Forscher identifizieren Faktoren, die körperliche Aktivität im Kindesalter begünstigen

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Sportwissenschaftler und Psychologen der Universität Münster zeigen: Je genauer Kinder ihre Sportlichkeit einschätzten, desto mehr Sport treiben sie.

Für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen spielt eine hinreichende Bewegungszeit eine große Rolle. Jedoch zeigen internationale Studien, unter anderem der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die körperliche Aktivität eher ab- als zunimmt. Um die Bewegungszeit zu erhöhen, spielen im Kindesalter die motorische Kompetenz und deren Selbstwahrnehmung (auch: physisches Selbstkonzept) eine große Rolle. Wie diese Faktoren zusammenspielen, haben nun erstmals Sportwissenschaftler und Psychologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) gezeigt.

Die motorische Kompetenz und deren Selbstwahrnehmung sind jeweils Schlüssel für die körperliche Aktivität, aber deren Zusammenspiel ist besonders wichtig. Konkret: die Genauigkeit der Selbstwahrnehmung der motorischen Kompetenz beziehungsweise das Wissen über sich selbst. Genauigkeit bedeutet in diesem Fall, dass ein Kind einschätzen kann, ob es eher unsportlich, durchschnittlich oder eher sportlich ist. Dies ist bei Kindern aus Risikogewichtsgruppen besonders zentral, denn insbesondere bei unter- und übergewichtigen Kindern, im Vergleich zu normalgewichtigen, haben die Forscher einen positiven Effekt der Genauigkeit auf zukünftige physische Aktivität identifiziert.

Diesen Erklärungsansatz, der über die beiden einzelnen betrachteten (Haupt-)Effekte hinaus geht, haben die Wissenschaftler in einem interdisziplinären Verbund, bestehend aus den Arbeitsbereichen Sportpsychologie, EU Studies in Physical Education and Youth Sport sowie Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie, entwickelt. Grundlage waren die Daten der internationalen Studie „Gesunde Kinder in gesunden Kommunen“.

Dr. Till Utesch, Sportpsychologe an der WWU und federführender Autor der Studie, erklärt: “Im Gegensatz zu bisher etablierten Erklärungsansätzen gilt somit nicht mehr nur das Prinzip ‚je mehr motorische Kompetenz desto besser‘ und ‚je besser die motorische Selbstwahrnehmung desto besser‘. In Ergänzung zu den etablierten Befunden rücken wir das Zusammenspiel beider Faktoren im Sinne der Genauigkeit der Selbstwahrnehmung in den Fokus. Das ermöglicht uns, zukünftige körperliche Aktivität von Kindern vorherzusagen. Der Befund bedeutet praktisch, dass sich eine zu starke Selbstüberschätzung oder auch -unterschätzung der eigenen motorischen Kompetenz negativ auf die körperliche Aktivität beziehungsweise auf das zukünftige Sporttreiben auswirken.“

An der Studie hatten 718 deutsche und niederländische Schülerinnen und Schüler zunächst in der dritten und ein Jahr später in der vierten Klasse teilgenommen. Die motorische Kompetenz wurde in beiden Jahren durch drei sportmotorische Balltests in der Sporthalle gemessen, außerdem die Selbstwahrnehmung der Kinder und ihre die Bewegungszeit mithilfe von Selbstberichten, für die Fragebögen eingesetzt wurden.

Originalveröffentlichung:
Utesch T et al.: Understanding physical (in-) activity, overweight, and obesity in childhood: Effects of congruence between physical self-concept and motor competence. Scientific Reports 2018;8:5908.