Forschende entwickeln neue Methode zur Synthese von cis-Tetrahydrocannabinol

Forschende haben eine neue Methode zur Synthese von cis-Tetrahydrocannabinol entwickelt. Der Naturstoff ist Bestandteil der Cannabis-Pflanze. (Foto: Colourbox)

Eine Forschungsgruppe der Universität Leipzig hat eine neue Methode zur Synthese von cis-Tetrahydrocannabinol (THC) entwickelt – eines Naturstoffes, der Bestandteil der Cannabis-Pflanze ist, die charakteristische psychoaktive Wirkung verursacht und unter anderem in der Arzneimittelbranche Anwendung finden könnte.

„Mit unserer Strategie ist es jetzt möglich, cis-Tetrahydrocannabinoide herzustellen und sie auf ihre biologische Aktivität zu untersuchen“, erklärt Forscherin Caroline Dorsch, die ihre neuen Erkenntnisse gemeinsam mit Prof. Christoph Schneider vom Institut für Organische Chemie im Fachjournal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht hat.

Bislang habe es keine Möglichkeit zur einheitlichen Synthese dieser Strukturklasse gegeben, betont sie. Mit ihrer ebenso simplen wie kostengünstigen und nah an die Natur angelehnten Synthesemethode haben die Leipziger Forschenden die Stoffklasse der cis-Tetrahydrocannabinoide für eine breite Anwendung erstmals zugänglich gemacht. Sie sei bisherigen Methoden klar überlegen, denn diese erforderten viele Schritte und große Mengen an Chemikalien und Lösungsmitteln. Mit der neuen Methode könne der Stoff in hoher Gesamtausbeute und exzellenten optischen Reinheiten synthetisiert werden.

Tetrahydrocannabinol gehört zu den in der Cannabispflanze produzierten Phytocannabinoiden. Diese Verbindungen reichern sich vor allem in den Blütenständen der weiblichen Pflanzen an. Seit den 1960er-Jahren ist bekannt, dass dieses auch die charakteristische psychotrope Wirkung im Körper hervorruft. Die Forschung an diesem Naturstoff führte zur Aufklärung des zugrundeliegenden Mechanismus seiner Wirkung – des endocannabinoiden System.

„Das Beeinflussen dieses Signalweges ist von pharmazeutischer Relevanz. Cannabinoide können eine Vielzahl von Effekten im Körper auslösen, zum Beispiel als Schmerzmittel, Antipsychotikum oder Antiepileptikum. Allerdings befinden sich aktuell nur wenige Cannabinoide auf dem pharmazeutischen Markt. Die Verschreibung von natürlichen Cannabisprodukten gilt bisweilen als Ausnahme“, sagt Dorsch.

Neueste Studien ergaben, dass sich cis-THC vor allem in Teilen der Cannabis-Pflanze anreichert, in welchen die verwandten und stärker psychotropen trans-Verbindungen fehlen. Dies führte bislang zur Klassifizierung solcher Proben als textiler oder nichtnarkotischer Hanf.

THC zählt zu den chiralen Verbindungen. Chiralität beschreibt eine räumliche Anordnung von Atomen in einem Molekül, bei der die Spiegelung nicht zur Selbstabbildung führt. Bild und Spiegelbild solcher Verbindungen werden als Enantiomere bezeichnet und haben im menschlichen Organismus häufig unterschiedliche Wirkungen. Die Natur kann die gezielte Synthese dieser Verbindungen leicht steuern. Unter Laborbedingungen ist das jedoch eine große Herausforderung, die in der vorliegenden Arbeit erfolgreich bewältigt werden konnte. Das neu entwickelte Verfahren kommt zudem mit sehr geringen Mengen des Katalysators aus, was auch aus ökologischer Sicht im Hinblick auf Energie- und Ressourceneinsparung sowie Nebenproduktminimierung sehr attraktiv ist.

cis-THC hat aufgrund seiner milderen psychotropen Aktivität bisher weniger im Fokus der Forschung gestanden als das potentere trans-THC. Nichtsdestotrotz teilen sich auch andere Naturstoffe, die nicht aus Cannabis stammen, mit cis-THC ein Grundgerüst. Diese stellen wertvolle Verbindungen dar, deren vielversprechendes pharmakologisches Aktivitätsprofil den Forschenden zufolge noch nicht vollständig erschlossen ist. Durch die nun präsentierte neue Strategie sei damit ein wichtiger Grundstein zur genaueren Untersuchung dieser Stofffamilie gelegt worden. Denn mit der von ihnen entwickelten Methode konnten die Forscher neben dem cis-THC eine Reihe weiterer natürlicher und nicht natürlicher Vertreter dieser Strukturklasse herstellen.