.B. Nothofagin in Roibuschtee). Ein Forschungsteam um Dipl.-Ing. Johannes Bitter, Dipl.-Ing. Martin Pfeiffer und Univ.-Prof. Bernd Nidetzky vom Institut für Biotechnologie und Bioprozesstechnik der Technischen Universität (TU) Graz (Österreich) hat nun bestimmen können, welches Werkzeug die Darmbakterien zum Spalten von Glykosiden nutzen und wie es funktioniert. Universell-katalytisches Prinzip Die Mikroben wenden eine Art enzymatische Schere an, deren katalytische Wirkung auf der Beta-Eliminierung beruht: einem speziellen Reaktionstyp zur flexiblen Spaltung chemischer Bindungen, einschließlich jener von C-Glykosiden. Den Forschenden gelang es, die Wirkweise des Enzyms auf atomarer Ebene zu entschlüsseln und die hocheffiziente Spaltung von diversen Glykosiden zu demonstrieren. Als essenziell für den Spaltungsprozess und dessen Katalyse stellte sich ein Mangan-Metallzentrum im Enzym heraus. „Diese enzymatische Schere ist ein universell-katalytisches Prinzip, das die Aufspaltung der Naturstoffglykoside unabhängig vom Typ der Verknüpfung des Zuckers erlaubt“, erläutert Nidetzky. Die Untersuchung der enzymatischen Reaktionsmechanismen und der katalytischen Schritte erforderte neben hochauflösenden experimentellen Methoden, wie der Proteinkristallographie, auch computerunterstützte Verfahren, mit denen die Dynamik der biochemischen Prozesse abgebildet werden konnte. Auch auf Pflanzen lebende Bakterien nutzen Enzymschere Die Ergebnisse entstanden im Rahmen des vom FWF geförderten „doc.funds“-Projekts CATALOX und in Kooperation mit Forschungsgruppen der Medizinischen Universität Graz und der Universität Graz. Im Rahmen der Untersuchungen konnten die Forschenden in einer Vielzahl von Mikroorganismen die evolutionäre Verwandtschaft verschiedener Enzymscheren identifizieren, die Glykoside spalten. „Bakterien der Darmflora besitzen diese Enzymschere ebenso wie eine große Gruppe von pflanzenassoziierten Bakterien in der Natur“, erklärt Nidetzky. Dass der Mechanismus der Enzymschere zukünftig auch ohne die Beteiligung von Mikroorganismen, zum Beispiel in Nahrungsergänzungsmitteln, genutzt werden kann, um die Aufnahme von sekundären Pflanzenstoffen zu verbessern, bezweifelt Nidetzky. „Eher denkbar wäre die Entwicklung von Probiotika mit Mikroorganismen, die diese Enzyme in ausreichender Aktivität besitzen.“
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